Rockavaria-Veranstalter: "Wir haben viel gelernt"

München - Im vergangenen Jahr kamen 49 000 Menschen zum neuen Festival „Rockavaria“ in München - in diesem Jahr rechnet der Veranstalter nur mit 35 000. Die Millionenverluste aus dem vergangenen Jahr sieht DEAG-Chef Peter Schwenkow als Investition.
Im vergangenen Jahr brachte die Deutsche Entertainment AG (DEAG) die Festival-Landschaft in Deutschland gehörig durcheinander. Eigentlich wollte DEAG-Chef Peter Schwenkow den legendären Nürburgring als Festivalgelände übernehmen und „Rock am Ring“-Betreiber Marek Lieberberg Konkurrenz machen. Doch statt der „Grünen Hölle“ am Ring gab es „Rock im Revier“ in Gelsenkirchen, „Rockavaria“ in München - und einen finanziellen Verlust in Millionenhöhe. In diesem Jahr will Schwenkow einiges anders machen, wie er im Interview der Deutschen Presse-Agentur sagt. Die DEAG stapelt deutlich tiefer, will sparen - und sich nicht mit den Platzhirschen „Rock am Ring“ und „Rock im Park“ vergleichen.
Wie viele Besucher erwarten Sie denn jetzt zu „Rockavaria“ in München und „Rock im Revier“, das in diesem Jahr in Dortmund stattfindet?
Peter Schwenkow: In Dortmund wird es so sein, dass das Iron-Maiden-Konzert ausverkauft sein wird. Mehr als 12 500 passen ja nicht in die Halle. Ich denke, dass wir in München um die 35 000 haben werden. In Luzern sind wir mit 60 000 ausverkauft und in Wien sieht es nach 45 000 aus - so dass wir insgesamt bis zu 170 000 Besucher haben werden. Das ist für uns im zweiten Jahr ein großer Erfolg.
Bei den beiden deutschen Festivals ist die Zuschauer-Zahl im Vergleich zu 2015 deutlich geschrumpft. Warum?
Schwenkow: Wir haben im letzten Jahr mit Kiss, Muse und Metallica drei große Headliner gehabt und wollten in diesem Jahr mal ausprobieren, wie das ist, mit Iggy Pop, Nightwish und Iron Maiden etwas andere Headliner zu haben. Von daher sind wir mit den Zahlen durchaus zufrieden - wir haben ja auch erheblich weniger Kosten. Wir haben im ersten Jahr gelernt und sind deshalb mit unseren vier Festivals einen guten zweistelligen Millionenbetrag günstiger als im vergangenen Jahr.
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Wie hoch sind die Verluste, die Sie im vergangenen Jahr gemacht haben?
Schwenkow: Den zweistelligen Millionenbetrag haben wir im vergangenen Jahr investiert, in diesem Jahr planen wir mit einer schwarzen Null und im nächsten Jahr wollen wir uns das, was wir 2015 investiert haben, zurückholen.
Sind die Verluste 2015 auch der Grund dafür, dass in diesem Jahr weniger Bands auftreten?
Schwenkow: Nein. Das ist eigentlich mehr dem Umstand geschuldet, dass uns ganz viele Leute geschrieben haben, dass sie nicht wissen, wo sie hingehen sollen, weil drei ihrer Lieblingsbands gleichzeitig spielen. Wir haben im letzten Jahr einfach zu viele gehabt und sind jetzt in einer Größenordnung angelangt, wo jeder sich alles angucken kann.
Sie rüsten also ab? War es ein bisschen viel im letzten Jahr?
Schwenkow: Im letzten Jahr haben wir sehr viel gelernt - auch von dem Feedback unserer Besucher. Wir machen das ja nicht für uns, wir machen das für unsere Besucher. Und wenn die Besucher sagen: Gerne mal 20 Bands weniger, dann folgen wir natürlich den Anweisungen unserer Gäste.
In den sozialen Netzwerken gibt es aber auch andere Stimmen, die sagen, bei 160 Euro für ein Drei-Tages-Ticket sei das Angebot etwas dünn. Ähnliches zahlt man ja auch bei „Rock im Park“ für die doppelte Anzahl an Bands.
Schwenkow: „Rock im Park“ kostet schon 40 Euro mehr. Und wir sind eben kein Camping-Festival. Wir hören spätestens um 23 Uhr auf, bei „Rock im Park“ wird die Nacht durchgespielt - da kann man dann natürlich mehr Bands auftreten lassen. Wir wollen uns aber auch gar nicht vergleichen. Das ist ein völlig unterschiedliches Konzept: Das eine ist drei Tage campen und die Sau rauslassen. Und wir machen das, was man ein Urban Festival nennt. In Wien haben wir in diesem Jahr mehr als doppelt so viele Besucher im Vergleich zum letzten Jahr. Da sind wir extrem zufrieden - und wir sehen diese vier Festivals als eine Einheit.
In Wien haben Sie Rammstein als Headliner - warum nicht in München und Dortmund?
Schwenkow: In Luzern haben wir sie auch, aber in Deutschland spielen sie bei „Hurricane“ und „Southside“.
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Wird es schwieriger, ganz große Headliner zu bekommen?
Schwenkow: Das Problem hatten wir auch schon die Jahre davor: Es gibt nicht über die Maßen viele Headliner. Für das nächste Jahr zeichnet sich für uns aber ein ganz supertolles Programm ab. Wir haben es in zwei Jahren, in relativ kurzer Zeit, geschafft, unsere Festivals auf die internationale Festival-Landkarte zu setzen. Der Festival-Sommer in Deutschland startet nicht mehr am ersten Juni-Wochenende, sondern schon am letzten Mai-Wochenende. Das macht es uns leichter, im kommenden Jahr große Headliner zu bekommen. Wir sind frohen Mutes in guten Gesprächen und glauben, dass nächstes Jahr jeder sagen wird: Jetzt wissen wir, warum die das gemacht haben.
Werden die Headliner weiterhin immer teurer?
Schwenkow: Ich glaube, das Ende der Fahnenstange ist bei Supergagen für Superheadliner erreicht. Da wird man nicht viel mehr zahlen können, als wir jetzt schon zahlen. Es muss sich für uns ja auch rechnen. Wir werden ja nicht subventioniert.
Bleibt es bei Ihren vier Festivals?
Schwenkow: Ich halte es für wahrscheinlich, dass wir in Luzern und Wien bleiben, München steht auch außer Frage. Nordrhein-Westfalen analysieren wir noch. Das ist ein schwieriges Pflaster für Festivals. „Rock im Pott“ ist da schon gescheitert und „Area 4“ auch. Wir sind da noch nicht entschieden, wo wir hingehen. Aber ich denke, dass wir voraussichtlich im Oktober, November wissen werden.
ZUR PERSON: Peter Schwenkow ist Aufsichtsratsvorsitzender der von ihm gegründeten Deutschen Entertainment AG (DEAH) und veranstaltet Konzerte von so unterschiedlichen Musikern wie Anna Netrebko, David Garrett, AC/DC und den Böhsen Onkelz. Er ist außerdem als Dozent tätig und saß von 2006 bis 2011 für die CDU im Berliner Abgeordnetenhaus.
dpa