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Haarausfall bei Frauen - Tipps vom Arzt

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Eine komplette Glatze bekommen Frauen eher selten, bei ihnen wird das Haar meist insgesamt lichter, so dass die Kopfhaut durchschimmert.
Eine komplette Glatze bekommen Frauen eher selten, bei ihnen wird das Haar meist insgesamt lichter, so dass die Kopfhaut durchschimmert © dpa

Ob lang oder kurz, ob lockig oder glatt, ob rot, braun oder blond – für Frauen sind Haare mehr als eine Frisur. Doch was hilft wirklich gegen den Kahlschlag auf dem Kopf?

Schöne Haare und Selbstbewusstsein sind eng miteinander verbunden. Haarausfall ist für Frauen daher ein wahr gewordener

Dr. Michael Mühlstädt
Dr. Michael Mühlstädt © privat

Albtraum, unter dem sie sehr leiden. Anders als Männer bekommen Frauen nur selten eine komplette Glatze. Sie entdecken eher, dass der Scheitel ausdünnt, sie finden runde kahle Stellen oder merken, dass insgesamt die Haare weniger werden und die Kopfhaut durchschimmert. Während früher die Perücke in vielen Fällen der einzige Ausweg war, gibt es heute wirksame Methoden, das Haar zum Wachstum anzuregen. Dr. Michael Mühlstädt, Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten von der Klinik Thalkirchner Straße, beantwortet die wichtigsten Fragen zum Thema Haarausfall bei Frauen:

Führt häufiges Waschen, Föhnen oder Färben zum Haarhausfall?

Dr. Michael Mühlstädt: Nein. Das Haar, das heute im Abfluss liegt, hat sich schon vor drei Monaten entschieden auszufallen. Durch z. B. häufiges Waschen verändert sich höchstens die Struktur der Haare, also es wird zum Beispiel trocken oder brüchig, aber am Wachstum ändert sich nichts. Die allerhäufigste Ursache für Haarhausfall ist Vererbung. Dünnes Haar liegt meist in der Familie. Um es klarzustellen: Diese Art von Haarausfall ist keine Krankheit, sondern es handelt sich um einen natürlichen Prozess, der von der Natur so vorgesehen ist. Manche betrifft es früher als andere. Meist ist es ja auch so, dass uns im Frühjahr und Herbst mehr Haare verloren gehen – quasi als Erinnerung an den Fellwechsel unserer Vorfahren. Frauen bekommen ganz selten eine komplette Glatze. Sie haben meist eine Haardichteminderung im Mittelscheitelbereich. Man merkt es lange Zeit nicht, bis es auf einmal sehr auffällig wird.

Welche Rolle spielen Hormone beim Haarwuchs und Haarausfall?

Mühlstädt: Östrogen hat einen schützenden Effekt, schwangere Frauen haben meist besonders schöne Haare. Wenn nach der Geburt der Östrogenspiegel sinkt, fallen den Müttern vermehrt Haare aus, bis sich das Wachstum auf den ursprünglichen Stand einpendelt. Frauen in den Wechseljahren bekommen dünneres Haar. Antiandrogene sowie östrogenhaltige Pillen können sich positiv auf den Haarwuchs auswirken, allerdings ist das nur empfehlenswert, wenn die Pille sowieso als Verhütungsmittel eingesetzt wird. Ansonsten sind die Risiken zu groß. Für diffusen Haarausfall, also wenn überall das Haar lichter wird, kann auch eine Funktionsstörung der Schilddrüse verantwortlich sein. Bei einer Überfunktion fallen Haare vermehrt aus, aber es wächst auch schneller nach. Bei einer Unterfunktion wachsen die Haare sehr langsam. Das sollte abgeklärt werden, wenn diesbezüglich ein Verdacht besteht.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Mühlstädt: Wenn man beunruhigt ist. Ich empfehle da unsere Haarsprechstunde. Der Arzt versucht zunächst, im Gespräch zu

70 bis 100 Haare dürfen jeden Tag ausgehen, erst wenn es mehr werden, sprechen Ärzte von Haarausfall. Etwa 30 Prozent der Männer und zwischen zehn und 30 Prozent der Frauen sind vom allmählichen Kahlwerden betroffen. Die häufigste Ursache liegt in den Genen: Lichtes Haar wird vererbt.

klären, ob es ein Ereignis gab, das zum Haarverlust geführt haben könnte. Denn zwischen der Ursache und dem Haarausfall können Monate liegen, zum Beispiel wenn jemand im Krankenhaus operiert wurde und Heparin als Blutverdünner bekommen hat. Auch Marcumar kann als klassische Nebenwirkung den Haarausfall haben. Gibt es keinen Hinweis auf die Ursache, wird ein Trichogramm gemacht. Es werden circa 20 Haare ausgezupft und die Haarwurzeln unter dem Mikroskop untersucht. Man vergleicht dabei Haare vom Hinterkopf, die generell gut wachsen, mit Haaren aus Problemzonen. Es gilt, dass man nicht zu lange mit der Diagnose und Therapie warten sollte. Denn bei der Behandlung geht es meist darum, den Status quo zu erhalten, manchmal kann man auch noch den Zustand von sechs Monaten zuvor wieder herstellen. Solange noch ein Haarflaum zu erkennen ist, kann man noch etwas bewirken.

Es wird viel für Haarwuchsmittel geworben. Welche davon helfen wirklich?

Mühlstädt: Mit der Not und der Eitelkeit der Menschen lässt sich gut Geld verdienen. Es gibt keine seriösen Studien, die zeigen, dass z. B. Koffein-Shampoos oder die angebotenen Nahrungsergänzungsmittel Haare sprießen lassen. Was Frauen wirklich hilft, ist der Wirkstoff Minoxidil. Es gibt eine rezeptfreie Tinktur, die auf die betroffenen Stellen aufgetragen wird. Das Medikament wirkt recht gut, vermutlich regt es die Durchblutung der Haarwurzeln an. Am Anfang, nach circa sechs Wochen, fallen die Haare jedoch vermehrt aus. Das liegt daran, dass alle Haare, die sich bereits in der Ruhephase  befinden, mehr oder weniger gleichzeitig verloren gehen. Aber dann wachsen die neuen Haare nach.  Wie die meisten Medikamente, zum Beispiel bei Bluthochdruck oder Diabetes, wirkt es nur, solange es verwendet wird.

Hilft das Medikament bei jeder Art von Haarausfall?

Mühlstädt: Zugelassen ist es für den erblich bedingten Haarausfall. Wir haben es auch bei anderen Patientinnen eingesetzt und festgestellt, dass es die Situation stabilisiert. Aber wenn wir an den kreisrunden Haarausfall, Autoimmunerkrankungen oder Infektionen mit Pilzen oder Bakterien denken, gibt es viele Ursachen, die natürlich anders behandelt werden müssen. Daher sollte man früh zum Arzt gehen, um  festzustellen, ob es sich um einen natürlichen Prozess oder um eine Erkrankung handelt. Die Trichologie, die Lehre der Haarerkrankungen, ist die Domäne der Dermatologen. Man sollte sich jemanden suchen, der sich mit Haarausfall gut auskennt, es z. B. auf seinem Praxisschild ­stehen hat.  

Funktionieren Haartransplantationen?

Mühlstädt: Ja, aber es sollte jemand mit viel Erfahrung machen, denn Transplantationen müssen gut geplant werden. Haare haben eine natürliche Lebensdauer. Am längsten leben die Haare am Hinterkopf, diese fallen praktisch nie aus. Dort werden Haare  entnommen und in lichte Regionen gesetzt. Doch sollte man die Lebensdauer der Haare dort berücksichtigen, fallen diese nämlich aus und nur die transplantierten Haare bleiben stehen, kann das nach einigen Jahren recht komisch aussehen.

Vererbter Haarausfall

Typisch für vererbten Haarausfall: Erst ist nur der Scheitel ausgedünnt, dann werden die lichten Stellen immer größer. Die Hautärzte beurteilen den Kahlschlag wider Willen nach der Ludwig-Skala. Die Bilder zeigen die Stadien Ludwig III, V und VI. Der Wirkstoff Minoxidil (Rengaine) kann die Haare wachsen lassen.

tz

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