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König Ludwig III.: Das war Bayerns letzter Kini

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Von: Franz Rohleder

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Volksnah: König Ludiwg III. von Bayern (links) geht mit Finanzminister Georg Ritter von Breunig (mit Zylinder) an Untertanen vorbei. © fkn

Vor über 100 Jahren, am 5. November 1913, bestieg König Ludwig III. von Bayern den Thron. In der tz erzählt Historiker und Ludwig-Experte Dr. Stefan März die Geschichte von Bayerns letztem Kini.

Er wollte Bayern in die Moderne führen – und er verspielte im Ersten Weltkrieg die Monarchie. König Ludwig III. bestieg vor 100 Jahren, im November 1913, den Thron. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern, dem Märchenkönig Ludwig II. und dem Prinzregenten Luitpold, ist er trotz seines aktuellen Thronjubiläums heute weithin vergessen. Der Münchner Historiker Stefan März hat kürzlich ein vielbeachtetes Buch über diese Epoche herausgebracht („Das Haus Wittelsbach im Ersten Weltkrieg: Chance und Zusammenbruch monarchischer Herrschaft“).

Aktuell ist vom Wittelsbacher-Experten Stefan März eine neue Biographie über Ludwig III. auf dem neuesten Stand der Forschung  erschienen: "Ludwig III. Bayerns letzter König. Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 2014. (152 S., 12,95 Euro)

In der tz erzählt der Ludwig-Experte die Geschichte von Bayerns letztem Kini.

König Ludwig III. von Bayern: Der Millibauer auf dem Thron

So mancher Monarchist schrie empört auf, als Ludwig am 5. November 1913 zum König proklamiert wurde. Denn formal hatte Bayern bereits einen Monarchen: Nämlich Otto I., den unheilbar geisteskranken Bruder Ludwigs II., der aber seit 30 Jahren in einer Art Privat-Psychiatrie in Schloss Fürstenried untergebracht war. Nach dem Tod des populären Prinzregenten Luitpold im Dezember 1912 folgte ihm sein ältester Sohn Ludwig (im heutigen Rentenalter von 67 Jahren) zunächst im Amt des Prinzregenten nach. Und: Der ließ ein Jahr später die bayerische Verfassung ändern, so dass er selbst zum König proklamiert wurde. Die Titel und Würden wurden Otto belassen,wodurch Bayern bis zu dessen Tod drei Jahre später de facto zwei Könige hatte. Die Mehrheit der Bayern freute sich, mit Ludwig wieder einen handlungsfähigen Monarchen zu haben. Ein König der Herzen war der volkstümliche, sozial eingestellte und erzkatholische Ludwig aber schon vor der Thronbesteigung. Historiker März weiß: „SPD-Gründer August Bebel – eigentlich ein Gegner der Monarchie – hatte im Jahr 1908 sogar behauptet, dass das deutsche Volk, wenn es den Kaiser aus einem der deutschen Prinzen wählen dürfte, vermutlich den Wittelsbacher Ludwig und nicht den Preußen Wilhelm II. gekürt hätte.

Als König traf sich Ludwig III. weiterhin mit Freunden zum Kegeln und spazierte allein durch München. Er war ein Förderer von Wissenschaft und Technik und trieb unter anderem den Bau des Deutschen Museums voran. Mit dem Herzen war er jedoch Landwirt und interessierte sich neben der großen Politik für TBC-freie Ställe, Zuchtrinder und eine ertragreiche Milchwirtschaft. Ludwig hatte seinen Lebensmittelpunkt auf dem Landgut Leutstetten bei Starnberg, wo er mit seiner Frau Marie Therese und seinen zehn Kindern lebte. Der Volksmund verpasste dem Landwirt auf dem Thron daher den Spitznamen „Millibauer“. Auch das Auftreten des Königs war wenig erhaben, so März: „Der weißhaarige, weißbärtige und etwas korpulente Ludwig wurde wegen seiner manchmal nachlässigen Kleidung als ‚Ludwig der Vielfältige‘ verspöttelt.“

König Ludwig III. von Bayern: Der Multimedia-Monarch

Wenn heutige Königshäuser die Vielfalt der modernen Medien nutzen, um sich zu präsentieren, so haben sie darin auch ein historisches Vorbild im Bayern-König Ludwig III. Historiker März hat genau herausgearbeitet, dass der „Millibauer“ sich in den damals modernen Medien auf der Höhe der Zeit präsentierte. „Egal ob in Zeitungen, im Film, illustrierten Zeitschriften, Büchern, Festschriften, Postkarten oder Fotografien – das Königshaus war vor und nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges in der bayerischen Medienöffentlichkeit allgegenwärtig.“ Man kann durchaus mutmaßen: Hätte es damals schon soziale Netzwerke wie Facebook, Youtube und Twitter gegeben, dann hätten Ludwig und die Mitglieder der Königsfamilie auf ihren eigenen Profilen fleißig gepostet.

König Ludwig III. von Bayern: Der König als Kriegsherr

In den Tagen vor Beginn des ersten Weltkrieges im Sommer 1914 brach wie im gesamten Deutschen Reich auch in Bayern Kriegsbegeisterung aus. München erlebte Massendemonstrationen mit zehntausenden Menschen pro Österreich, das nach der Ermordung seines Thronfolgers Franz Ferdinand Serbien den Krieg erklären wollte. Von dieser Euphorie ließ sich der Bayernkönig, der mit den in Wien regierenden Habsburgern eng verwandt war, aber nicht anstecken, betont März. „Er war alles andere als ein Kriegstreiber und gab sich im Hinblick auf einen Waffengang passiv. Aber er betonte auch, dass Bayern im Falle eines Kriegsausbruchs entschlossen zum Reich stehen müsse.“

Kaum dass die europäischen Staaten im August 1914 einander den Krieg erklärt hatten, erhob Ludwig III. auch Ansprüche Bayerns für den Fall, dass das Reich als Sieger aus dem Weltkrieg herausgehen sollte. Der König meinte, dass Bayern im deutsch-französischen Krieg 1870/71 gegenüber Preußen viel zu kurz gekommen sei und wollte sich diesmal ein möglichst großes Stück von der Siegestorte abschneiden. Konkret erhob Ludwig Ansprüche auf das Elsass. Historiker März warnt aber davor, ihm Größenwahn zu unterstellen. „Seine Kriegsziele wurden von weiten Teilen der bürgerlichen Bevölkerung getragen. Zudem ging es ihm darum, durch möglichst große Landgewinne die Rolle Bayerns im Deutschen Reich zu stärken. Hinter den Kriegszielen steckte politisches Kalkül.“

König Ludwig III. von Bayern: Die Flucht

Im Gegensatz zu König Ludwig III. bewies dessen Sohn Rupprecht während des Krieges Weitblick. Als sich eine immer drückendere Dominanz des preußischen Militärs auf die Politik abzeichnete, wandte sich der Kronprinz mit Briefen an seinen Vater, ohne Gehör zu finden. Auch verabschiedete sich Rupprecht bald von den Träumen großer Landgewinne und setzte sich für einen Verständigungsfrieden mit den Kriegsgegnern ein. Vielleicht hätte Ludwig dem Ende der Monarchie entgegenwirken können, wenn er auf seinen Sohn gehört hätte.

Ab dem Kriegsjahr 1917 gärte es auch in Bayern. Hunger, Tod und Entbehrungen befeuerten den Unmut der Menschen. Als im Oktober 1918 dem Deutschen Reich der militärische Bankrott ins Haus stand, wurde offen die Abdankung der Wittelsbacher gefordert. An der Spitze des Protestes stand der Sozialist Kurt Eisner, der in München Massendemonstrationen für den Frieden und gegen den König anzettelte.

Am 7. November brach die Revolution in München aus. Sozialisten und Gewerkschafter besetzten Kasernen und Regierungsgebäude. Obwohl Hinweise auf einen Umsturzversuch vorlagen, hatte Ludwig III. zuvor die Polizei zur Zurückhaltung aufgefordert. Nun blieb den Wittelsbachern nur noch die Flucht.Die Familie türmte durch Nacht und Nebel aus der Residenz in Richtung Chiemsee, später nach Salzburg.

Stefan März betont, dass es nicht so weit hätte kommen müssen. „Der Ausgang der Revolution hätte ein anderer sein können, wenn der König tragfähige Vorsichtsmaßnahmen getroffen hätte.“ Tatsächlich habe es in der Macht Ludwigs gestanden, die Monarchie zu retten. „Ob der König nun eine Delegation empfangen hätte, ob er seine Minister entlassen oder öffentlich Fehler zugegeben hätte, ob er sogar einen Thronverzicht zugunsten seines populären Sohnes Rupprecht ausgesprochen hätte – zumindest wären etliche Last-Minute-Optionen denkbar gewesen. All diese wurden nicht wahrgenommen. Somit geriet die Revolution Eisners zu einer Fahnenflucht des bayerischen Königs.“

Was bleibt von Ludwig III.? Das Bild eines Königs, der eine bürgernahe Monarchie einführen wollte, am Ende aber die Zeichen der Zeit verkannte und nach 738 Jahren Wittelsbacher Herrschaft in Bayern die Krone verspielte. Ludwig starb drei Jahre nach Kriegsende in Ungarn. Das Herz von Bayerns letztem Kini wurde in der Gnadenkapelle in Altötting bestattet, sein Leib ruht im Münchner Frauendom.

Der Autor

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Experte für König Ludwig III.: Der Münchner Historiker Dr. Stefan März (33). © tz

Der Münchner Historiker Dr. Stefan März (33, Foto) hat in seinem Buch "Das Haus Wittelsbach im Ersten Weltkrieg. Chance und Zusammenbruch monarchischer Herrschaft" (Verlag Friedrich Pustet, 576 Seiten) die Rolle König Ludwigs III. und des Wittelsbacher Herrscherhauses im Krieg untersucht. Seine wichtigste These: Der Zusammenbruch der Monarchie in der Novemberrevolution 1918 wäre vermeidbar gewesen, wenn der König die Zeichen der Zeit erkannt hätte. Der Preis für sein König-Ludwig-Buch: 39,95 Euro.

Aktuell ist von Stefan März eine neue Biographie über Ludwig III.   erschienen: "Ludwig III. Bayerns letzter König. Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 2014. (152 S., 12,95 Euro)

F. Rohleder

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