Pick-ups? Nichts für VW

Für die deutschen Autobauer ist die Nordamerikanische Automesse NAIAS in Detroit zu Jahresbeginn fast ein Heimspiel. Rekordabsätze werden verkündet, es wird gestrahlt und sich auf die Schultern geklopft.
Doch heuer musste Volkswagen-Boss Martin Winterkorn einen herben Rückschlag hinnehmen: Um knapp sieben Prozent blieb Europas Branchenprimus hinter dem Vorjahresergebnis zurück. Und das, obwohl man doch zum größten Autohersteller der Welt wachsen und bis 2018 in den USA als Konzern eine Million Fahrzeuge pro Jahr absetzen will. In Detroit sprach Dr. Heinz-Jakob Neußer, Entwicklungsvorstand der Marke Volkswagen, wie die Wolfsburger ihr großes Ziel doch noch erreichen wollen:
Zur Kritik, den Amerikanern zu wenig Neues angeboten zu haben:
„Wenn Sie den Lebenszyklus eines Modelles betrachten, beginnt er in Europa in der Regel mit dem Produktereignis selbst. Drei, vier

Jahre später folgt das Facelift. Nach weiteren drei Jahren fährt die neue Generation vor. So sieht ein typischer Siebenjahreszyklus aus. In den USA haben Sie dagegen auch unterjährige Produktereignisse. Damit ist dann nicht immer ein dramatisch neues komplettes Auto gemeint. Das können auch nur Elemente sein, die man auffrischt. Aber das fordert der Amerikaner. Und das müssen wir künftig noch intensiver berücksichtigen.“
Zum US-Markt der Pick-ups:
„Ein Riesenmarkt, ja. Wir haben sehr intensiv untersucht, ob dieses Segment auch für Volkswagen interessant sein könnte, haben dann aber die Entscheidung getroffen, dass wir eher mit einem Midsize-SUV angreifen. Hier glauben wir mit unserer Produkttechnologien den größten Effekt erzielen zu können. Und mal ehrlich: Volkswagen ist zwar keine kleine Company, aber wir können auch nicht alles gleichzeitig.“
Über den neuen SUV, basierend auf der mehr als Fünf-Meter-Studie CrossBlue:
„Wir haben die Serienentwicklung gestartet. Der Wagen soll dann 2016 kommen. Hier gilt er trotz seiner Größe als Midsize-SUV, also als mittelgroß – in Europa wäre er hingegen schon ein Großer. Dank unserem Modularen Querbaukasten (MQB) können wir ihn mit allen möglichen Aggregaten anbieten, u.a. mit unserer sparsamen Blue-Motion-Technologie. Wir können ihn aber auch komplett elektrifizieren, mit Erdgas antreiben usw. (…)“
Was kommt nach dem Mid-Size-SUV?
„Unser definiertes Ziel heißt: Eine Million verkaufte Volkswagen und Audi pro Jahr ab 2018 in den USA. Der Midsize-SUV ist da ein wichtiger Punkt. Ob wir parallel dazu ein weiteres Fahrzeug bauen – das werden wir noch sehen. 2016 kommt jetzt erst mal das neue Auto und bis 2018 ist noch ein wenig Zeit.“
Zu der Kritik, das VW-Design sei „etwas langweilig“:
„Ich würde lieber sagen, unser Design ist langlebig. Natürlich kann man das Design so ausprägen, dass es effektwirkend ist. Aber jeder Hersteller muss sich hier fragen: Nutzt es sich nicht zu schnell ab? Wir sehen das als Optimierungsprozess, in dem wir markenspezifisches Design mit Zuverlässigkeit und modernster Technologie vereinen. Und unser Kunde mag und will die VW-Designsprache.“
Über alternative Antriebe und den Schwerpunkt, den Volkswagen hier setzt:
„Welcher alternative Antrieb sich letztlich durchsetzen wird, kristallisiert sich meiner Meinung nach in diesem Jahrzehnt noch

nicht heraus. Es wird noch reichhaltig bleiben. Das markanteste Thema derzeit ist klar die E-Mobilität: Über deren Zukunft entscheidet letztlich das Thema Leistungsfähigkeit der Batterie. Niemand ist bereit, in einem Fahrzeug langfristig über eine halbe Tonne Batterien spazieren zu fahren. Man muss also mit einem vertretbaren Volumen an Batterie eine vernünftige Reichweite erzielen. Die heutigen 25-Ampere-Stunden-Zellen sind der Anfang. Wir arbeiten derzeit in der Forschung an etwa 80-Ampere-Stunden. Dann wären Reichweiten von bis zu 500 Kilometer möglich. Ich gehe davon aus, dass wir das noch in diesem Jahrzehnt sehen werden. Und diese Batteriedichte wird den E-Fahrzeugen noch mal einen richtigen Push geben.“
Kamerabasierte Fahrerassistenzsysteme:
„Sie sind für Volkswagen ein wichtiger Punkt. Ob man aber in Zukunft eine oder zwei Kameras braucht, werden wir sehen. Wir dürfen dabei nicht nur nach oben schauen, also fragen: Was können wir noch so alles einbauen? Wir müssen uns vielmehr überlegen, wie wir Assistenzsysteme ins Volumensegment hineinbekommen, so dass der Kunde das auch bezahlen kann. Daran arbeiten wir intensiv. Wir versuchen zum Beispiel Funktionen von Kamerasystemen radartechnisch abzudecken. Das ist kostengünstiger und wir können so demnächst auch die Ups und Polos dieser Welt mit Fahrerassistenzen bestücken.“
Blauer Traum: VW CrossBlue mit 306 PS
Katrin Basaran