1. tz
  2. Sport
  3. Mehr Sport

Witali Klitschko: "Danke Gott für meinen Bruder!"

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Jan Janssen

Kommentare

München - Vor dem Kampf gegen Dereck Chisora am Samstag in der Olympiahalle sprechen Witali und Waldimir Klitschko im tz-Doppelinterview über Bruderliebe und diskutieren, wer der Stärkere ist.

Video

Witali Klitschko gegen Dereck Chisora – am Samstag um 22.45 Uhr (RTL live) ist es soweit, dann verteidigt der 40-jährige WBC-Weltmeister seinen Titel gegen den Briten (28). Die tz sprach vorher mit Witali und seinem Bruder Wladimir (35).

Witali, wie sehr fiebern Sie dem Kampf entgegen?

Witali: Sehr. Chisora ist einer der stärksten Boxer der Welt. Er gehört zur neuen Schwergewichtsgeneration, alle Experten sprechen nur gut über ihn. Die Niederlage im letzten Kampf war ein Fehlurteil, da war er besser. Ich habe danach gesagt: Gegen den will ich kämpfen! Ich brauche die Herausforderung, ich brauche den stärksten Gegner den es gibt. Chisora ist jung, wild und sehr motiviert.

Die Vorbereitung diesmal war etwas Besonderes. Sie haben zum Teil gemeinsam mit Ihrem Bruder trainiert, der sich ebenfalls im Stanglwirt auf seinen Kampf vorbereitet hat.

Witali: Das stimmt. Ich habe mit meinem Bruder zusammen trainiert. Darüber habe ich mich riesig gefreut. Das haben wir zuletzt vor acht Jahren gemacht. Wir haben im Stanglwirt viel Zeit miteinander verbracht, zusammen gegessen, uns unterhalten – über den nächsten Gegner und über das Leben. Dazu haben wir sonst ja nicht oft die Gelegenheit.

Wladimir: Ja, das war schön. Das erinnert mich an die guten Zeiten, als wir viel jünger waren. Zwischen den Kämpfen sind wir in verschiedenen Ländern und Kontinenten unterwegs und verbringen leider nicht mehr so viel Zeit miteinander. Es ist jetzt wahrscheinlich das letzte Mal, das sich unsere Vorbereitung überkreuzt, schade.

Aber Sie haben nicht in einem Zimmer gewohnt…

Witali: Nein! Ich habe im ersten Stock von so einem Bungalow gewohnt, Wladimir wohnt unter mir im Erdgeschoss. Und wenn ich am Abend vom Training kam, dann habe ich ihn immer Schlagzeug spielen gehört. Das war so laut, dass ich mir vorkam wie in einem Konzertsaal. Der Gast, der zwischen uns wohnt, tut mir wirklich leid. Deswegen werden wir ihm eine Flasche guten Wein schenken.

Können Sie noch etwas voneinander lernen?

Wladimir: Wenn man nicht mehr lernt, bleibt man stehen. Ich habe gedacht, ich kenne meinen Bruder schon gut, aber dann kommt etwas, wo ich denke: Das hätte ich nicht gedacht!

Witali: Ich wusste zum Beispiel nicht, dass du so gut Schlagzeug spielst.

Wladimir: Ich hätte nicht gedacht, dass du das überhaupt mitbekommst.

Wladimir, Sie haben vor einigen Jahren Ihren Bruder gebeten, das gemeinsame Trainingscamp zu verlassen, weil er Sie zu viel kritisierte. Wie war das diesmal?

Wladimir: Damals konnte es so nicht weitergehen. Aber diesmal funktionierte es gut. Es ist so viel Zeit vergangen, jetzt ergänzen wir uns.

Witali: Der Dampf ist raus!

Wladimir: Ja, der Dampf zwischen uns ist raus!

Durfte Witali denn beim Sparring zusehen?

Wladimir (lacht): Natürlich. Du weißt ja, Witali: Du kannst sagen, was du willst. Es geht sowieso hier rein und da wieder raus.

Wladimir, kritisieren Sie Ihren Bruder denn auch?

Wladimir: Es muss ja nicht immer Kritik sein. Man kann ja eine Meinung über bestimmte Dinge haben. Und die kann der andere annehmen oder nicht. Wir tauschen uns aus, wenn einer denkt, etwas besser zu machen, dann sagte er es. Und dann sagt der andere: Danke. Und nimmt es an – oder lässt es eben sein.

Wladimir, wundern Sie sich, dass er in diesem Alter noch so fit ist?

Wladimir: Ja, absolut. Zum Alter: Das betrifft jeden, davor kann man nicht weglaufen. Aber wie er körperlich aussieht, das ist schon bewundernswert. Wir haben ja dieselben Eltern, dieselbe Genetik – ich hoffe, dass ich mit 40 so fit sein werde wie er.

Witali, haben Sie auch was von Wladimir gelernt?

Witali: Ich will ihm keine Komplimente machen, er ist ja keine Frau. Es ist schön, einen Bruder zu haben, das macht mich sehr glücklich, denn wir sind nicht nur Brüder, sondern auch enge Freunde. Ich danke dem lieben Gott, ich danke meinen Eltern, dass ich einen Bruder habe. Mit einem Bruder zu leben ist viel interessanter. Ich kann mir nicht vorstellen wie es ist allein zu leben. Das muss langweilig sein. Deswegen mein Tipp an dich, Wladimir: Wenn du Kinder machst, dann mindestens zwei!

Wladimir: Abgemacht.

Witali, Sie haben ihm nach seinen Niederlagen abgeraten weiterzumachen. Warum?

Witali: Das wichtigste beim Boxen ist Vertrauen zu sich selbst zu haben. Der schwerste Gegner bist du selbst. Nur wenn du dich selbst besiegen kannst, wirst du Erfolg haben. Ich zum Beispiel muss jeden Tag meinen inneren Schweinehund besiegen, denn ich bin sehr faul. Bauchmuskelübungen sind für mich das Schlimmste. Wladimir hat sich selbst besiegt und bewiesen, dass er ein Champ ist. Alle Experten waren sehr kritisch und haben gesagt: Er hat keine Chance mehr. Und heute ist er der stärkste Schwergewichtler der Welt.

Tatsächlich?

Witali: Haben Sie Zweifel?

Nun ja.

Wladimir: Ich denke, Witali ist der stärkste.

Witali: Aber du hast drei Gürtel. Ich nur einen.

Wladimir: Ja, aber es geht nicht um Gürtel, es geht um Erfahrung.

Witali: Du bist der Stärkste, weil ich schon alt bin. Vor fünf Jahren, da war ich der Stärkste.

Interview: Jan Janssen

Auch interessant

Kommentare