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Faszination Faszien: 7 Übungen für daheim

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Von: Andreas Beez

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München - Faszien sind so etwas wie die neuen Stars im Orthopädie-Bereich. Der große tz-Report erklärt den neuen Trend in der Schmerztherapie und zeigt, wie Sie die feinen Fasern wieder in Form bringen.

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1 / 8Wirbelsäulen-Experte Dr. Christian Schneider. © Götzfried
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2 / 81. Manuelle Massage der Halsfaszie: Der Patient knickt seinen Kopf leicht nach vorne ab, so dass das Kinn zum Brustbein zeigt. Mit ihren Fingerknöcheln fährt die Therapeutin den Hals­bereich langsam von oben nach unten ab – jeweils eine Hand links und rechts von der Wirbelsäule. © Götzfried
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3 / 82. Manuelle Massage der lumbalen (unteren) Rückenfaszie: Der Patient sitzt auf einem Stuhl und beugt sich leicht nach vorne. Die Therapeutin winkelt ­ihren Arm an und fährt mit dem Ellenbogen den ­unteren Rücken­ ­entlang. © Götzfried
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4 / 83. Behandlung der Wadenfaszie mit dem großen Fazer: Der Patient streckt das Bein nach hinten aus. Die Therapeutin „zieht“ die Wade langsam mit der stumpfen Fazerkante ab – von oben nach unten. © Götzfried
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5 / 84. Behandlung der lumbalen Rückenfaszie mit dem kleinen Fazer: Der Patient beugt seinen Rumpf weit nach vorne. „Wichtig ist, dass er nicht die Luft ­anhält, sondern kontinuierlich weiteratmet“, erklärt Susann Hönick. Sie fährt mit dem ­Fazer links und rechts der Wirbelsäule entlang. © Götzfried
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6 / 85. Training der lumbalen Rückenfaszie mit der Faszienrolle: Der Patient liegt mit der Lendenwirbelsäule auf der Rolle, stützt sich mit den Ellenbogen auf dem Boden ab, fährt vor und zurück. „Wenn man die Übung steigern will, kann man zusätzlich die Beine anheben“, erklärt Susann Hönick. © Götzfried
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7 / 86. Training der Faszie an der Oberschenkel-Rückseite mit der Faszienrolle: Der Patient sitzt mit dem Oberschenkel auf der Rolle, verschränkt das ­andere Bein über dem Oberschenkel. Dann rollt er vor und ­zurück. © Götzfried
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8 / 87. Training der Faszie auf der Oberschenkel-Außenseite mit der Faszienrolle: Der Patient stützt sich seitlich mit den Armen ab, während er mit der Oberschenkel-Außenseite auf der Rolle liegt. Er fährt langsam vor und zurück. © Götzfried

Die Fasern aus Bindegewebe sind hauchdünn, milchig weiß, manchmal durchsichtig und geheimnisvoll mit­einander verwoben. Sie erinnern ein bisserl an filigrane Spinnennetze, die unsere ­Organe, Nerven, Blutgefäße, Gelenke und Muskeln umspannen. Sie ziehen sich durch unseren gesamten Körper – wie eine Art innere Schutzhülle oder ein elastisches Stützkorsett: die Faszien.

Ihre Rolle gewinnt in der modernen Medizin immer mehr an Bedeutung, insbesondere in der Orthopädie. Sie gelten als Schlüssel für neue Ansätze in der Schmerztherapie. Im großen tz-Gesundheitsreport erklären Experten der Schön ­Klinik München-Harlaching die Faszination der Faszien und wie man die feinen Fasern wieder in Form bringen kann.

Faszien: So sind sie am Muskelkater beteiligt

Hinter dem relativ neuen Therapieansatz steckt sozusagen eine ganzheitliche Überlegung: Wenn der Körper Fehlbelastungen ausgesetzt wird, verspannen nicht nur die Muskeln, sondern auch die Faszien. Sie verlieren an Dehnfähigkeit und Geschmeidigkeit, verdicken, verfilzen oder verkleben. „Aber im Gegensatz zu den Muskeln selbst, die nicht wehtun, können ramponierte Faszien Schmerzen verursachen“, erklärt der Wirbel­säulen-­Experte und leitende Arzt im Rückeninstitut der Schön Klinik, Dr. Christian Schneider. „In den Faszien befinden sich Nervenendigungen und Nervenzellen, die praktisch wie Sensoren arbeiten. Sie messen neben der Spannung der Muskeln auch Schmerzimpulse und leiten diese über das Rückenmark an das Gehirn weiter.“

So weiß man heute beispielsweise, dass bei einem Muskelkater ein Teil der Schmerzen von den Rissen in der Faszienhülle ausgeht. Aber die Fasergeflechte haben auch einen rein biomechanischen Einfluss: Nach Verletzungen können verklebte Faszien die Heilung hartnäckig verzögern. „Sie verursachen einen Lymphstau, verhindern praktisch, dass der Bluterguss abfließen kann“, erläutert Dr. Schneider. „Deshalb ist es sehr wichtig, dass der Patient frühzeitig mit einer manuellen Therapie behandelt wird, um die einzelnen Faszienblätter voneinander zu lösen.“

Dazu müssen die Physiotherapeuten im wahrsten Sinne des Wortes kräftig Hand anlegen. Profis dieses Fachs können Faszien und vor allem Verklebungen und Verhärtungen durch die Haut ertasten, ausstreichen, voneinander lösen. Manchmal nehmen sie dazu auch Hilfsmittel wie sogenannte Faszienrollen oder Fazer (siehe Extra-Bericht unten). „Egal, ob händisch oder mit Hilfsmitteln – das Prinzip ist dasselbe“, erläutert Dr. Schneider. „Es geht immer darum, die Faszienblätter voneinander zu lösen, sie beweglich und elastisch zu halten.“

Verspannungen am Rücken lösen

Ein Therapie-Trend, der seit Jahren zunehmend die Wirbelsäulen-Medizin erobert – vor allem dann, wenn der Patient kein eindeutig zuzuordnendes Problem wie beispielsweise einen Bandscheibenvorfall oder Engstellen im Wirbelkanal (Stenosen) hat. „Mit einer Kombination aus Ganzkörper-Training und gezielter Faszien­behandlung lassen sich 60 bis 70 Prozent aller Verspannungen am Rücken lösen“, schätzt Dr. Schneider.

Auch gegen Spannungskopfschmerzen oder Einschränkungen des Bewegungsapparats, etwa an den Hüften, dem Becken oder im Schulterbereich, kann Faszientraining helfen. Und: Wer seine Faszien in Form hält, der fühlt sich insgesamt fitter. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass dadurch der Stoffwechsel angeregt wird und verstärkt entzündungshemmende Botenstoffe gebildet werden.

Die Aufmerksamkeit für die filigranen Fasern ist erst in den vergangenen Jahren massiv gestiegen – jedenfalls wurden die Faszien jahrzehntelang eher stiefmütterlich behandelt. Orthopäden und vor allem Operateure schoben sie oft wie nutzloses Füllmaterial beiseite. „Aber inzwischen hat ein Um­denken stattgefunden“, weiß Dr. Schneider. „Heute werden die ­Faszien zunehmend wie ein eigenständiges, wertvolles Organ wahr­genommen.“

Das hat mehrere Gründe: Zum einen gibt die Faserhülle unter anderem den Muskeln Führung und Stabilität. Und zum anderen wissen die Mediziner inzwischen, dass die Faszien dem Gehirn auch als eine Art Informationssystem dienen – es meldet unter anderem Belastungen und Kräfte, die auf einzelne Körperzonen einwirken. „Das Netzwerk der Faszien ist die Basis unserer koordinativen Körperwahrnehmung“, hat der Faszienforscher Dr. Robert Schleip mal im Nachrichtenmagazin Spiegel erklärt.

Weil die Faszien feingliedrig und weitläufig miteinander verknüpft sind, können sie Beschwerden an ungeahnten Stellen auslösen. So kann beispielsweise eine verklebte oder verkürzte Wadenfaszie über die Beine sogar Schmerzen in der Schulter auslösen. „Und hinter Blockaden im Brustkorbbereich verbirgt sich oft eine verklebte Zwerchfellfaszie“, berichtet Dr. Schneider.

Aber wie lassen sich solche Probleme beheben beziehungsweise vorbeugen? Auch bei dieser Frage rückt ein ganzheitlicher Ansatz in den Mittelpunkt. „Es kommt immer auf das Zusammenspiel zwischen Muskeln und Faszien an“, so Dr. Schneider. „Das langfristige Trainingsziel sollte sein, die Muskeln zu kräftigen und die Faszien so beweglich wie möglich zu halten. Das erreicht man am besten, wenn man Krafttraining mit reflektorischen koordinativen Bewegungen, Dehnungsübungen und Massagen kombiniert. Am besten sollte man sich die Übungen von einem professionellen Therapeuten zeigen lassen.“

Sieben Behandlungen und Übungen für daheim

„Eine Faszienmassage ist keine Wellnessbehandlung“, sagt Physiotherapeutin Susann Hönick, fachliche Leiterin im Therapie- und Trainingszentrum der Schön Klinik München-Harlaching. „Sie kann durchaus etwas schmerzhaft sein.“ Weil der Behandler ordentlich Druck ausüben muss, um die Faszien in der Tiefe des Körpers zu erreichen. Das macht er mit bloßen Händen, Ellenbogen oder bestimmten Hilfsmitteln. Am bekanntesten ist die sogenannte Faszienrolle, häufig kommen aber auch sogenannte Fazer in verschiedenen Größen zum Einsatz. Sie schauen aus wie Mini-Bumerangs aus Metall. In der tz stellt Susann Hönick gemeinsam mit ihrem Kollegen Christian Schantl sieben Behandlungen und Übungen vor - klicken sie sich oben durch die Fotos!

Andreas Beez

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