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Videos: Gemeinsam sind wir stark

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Amadeus (16) war zwischen seinem 6. und 13. Lebensjahr auf Krücken und Rollstuhl angewiesen.
Amadeus (16) war zwischen seinem 6. und 13. Lebensjahr auf Krücken und Rollstuhl angewiesen. © Westermann

München - Welche Probleme haben Menschen mit Behinderung im Alltag? Wie können Behinderte und Gesunde zu einem besseren Miteinander kommen?

Mit diesen Fragen haben sich 13 Jugendliche, behinderte und nicht behinderte, der integrativen Münchner Ernst-Barlach-Schule (Stiftung Pfennigparade) auseinandergesetzt. In einem von Unicef und der One Minutes Foundation, eine Stiftung für Kurzfilme mit Sitz in Amsterdam, organisierten Workshop hat jeder Schüler ein exakt einminütiges Video zum Thema gedreht.

Was macht ein Rollstuhlfahrer, wenn es dringend ist, aber die Behinderten-Toilette in der U-Bahn zugesperrt ist? Was macht er, wenn er im winterlichen München mit den Rolli-Rädern im Schnee stecken bleibt? Behinderte Menschen sind selbst in einer modernen Großstadt oft vor große Probleme gestellt. Unüberwindbare Probleme, wenn keiner da ist, um zu helfen.

Aber helfen ist gar nicht so einfach. Berührungsängste, Unsicherheit und Gedankenlosigkeit hindern uns oft daran. Solche Erfahrungen haben auch diese vier Schüler gemacht – und etwas daraus gelernt: Gemeinsam sind wir stark!?

Bowling für Rollifahrer

„Ich empfinde meine Brille als eine Art Behinderung, obwohl das natürlich lange nicht so schlimm ist, wie im Rollstuhl zu sitzen“, sagt Simone. Wie alle nicht behinderten Schüler der Ernst-Barlach-Schule hat die 13-Jährige Rollstuhl fahren gelernt. Das fördert gegenseitiges Verständnis und Rücksichtnahme. „Sogar Sport kann man im Rollstuhl machen“, erzählt Simone. Bowlen zum Beispiel. Mithilfe einer Metallschiene, die an den Schultern eingehängt wird. Die Schiene gibt der Kugel Schwung und führt sie schnurgerade auf die Bahn. Alle Neune! „Das geht aber leicht“, sagt Simone erstaunt. „Mit der Schiene kann ich viel besser zielen.“ Trotzdem bowlt Simone lieber ohne. „Die Schiene behindert mich irgendwie.“

Helfen ist ganz normal

„Anfangs wusste ich nicht, wann und ob behinderte Mitschüler Hilfe brauchen – und ob sie überhaupt Hilfe wollen“, sagt Johannes (15). Heute ist Helfen für Johannes das Normalste der Welt. Worum es in seinem Video geht? „Ich bin mit dem Bobbycar unterwegs und will zeigen, wie oft Behinderte in schwierige Situationen kommen.“ Trotzdem ist er überzeugt: „Auch mit einer Behinderung kann man ganz gut leben. Vor allem wenn man Menschen hat, die einem helfen.“ Johannes ist so ein Mensch: „Ich könnte mir vorstellen, eine behinderte Freundin zu haben. Früher war das für mich undenkbar.“

Traut uns bitte mehr zu!

Elisa (12) hat eine fortschreitende Lähmung, sitzt im Rollstuhl und muss stundenweise beatmet werden. „Meine Lieblingsfächer sind Mathe und Sport“, sagt Elisa. Sport? „Behinderte können oft viel mehr, als man ihnen zutraut. Ich kann sehr gut bei Hindernisspielen mitmachen. Und meine Freundin Marian kann prima mit dem Computer umgehen – obwohl ihre Arme gelähmt sind und sie die Maus nicht bedienen kann.“ Wie das geht, zeigen die Freundinnen in ihrem Video. Eine Nasenmaus, ein rundes Plättchen mit Lasersignal, klebt an Marians Nase. Statt Maus muss Marian nur ihren Kopf bewegen.

Krücken ade: Endlich bin ich gesund!

Amadeus (16) kennt die Probleme von behinderten Kindern nur zu gut. In seinem Video erzählt er seine Geschichte: Mit sechs Jahren bekommt der Bub Morbus Perthes, eine orthopädische Kinderkrankheit, bei der Knochengewebe im Hüftkopf abstirbt. „Ich musste auf Krücken gehen, saß teils im Rollstuhl.“ Vier Mal wurde Amadeus operiert. „Schlimmer als die ständigen Schmerzen war, dass ich keinen Sport machen konnte wie die anderen Kinder.“ Besonders in der Grundschule leidet er sehr darunter. „Die Kinder haben mich gehänselt, geschlagen, mir die Krücken weggenommen.“ Missgeburt, Krüppel – Amadeus hält die Beleidigungen nicht länger aus und wechselt in der 4. Klasse auf die Ernst-Barlach-Schule. Hier gibt es viele behinderte Kinder. Kein Hänseln mehr und keine Schläge.

Heute ist ihm seine Krankheit nicht mehr anzusehen. „Ich kann sogar Sport machen. Das ist wie ein Gewinn im Lotto. Ich sehe die Welt, seitdem ich wieder gesund bin, mit anderen Augen. Vielleicht wäre ich schon depressiv, wenn ich noch auf Krücken gehen müsste. Andererseits sind in meiner Klasse so viele Behinderte. Sie schaffen es ja auch. Und ich habe größten Respekt vor ihnen.“

Simone Herzner

Quelle: tz

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