Stadtrat: Weniger Stellplätze bei Neubauten nötig

München - Die Stadt will den Stellplatzschlüssel bei genossenschaftlichen und geförderten Wohnprojekten reduzieren. Eine entsprechende Vorlage behandelt jetzt der Planungsausschuss. SPD und Grüne befürworten den Vorstoß von Stadtbaurätin Elisabeth Merk. Die CSU stimmt der Novelle zähneknirschend zu.
Es ist ein Dauerbrenner in der Münchner Stadtpolitik: Wie viele Stellplätze sollten pro Wohnung nachgewiesen werden? Die bisherige Praxis war klar: Pro Wohneinheit ein Stellplatz – also Faktor 1,0. Andernfalls muss eine Stellplatzablöse entrichtet werden. Abweichungen von dieser Regelung waren bisher nur in Ausnahmefällen möglich. Baugenossenschaften und die städtischen Wohnbaugesellschaften GWG und Gewofag hatten in der Vergangenheit häufig darauf hingewiesen, dass der bestehende Stellplatzschlüssel ein Kostentreiber bei Bauprojekten sei.
Nun also ist eine deutliche Lockerung der bisherigen Praxis vorgesehen.

Wohnungsbaugenossenschaften sollen künftig nur noch 0,8 Pkw-Stellplätze pro Wohneinheit errichten müssen, im sozialen Wohnungsbau wird die Quote auf 0,6 gesenkt. SPD und Grüne hatten zuvor entsprechende Anträge gestellt. Die Grünen hatten sich sogar noch weitergehende Reduzierungen erhofft, sehen Merks Vorlage aber als „gute Basis“, wie Stadtrat Paul Bickelbacher erklärt. „Ein Meilenstein in die richtige Richtung“, lobt Bickelbacher. Er sei nun gespannt auf die Umsetzung und hoffe, dass Investoren entsprechend mehr Geld in alternative Mobilitätskonzepte wie Car Sharing investierten.
Christian Amlong, der planungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, freut sich über die Verwaltungsvorlage, die sich sehr am reellen Bedarf orientiere. „Falls überall weiterhin ein Stellplatzschlüssel von 1,0 gelten würde, würde das den Wohnungsbau und letztlich die Mieten verteuern“, so Amlong. Vor allem, dass nun eine differenzierte Absekung des Schlüssels bis auf 0,3 möglich sei, sofern schlüssige Konzepte vorgelegt würden, sei zu begrüßen. Die CSU hatte die Absenkung zuletzt als zu großzügig bewertet, wird aber nach Bekunden von Vize-Fraktionschef Michael Kuffer zustimmen. „Aber nicht ohne ein paar kritische Anmerkungen.“
Eine Absenkung von 1,0 auf 0,8 ist künftig generell möglich, wenn das Baugrundstück durch den ÖPNV gut erschlossen ist oder wird, im Baugenehmigungsverfahren ein Konzept zur Förderung des bewussten Verzichts auf den Besitz eines Autos – etwa durch Carsharing – vorliegt und das Vorhaben mindestens zehn Wohneinheiten umfasst. Der auf 0,6 reduzierte Stellplatzbedarf im geförderten Wohnungsbau begründet sich mit dem geringeren Einkommen der Haushalte der dortigen Bewohner. Die Praxis zeige, dass dort auch nicht jeder ein Auto besitze. Für die kommunalen Wohnungsbauunternehmen und auch die Genossenschaften sei die Verpflichtung zum Bau von Stellplätzen ein relevanter Wirtschaftsfaktor, so die Verwaltung.
In Sonderfällen erlaubt die Stadt nun sogar eine Reduzierung auf 0,3 im sozialen Wohnungsbau und bei Projekten von Baugenossenschaften. Zum Beispiel bei Vorlage eines Mobilitätskonzeptes (autofreies oder autoreduziertes Wohnen). Erfahrungen hierzu, so das Planungsreferat, lägen insbesondere mit Projekten aus der Messestadt Riem vor.
Allerdings besteht die Stadt auf einer Bedingung: Das Mobilitätskonzept muss in geeigneter Form abgesichert werden. Sollte das Konzept nicht funktionieren und sich nach einigen Jahren herausstellen, dass die Bewohner doch mehr Autos besitzen als erwartet, muss der Bauträger entweder die Zahlung einer Ablösesumme per Bankbürgschaft garantieren oder eine Möglichkeit zum Nachrüsten der Stellplätze vorhalten.
Bilder
Klaus Vick