Seehofer fordert: "Der Rechtsstaat muss Biss haben!"

München - Horst Seehofer hat genug von „abstrakten Diskussionen“, er will Lösungen, die tatsächlich umgesetzt werden. Die tz nennt Seehofers Haltung und seine Vorschläge.
"Das Jahr 2016 wird noch schwieriger als 2015.“ Mit diesen aufmunternden Worten stimmte Ministerpräsident Horst Seehofer im Presseclub auf „eine Fülle von Problemen ein, die gelöst werden müssen“. Ob es nun um die „sehr angespannte Sicherheitssituation“, die wachsende Zahl der Brennpunkte und der ökologischen Bedrohungen in der Welt geht – alles hat irgendwie mit der Flüchtlingsbewegung zu tun. Seehofer hat genug von „abstrakten Diskussionen“, er will Lösungen, die tatsächlich umgesetzt werden. Die größten Verhinderer der Wiederherstellung von „Recht und Ordnung“ im Lande sieht er in Berlin. Dass er nach der Skandalnacht von Köln lesen musste: „Politik zum Handeln gezwungen“, wurmt den 66-Jährigen. „Politik muss vorausschauend arbeiten!“ Die tz nennt Seehofers Haltung und seine Vorschläge, von denen er sicher ist, dass sie sich letztendlich durchsetzen werden.
Seehofer zu Flüchtlingsprognosen: Sollten weiterhin 3000 Menschen täglich die Grenze nach Deutschland überschreiten, komme man 2016 wieder auf mehr als eine Million, sagt er. Bis 2030 werde die Weltbevölkerung um 18 Prozent auf 8,4 Milliarden Menschen steigen. Im gleichen Zeitraum rechnet der CSU-Chef mit 18 Millionen Flüchtlingen, die in Europa Zuflucht suchen.
Seehofer zur Begrenzung der Flüchtlingszahl in Deutschland: Genervt ist der CSU-Chef von der Frage, was denn mit dem 200 001. Asylbewerber passiere, der nach Ausschöpfung der Seehoferschen 200 000-Menschen- Obergrenze hilfesuchend an unsere Tür klopft. Dafür werde man Lösungen finden. Die Begrenzung werde kommen, „ob man das nun Kontingent oder Reduzierung nennt“.
Seehofer zur Integration: Die Integrationsfähigkeit der Gesellschaft sei begrenzt. „Es ist vor allem eine Frage des Tempos.“ Es müssten genügend Wohnungen, Arbeitsplätze, Lehrkräfte etc. zur Verfügung stehen. Bei der Finanzierung werde es schwierig, wenn Leistungskürzungen, Steuererhöhungen oder eine höhere Verschuldung zur Debatte stünden.
Seehofer zum Rückstau der Asylanträge: Derzeit lägen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) offiziell 660 000 Anträge auf Halde. Die Staatsregierung geht sogar von 900 000 aus. Für die Länder heiße das: „Die Frage der Rückführung wird immer theoretischer. Wenn jemand einmal ein Jahr hier gelebt hat, ist er meist nicht mehr abzuschieben.“ Seehofer betonte das gute Funktionieren der Erstaufnahmeeinrichtungen in Manching und Bamberg, wo die Anträge sofort bearbeitet werden und bei Ablehnung in kürzester Zeit eine Abschiebung erfolgt.
Seehofer über den Grenzschutz: Der CSU-Chef ist sauer, dass Berlin das bayerische Angebot ausgeschlagen hat, auch Landespolizei zur Grenzsicherung einzusetzen. Er ist überzeugt, dass der Bund die Sicherheit an den Grenzen zu gewährleisten hat – wenn das nicht an den Außengrenzen der EU passiere. Heute will sich das bayerische Kabinett mit einem Rechtsgutachten des früheren Verfassungsrichters Udo di Fabio zum Thema beschäftigen. Die „Notwehr“- und Klagedrohung gegen den Bund erneuerte Seehofer nicht.
Seehofer zu sicheren Herkunftsstaaten: Die Einstufung der Westbalkanstaaten als sicher habe die Zuwanderung aus diesen Ländern fast auf null gebracht. Deshalb fordert die CSU jetzt einen solchen Status auch für Marokko und Algerien. Die Kanzlerin habe sich offen für ein schnelleres Gesetzgebungsverfahren für diese Einstufung gezeigt.
Seehofer über Köln und die Konsequenzen: Der CSU-Chef warnt davor, Flüchtlinge unter einen Pauschalverdacht des Terrorismus und der Kriminalität zu stellen. Die Polizei müsse aber mehr Präsenz zeigen und Täter gleich welcher Nationalität, auch Deutsche, dingfest machen. Er plädiert für eine Verschärfung der Strafen und einer Änderung der Abschiebepraxis bei Verurteilten. Nötig sei ein Rechtsstaat, „der Biss hat, der Zähne hat.“
Seehofer über die Polizeistärke: Die Personalstärke der Polizei und ihre Ausstattung müsse gestärkt werden, ebenso Verfassungsschutz und Geheimdienste. Bayern sei wegen des harten Sicherheitskonzepts beim G7- Gipfel kritisiert worden. Seehofer: „Das ist aber unser Weg“.
Seehofer über Pegida und ihre Ableger: „Der Gedanke treibt mich in den Wahnsinn“, dass durch das ungelöste Flüchtlingsproblem „mein ganzes Lebenswerk zerstört werden könnte“, gab Seehofer zu. Der Spuk werde vorbei sein, sobald die Politik effektive Lösungen habe. „Das liegt aber stark in Berliner Hand.“
Barbara Wimmer