Ist der Edel-Burger-Hype in München bald vorbei?

München - Münchner verweigern sich zunehmend den Fast-Food-Ketten. Schnell, billig zusammengeklatschte Burger mögen sie nicht. Läden wie „Hans im Glück“ passt das ins Konzept. Aber ist der Hype bald vorbei?
In zehn Münchner „Hans im Glück“-Filialen sitzen Gäste in einem künstlichen Birkenwald und essen Burger – nicht mit fettigen Händen, sondern gesittet mit Besteck. Dazu bestellen sie Pommes mit Avocado-, Schnittlauch- oder süßer Chili-Soße. „Hans im Glück“ stellt es clever an und will deshalb bis Jahresende die Zahl der Filialen auf 50 erhöhen. Die Franchise-Kette des Münchner Gastronoms Thomas Hirschberger macht seit fünf Jahren etwas Entscheidendes richtig – etwas, was die zwei amerikanischen Fast-Food-Ketten McDonald's und Burger King bisher vernachlässigen, wie die Food-Trend-Expertin Hanni Rützler aus Wien erklärt: „Das Handgemachte und das Regionale werden auf der Speisekarte betont. Es geht nicht um schnell und billig“, sagt Rützler im Interview mit unserer Onlineredaktion.
"Hans im Glück"-Burger machen es Ernährungsskeptikern leicht
Rützler sagt: „'Hans im Glück' ist charmant. Damit hat die Kette einen liebevolle Namen bekommen, der an unsere Esskultur andockt. Das Kindermärchen 'Hans im Glück' ist tief in unserem kollektiven Bewusstsein verankert. Das trifft die Kunden.“ Die Burger tragen zum Beispiel die Namen Dreikäsehoch, Wurzelsepp und Landei. Der Burger ist ein Klassiker in der Gastronomie, allerdings wurde er lange Zeit den zwei Fast-Food-Ketten überlassen. Jetzt gewinnt dieser Klassiker an Wert. „Wir werden nicht alle zu Vegetariern oder Veganern, aber vermehrt zu Flexitariern, die weniger Fleisch essen wollen, dafür bewusst“, sagt Rützler. Die Fleisch-Skandale der vergangenen Monate und Jahre haben vielen Leuten den Appetit verdorben, sie misstrauisch gemacht. Der Burger ist kein blutiges Stück Fleisch, kein Steak, „stattdessen liebevoll in einen Brotmantel eingepackt mit knackigem Salatblatt und einer aromatischen Soße. Die Burger der neuen Edel-Burger-Läden vereinen geschmacklich alles, was wir in unserer Esskultur lieben. Die Burger haben etwas Sanftes, man könnte auch sagen Feminines an sich“, sagt die Ernährungswissenschaftlerin.
"Burger-Läden sind keine kurze Mode-Erscheinung wie Bubble Tea"
Das Erfolgsrezept der neuen Burger-Läden wird sich halten, ist Rützler überzeugt. „Die Burger-Läden sind keine Mode-Erscheinung wie Bubble Tea. Bubble Tea war als Junk-Food eingeführt worden, es war zu pink, zu viel Bling-Bling, sodass klar war: Das ist nur eine kurzfristige Erscheinung ohne Substanz.“ Bubble Tea sei auf keine Sehnsucht getroffen, es habe die Menschen nur neugierig gemacht. „Es gab keinen sichtbaren Bonus. Deshalb sind diese Shops so schnell wieder verschwunden, wie sie gekommen waren“, resümiert die Food-Trend-Forscherin.
Auch Läden wie Hamburgerei und Belicious Burger haben ihre Fans
In München gibt es neben den Filialen der expandierenden „Hans im Glück“-Kette auch zwei „Holy Burger“-Standorte. Das Fleisch kommt laut Webseite von Bio-Rindern der Herrmannsdorfer Landwerkstätten, die in einer Bio-Metzgerei geschlachtet werden. Außerdem haben die Hamburgerei, Belicious Burger, Burger House und weitere solcher Imbisse in München ihre Fans. Weil Burger angesagt sind, ist es nur logisch, dass auch Wirtshäuser und Bars diese auf ihre Speisekarten schreiben. Zumal sie ein zugegebenermaßen einfaches Gericht sind, bei dem die Gastronomen nicht viel falsch machen können – aber zig Möglichkeiten haben, diesen Klassiker neu zu erfinden. In München stehen viele Läden, die außergewöhnliche Burger mit regionalen, ökologisch korrekt eingekauften Zutaten versprechen. Man könnte auch sagen: zu viele.
Rützler ist überzeugt, dass der Hunger der Großstädter nach Burger-Restaurants noch nicht gesättigt ist. Die raffinierten Burger-Läden sind also gekommen, um zu bleiben. „Aber zugegeben macht es keinen Spaß, dreimal in der Woche Burger zu essen.“ Sie kritisiert auch die grotesken Portionen in manchen Burger-Hütten – „die sind zu heftig, das sind Mega-Mahlzeiten. Das ist a bisserl gefährlich.“
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Hanni Rützler bekam 2013 internationale Aufmerksamkeit, als sie den weltweit ersten In-Vitro-Burger in London verkostete. Ihr aktuelles Buch heißt "Muss denn Essen Sünde sein? Orientierung im Dschungel der Ernährungsideologien". Sie hat es mit dem Kulturwissenschaftler Wolfgang Reiter geschrieben. Es ist im Verlag Brandtstätter erschienen (19,90 Euro).