Darum passt die 4. Liga zu den kleinen Bayern

München - Die tz beleuchtet in einer großen Serie den Nachwuchs des FC Bayern. Im zweiten Teil: Die zweite Mannschaft und warum es gar nicht so schlecht ist, in der 4. Liga zu spielen.
Diese Meldung sorgte Ende April für Aufregung im deutschen Fußball: Bayer Leverkusen hatte bekannt gegeben, für die anstehende Spielzeit seine U23-Mannschaft zurückzuziehen. Man habe erkannt, „dass unseren Top-Talenten der Sprung in die Bundesligamannschaft nicht über eine zweite Mannschaft in der vierten Liga gelingen kann“, erklärte Sportdirektor Rudi Völler. Ein hartes Urteil, mit dem er aber längst nicht allein dastand und -steht. Überraschend war lediglich, mit welcher Konsequenz man beim Werksklub vorging und seine Jugendarbeit damit entgegen der bisherigen Geflogenheiten umkrempelte. Verrückt oder genial?
Beim FC Bayern hat man sich gegen eine derart rigorose Maßnahme entschieden, Matthias Sammer nannte die Spekulationen diesbezüglich „totalen Quatsch!“. Dabei spielt die Juniormannschaft des Rekordmeisters auch dieses Jahr nur in Liga vier, scheint dort regelrecht festzuhängen. Die ganz große Unzufriedenheit aber ist gewichen, genau wie der Schock über das Scheitern in letzter Sekunde im Relegationsspiel. Erik ten Hag nennt dafür Gründe, sie klingen beinahe banal einleuchtend. „Der Aufstieg hätte natürlich nicht geschadet“, sagt der Trainer der zweiten Mannschaft. „Aber es gibt auch in der Regionalliga Vorteile. Da müssen wir immer das Spiel machen. Und das müssen unsere Profis auch. In der dritten Liga wären die Partien ausgeglichener gewesen. Jetzt sind wir in jedem Spiel der Favorit und können den Stil des FC Bayern durchsetzen.“
Im Moment belegt der Holländer mit seiner Mannschaft den dritten Platz, auch weil zuletzt beim 2:2 gegen Schweinfurt wieder wichtige Zähler liegen gelassen wurden. Wenn so etwas passiert, fehlt den jungen Spielern meist die letzte Durchschlagskraft gegen tiefer stehende Mannschaften. Diese Mannschaften kopieren manchmal die Gegner, auf die Pep Guardiola mit seinen Lahms und Müllers trifft. Insofern erfüllt ten Hag mit seinen Auftritten in der einst ungeliebten Liga genau das, was neben dem sportlichen Erfolg vor allem von ihm gefordert wird: Er bereitet seine Spieler auf die Herausforderungen der ersten Mannschaft vor.
In diesem Jahr hat es Gianluca Gaudino in den Kader von Guardiola geschafft. Michael Tarnat ist sehr stolz darauf. „Insgesamt haben wir sieben Spieler abgegeben, die vom Amateurbereich bei den Profis gelandet sind“, sagt der Jugendkoordinator. Zugegeben, nicht alle sind im Eliteteam des FC Bayern gelandet, dennoch ist diese Marke beeindruckend. „Von daher stelle ich mich jetzt mal vor die Abteilung und sage: Ich bin sehr, sehr zufrieden.“,
Für

seinen Trainer ist diese Entwicklung allerdings auch ein Dilemma, ein altbekanntes. Trotzdem: „Wenn ein Spieler den Sprung in den Profifußball schafft, dann freue ich mich wirklich.“ Als Julian Green bei der WM für die USA gegen Belgien traf, war die gesamte Abteilung happy. Heute spielt er (erst mal) beim HSV, hat den Sprung in die Bundesliga geschafft. Mit diesem Wissen fällt es auch Erik ten Hag leichter, mit anderen Spielern weiterzumachen. Ärgerlich ist es für den Holländer, wenn Spieler absehbar zu früh zu viel wollen. „Die Spieler wollen heute alle sehr schnell ihren Weg gehen. Ich weiß nicht, ob das immer die beste Lösung ist“, sagt ten Hag. „Dann gehen sie zu einem höherklassigen Verein, spielen aber nicht. Aus unserer Erfahrung wissen wir: Geduld gehört auch dazu. Aber heutzutage hat niemand mehr diese Geduld.“
Unterm Strich ist er der Leidtragende, was man ihm aber zu keiner Sekunde anmerkt. Er will weiter etwas bewegen, selbst wenn es dieses Jahr wohl erneut nichts wird mit dem Aufstieg. Sein Weg bei Bayern aber soll noch nicht zu Ende sein, auch wenn sein Vertrag im Sommer ausläuft. Sein sportlicher Leiter Michael Tarnat sagt: „Wir würden gern mit Erik weiterarbeiten. Ich bin sehr zufrieden mit ihm!“ Die Zeichen stehen auf Vertragsverlängerung.
Ob nun noch diese Saison oder dann danach: Der Weg in die dritte Liga bleibt natürlich das Ziel, dafür ist man eben beim Rekordmeister. Ganz grundsätzlich aber hat Erik ten Hag eine Idee, die auch Rudi Völler gefallen könnte. „Es wäre besser, wenn die fünf Regionalligen auf drei verringert werden würden.“ Folge: Die Qualität innerhalb dieser Ligen würde noch einmal zunehmen, der Nachwuchs besser auf die Profimannschaft eingestellt. Und die drei Meister könnten direkt aufsteigen, das leidige Relegationsspiel entfiele. Sammer hat für diesen Modus ohnehin nichts übrig, oder anders: „Ich halte diese Qualifikation für ziemlich bescheuert“, sagte er der tz. Es herrscht große Einigkeit im Unterbau des FCB.
Lesen Sie im 1. Teil der Serie: Was die Konkurrenz besser macht
mic, sw