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tz-Interview: So sieht Gauweiler den EZB-Kurs

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Von: Klaus Rimpel

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Peter Gauweiler beim Euro-Urteil des Verfassungsgerichts. © dpa

München - Vor dem Europäischen Gerichtshof klagen will der Euro-Kritiker Peter Gauweiler. Die tz sprach mit dem CSU-Vize und Bundestagsabgeordneten über den riskanten Kurs der Euro-Retter.

Die Kritik der deutschen Experten an der EZB-Entscheidung, die Gelddruckmaschinen anzuwerfen, ist groß. Steuerzahlerbund-Präsident Reiner Holznagel fürchtet: „Am Ende wird der Steuerzahler haften müssen.“ Der französische Wirtschaftsminister Emmanuel Macron lobte hingegen den massenhaften Ankauf von Staatsanleihen durch die EZB als „mutig und wichtig“. Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn kritisierte, die Entscheidung von EZB-Präsident Mario Draghi sei eine illegale und unsolide Staatsfinanzierung durch die Notenpresse. „Das ist nach Artikel 123 des EU-Vertrages eigentlich verboten und bedarf der Klärung durch das deutsche Verfassungsgericht“. Vor dem Europäischen Gerichtshof klagen will der Euro-Kritiker Peter Gauweiler. Die tz sprach mit dem CSU-Vize und Bundestagsabgeordneten über den riskanten Kurs der Euro-Retter.

Wer steckt hinter Mario Draghis Entscheidung, massenhaft Staatsanleihen aufzukaufen?

CSU-Vize Peter Gauweiler: Man vergleicht ja Kredite gerne mit Drogen. In diesem Sinne sind es die Drogensüchtigen und die Drogenhändler, die diese Entscheidung gut finden.

Um konkreter zu werden: Stecken vor allem Frankreich und Italien dahinter?

Gauweiler: Es ist doch klar: Die bisherigen EZB-Maßnahmen – Zinssenkungen, Geldspritzen an Banken, Kauf von Bank-Anleihen – waren bisher nicht geeignet, die gewünschte Wirkung zu erzielen, nämlich die Wirtschaft in den Euro-Krisenstaaten anzukurbeln. Warum? Weil, wie beim Tablettenmissbrauch üblich, nur die Symptome überdeckt wurden. Es gibt nun zwei Alternativen: Entweder dagegensteuern. Oder die Dosis erhöhen. Und da hat man sich offensichtlich zu Letzterem entschlossen.

US-Experten sagen schon, die Billion reicht nicht aus, das Anleihe-Kaufprogramm sei zu klein. Was halten Sie davon?

Gauweiler: Auch da sind wir bei der Sucht: Der Stoff geht relativ schnell aus – auch wenn die Lieferung noch so groß war.

Nur 20 Prozent der Anleihekäufe unterliegen der gemeinsamen Risikohaftung. Ist das ein Erfolg für Deutschland?

Gauweiler: Das zeigt mit Sicherheit, dass sich die EZB nicht mehr alles traut, was die Haftung der sogenannten Geberländer angeht. Wenn meine Mitkläger beim Bundesverfassungsgericht und beim Europäischen Gerichtshof und mich keiner lobt, tu ich es selber: Es ist ein Erfolg unserer Bemühungen, der EZB auf dem Rechtsweg die Grenzen ihres Mandats aufzuzeigen. Gleichwohl: Nach den bisherigen Informationen der EZB ist unklar, wie die deutsche Haftung beschränkt werden soll. Bisher gibt es nur eine Presseerklärung und keine konkrete Rechtsvorgabe, wie verhindert wird, dass unsere Bundesbank auch griechische oder italienische Staatsanleihen aufkaufen muss. Und auch wenn es nur um 20 Prozent Haftung geht: Das sind 220 Milliarden Euro, von denen Deutschland ein Drittel tragen muss. Mehr als 70 Milliarden Euro – das ist fast ein Drittel des Bundeshaushalts!

Werden Sie gegen die EZB-Entscheidung vor dem Europäischen Gerichtshof klagen?

Gauweiler: Die Frau Bundeskanzlerin hat eine Erklärung abgegeben, wonach sichergestellt sein muss – ich zitiere –, dass „das Geld der Steuerzahler nie wieder zur Rettung von Banken verwendet werden muss.“ Es liegt doch auf der Hand, dass es sich hier um einen Akt der monetären Staatsfinanzierung handelt – und die ist der EZB laut Lissabon-Vertrag ausdrücklich verboten. Gegen diese Kompetenzüberschreitung muss die Bundesregierung vorgehen und klagen!

Nachdem ja Frau Merkel sich im Vorfeld mit Draghi getroffen haben soll und deutsche Bedenken durchaus berücksichtigt wurden, steht doch nicht zu erwarten, dass die Kanzlerin klagt. Und was dann?

Gauweiler: Dann ist es unvermeidlich, dass ich auch dagegen klagen werde. Das ist meine Aufgabe als gewählter Volksvertreter. Das Bundesverfassungsgericht hat ja auf eine frühere Klage von mir hin klargestellt, dass deutsche Verfassungsorgane gegen solch eine offensichtliche Kompetenzüberschreitung angehen müssen.

Wird die Griechenland-Wahl am Sonntag die Euro-Krise weiter verschärfen?

Gauweiler: Griechenland muss seine Politik ändern – egal wie die Wahl ausgeht.

Wird diese EZB-Entscheidung den CSU-Konkurrenten von der AfD Auftrieb geben?

Gauweiler: Wir stecken in einer krisenhaften Situation. Große Koalitionen sind gerade für die Bewältigung solcher Krisen geschaffen. Die Regierung in Berlin hat hier also jede Chance und jede Möglichkeit. Die AfD wird keinen Honig aus dieser Situation saugen, wenn die Große Koalition jetzt das Richtige tut.

Interview: Klaus Rimpel

Das sind die wichtigsten Organe der EU

Neue Krise nach Syriza-Wahlsieg?

Es ist eine Schicksalswahl – nicht nur für Griechenland, sondern für den gesamten Euro-Raum. Denn wenn – wie die jüngsten Umfragen prognostizieren – am Sonntag die linkspopulistische Syriza die Wahl gewinnt, wird es neue Unruhe in der Euro-Zone geben. Syriza-Chef Alexis Tsipras hat den Griechen versprochen, die Reformvereinbarungen mit der Geld­geber-Troika aus EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) zu kippen und den Sparkurs zu lockern.

Kanzlerin Angela Merkel hat sich inzwischen zwar davon distanziert, Athen im Falle eines Syriza-Sieges aus der Euro-Zone drängen zu wollen. Doch da Griechenland weiter am Tropf der Troika-Finanzhilfen hängt, wird es auf jeden Fall massiven Druck auf die neue Regierung geben. Syriza liegt in Umfragen gut vier Prozentpunkte vor der noch regierenden Nea Dimokratia. Allerdings wird die links­populistische Partei vermutlich einen Koalitionspartner finden müssen, um eine Regierung bilden zu können. Bei seinem letzten Auftritt vor der Wahl nahm Tsipras auch Merkel ins Visier. Die Kanzlerin sei für den Sparkurs verantwortlich. „Wir werden in keinem Fall die Vertreter von Frau Merkels Standpunkten akzeptieren“, gab sich der Syriza-Chef unnachgiebig.

Beim 1,14-Billionen-Euro-Ankaufprogramm der EZB sind griechische Staatsanleihen vorerst ausgeschlossen. Denn die EZB darf nicht mehr als 33 Prozent der Papiere eines Staates kaufen – und da liegen griechische Anleihen nach etlichen Hilfsprogrammen schon drüber. Auch die Kreditwürdigkeit ist laut EZB-Vorgaben zu schlecht.

KR

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