Jetzt blickt er Mollath in die Seele

München - Professor Norbert Nedopil hat Sexualmördern, Kinderschändern und Bombenattentätern die Hand geschüttelt. Jetzt soll Münchens berühmtester Psychiater Gustl Mollath untersuchen.
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nderschändern und Bombenattentätern die Hand geschüttelt. Für Professor Norbert Nedopil (66) gehört das zum Job. Er blickt in die Abgründe der Seelen der gefährlichsten Verbrecher. Der forensische Psychiater an der Uni München ist ein viel gefragter Gutachter vor Schwurgerichten in ganz Deutschland. Jetzt soll er Gustl Mollath (57) untersuchen – jenen Mann, der vermutlich jahrelang grundlos in der Psychiatrie eingesperrt war.
Das Landgericht Regensburg hat im Wiederaufnahmeverfahren im Fall Mollath den bekannten Gerichtspsychiater mit einem erneuten Gutachten beauftragt. Nach Ansicht des bisherigen Gutachters ist Mollath „für die Allgemeinheit gefährlich“, weil er seine Ex-Ehefrau misshandelt haben soll. Wird Professor Nedopil das Gutachten seines Kollegen zerpflücken?
Mollath und Nedopil werden sich sicher verstehen. „Ich gebe allen die Hand“, sagte Nedopil in einem Interview mit dem SZ-Magazin. Aber er erklärt sofort allen Probanden: „Nichts von dem, was Sie jetzt sagen, kann ich für mich behalten.“
Dennoch schütten die meisten bei ihm ihr Herz aus. Wie kommt das? „Ich behandle die Menschen voller Wertschätzung.“ Das gilt auch für Verbrecher, die Menschen sadistisch zu Tode gequält haben, sie sich zunehmend sexuell erregten, je schlimmer ihre Opfer litten. Zum Beispiel Martin P. (siehe rechts), der zwei Kinder auf bestialiche Weise ermordet hatte. Ihn hatte Nedopil schon beim ersten Fall als gefährlich eingestuft. P. bekam die höchstmögliche Strafe, zehn Jahre Jugendhaft. Kaum in Freiheit wurde er wieder zum Mörder. Empfindet man als Gutachter da keine Abscheu? „Nein“, betont Nedopil. „Ich muss die Leute in Versuchung führen, sie dazu bringen, ihre Pathologie zu zeigen.“ Und dann? „Ich denke, jetzt habe ich ihn erwischt. Mich treibt die menschenkundliche Neugier.“
Seine Probanden würden ihn oft anlügen, erzählt Nedopil. Aber: „Die reden und merken sich nicht alles. Ich schon.“ Auf diese Weise komme er schnell auf Widersprüche. Es ist sein Job, die Gerichte darauf aufmerksam zu machen.
Zum Fall Mollath will Nedopil jetzt noch nichts sagen. Der Prozess beginnt voraussichtlich im nächsten Frühjahr.
Eberhard Unfried
Die spektakulärsten Verbrechen Münchens
Das sind Nedopils spektakulärste Fälle
Kinder-Killer kassiert Lösegeld
Magnus G. aus Frankfurt erdrosselte am 27. September 2002 den elfjährigen Jakob von Metzler. Von den Eltern erpresste er Lösegeld. Neodopil hielt Gäfgen für schuldfähig. Urteil: Lebenslang plus besondere Schwere der Schuld.
Mörder als Zeitbombe entlassen
Ein Kind hatte Martin P. schon getötet. Nach zehn Jahren Haft kam er frei – als Zeitbombe. Nedopil hatte ihm bereits eine Pädophilie attestiert. Im Febrauar 2005 ermordete P. in München den kleinen Peter (9) auf grausame Weise.
Die Tragödie um Dominik Brunner
Es war der 12. September 2009 am S-Bahnhof Solln: Manager Dominik Brunner (50) wollte Jugendliche beschützen. Die Täter schlugen den 50-Jährigen daraufhin tot. Im Prozess tat sich Nedopil schwer, den Aggressionsausbruch zu erklären.
Verwirrender Kriminalfall
Bei dem Schauspieler Günthrer Kaufmann bissen sich Kriminaler, Juristen und Psychiater die Zähne aus. Hatte er seinen Steuerberater am 1. Februar 2001 getötet? Es stellte sich heraus: Die Täter kamen aus Berlin.
Wie tickt der Killer von Notzing?
Mit unzähligen Axthieben tötete Christoph W. (22) am 30. März 2012 die Eltern seiner Freundin in Notzing (Kreis Erding). Ist er zurechungsfähig? „Ja“, sagte Prof. Nedopil vor dem Landgericht Landshut. Der Angeklagte habe nur eine psychische Störung. Das Urteil: Lebenslange Haft!