Denkmal für Wehrmachtdeserteure eingeweiht

Wien - In Wien ist ein Denkmal für Wehrmachtdeserteure eingeweiht worden. Das Denkmal für die Verfolgten der NS-Militärjustiz in Form eines liegenden X aus Beton wurde am Freitag vor dem Sitz von Bundespräsident Heinz Fischer enthüllt.
Es markiere den Unterschied zwischen Treue und Loyalität, die den Streitkräften eines demokratischen Staates zustünden, und dem Recht zum Widerstand gegen eine kriminelle Diktatur, sagte Fischer in seiner Rede.
"Jeder soll wissen, dass es ehrenhaft ist, in der Auseinandersetzung mit einer brutalen und menschenverachtenden Diktatur seinem Gewissen zu folgen und auf der richtigen Seite zu stehen", sagte Fischer. Dass Wehrmachtdeserteure viele Jahrzehnte als Verräter angesehen wurden, sei "traurig. Das ist etwas, wofür man sich entschuldigen und schämen muss". Die heutige gemeinsame Würdigung "ist ein wichtiger und richtiger Schritt", sagte Fischer. Der Bundespräsident betonte, Hitlers Armee sei nicht "unsere Armee" gewesen.
Während des Zweiten Weltkriegs dienten hunderttausende Österreicher in der Wehrmacht. Nach Angaben von Historikern wurden rund 1500 Österreicher als Deserteure hingerichtet, insgesamt verhängten die NS-Militärgerichte mehr als 30.000 Todesurteile. Österreich hat ebenso wie Deutschland die Opfer der NS-Militärjustiz erst 2009 rehabilitiert. Der Wiener Politologe Walter Manoschek erinnerte daran, dass die Deserteure bis vor kurzem von vielen noch als Verräter oder gar als "Kameradenmörder" betrachtet worden seien.
Das nun eingeweihte Denkmal des deutschen Künstlers Olaf Nicolai liegt am Ballhausplatz in direkter Nachbarschaft des Heldenplatzes vor der Hofburg, wo nach dem sogenannten Anschluss Österreichs im Jahr 1938 250.000 Menschen Adolf Hitler zugejubelt hatten. Das riesige liegende X soll die Situation des Individuums gegenüber der Macht symbolisieren. In die Oberfläche wurde eine Inschrift eingelassen, die aus den Worten "all" und "alone" besteht und ein Gedicht des schottischen Lyrikers Ian Hamilton Finlay zitiert.
AFP