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Rauch kann mehr als Meer: Das tz-Interview

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Von: Andrea Stinglwagner

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Siegfried Rauch
Siegfried Rauch hat sich vom "Traumschiff" verabschiedet. © dpa

Weilheim - Doch was macht Siegfried Rauch nun? Der Schauspieler, der ganz bodenständig auf seinem Bauernhof nahe Weilheim lebt? Er singt! Die tz sprach mit ihm.

Update vom 12. März 2018: Trauer um den Star aus "Traumschiff" und "Der Bergdoktor". Am Sonntagabend ist Siegfried Rauch bei einem Unfall gestorben.

Es war schon traurig, als er vor einem Dreivierteljahr Abschied nahm von seinem Traumschiff: Ein letztes Mal drückte Siegfried Rauch als Kapitän Paulsen seiner Chefhostess Beatrice (Heide Keller) die Hand, die ganze Crew stand Spalier, als er auf dem Motorrad in eine Zukunft davonbrauste – ohne Meer, ohne weiße Kapitänsuniform. Doch was macht der Schauspieler nun, der ganz bodenständig auf seinem Bauernhof nahe Weilheim lebt? Er singt!

Am Dienstag tritt der 82- Jährige beim Musikfestival vielsaitig in Füssen auf und singt live mit dem Peter Lehel Quartett als Swingin’ Gentlemen Songs von Frank Sinatra, Dean Martin und Co. Die tz sprach mit Rauch:

Herr Rauch, wie kam es dazu, dass Sie Swing singen?

Siegfried Rauch: Das ist eine lange Geschichte… Ich habe ja diese Songs schon während meiner Abiturzeit 1952 in einer Bar in Garmisch gespielt. Die hieß Elefantenbar und lag gegenüber von meinem Gymnasium. Dort waren damals die GIs, und die hatten unendlich viel Geld. Vor ihnen habe ich Gitarre gespielt und diese Songs gesungen. 750 Mark im Monat habe ich dabei verdient. Dafür sollte ich dann aber von der Schule fliegen …

Wieso das denn?

Rauch: Diese Bar war schon fast so eine Art Puff – naja, die GIs haben dort halt Mädchen kennengelernt. Daher hat mich mein Direktor zu sich zitiert, weil sich das nicht schickte, dass ich dort auftrat. Aber ich erzählte ihm, dass ich mit dem Geld meine Familie ernährte – mein Vater war aus Russland zurückgekehrt und konnte nicht arbeiten. Dann durfte ich doch auf der Schule bleiben. Tja, und jetzt spiele ich in Füssen wieder dieselben Songs! Die ewigen Evergreens!

Was fasziniert Sie gerade an dieser Musik?

Rauch: Das ist einfach sehr gute Musik. Ich meine, (er singt:) „In den Bergen bei den Zwergen…“ mit so was kann ich nichts anfangen. Das ist Volksverdummung. Man soll immer das machen, wozu man Lust hat und wovon man überzeugt ist. Das hab ich beim Peter Lehel Quartett gefunden.

Dass Sie mit der Band zusammentrafen, hängt ja sogar mit dem Traumschiff zusammen …

Rauch: Ja. Im letzten Jahr, bevor ich aufgehört habe, war diese Band auf dem Schiff. Ich fand sie fantastisch! Wir haben uns angefreundet, und ich hab mit ihnen auch auf dem Schiff schon gesungen. Sehen Sie: Es kommt im Leben alles so, wie es kommen muss, man kann nichts erzwingen. Jetzt nehm’ ich sogar eine CD auf ! Ende des Jahres müsste sie fertig sein.

Aber vor Publikum zu singen ist sicher noch schöner? 

Rauch: Natürlich. Ich mache mein Leben lang Fernsehen. Jetzt habe ich so eine Sehnsucht nach der Live-Atmosphäre, nach Publikum! Endlich muss ich nicht mehr ständig diese Kameralinse vor mir haben.

Vermissen Sie nicht trotzdem manchmal das Traumschiff?

Rauch: Überhaupt nicht. Es ist ein schönes Kapitel gewesen, aber nach 14 Jahren ist es auch genug. Ich schließe immer mal gerne ein Kapitel ab, und zwar meistens dann, wenn’s am schönsten ist. Dann behält man das Ganze in einer ewigen guten Erinnerung. Dafür liebe ich nun meine Live-Auftritte, etwa hinten in meinem Stall. Das ist ein großer, schön ausgebauter Raum, wo ich Leuten aus meinem Buch vorlese und meine Anekdoten erzähle.

Sie sagten auch mal, dass Sie froh sind, nicht mehr wegfahren zu müssen…

Rauch: Ich weiß noch, als Kind, da dachte ich: Mein Gott, die Welt ist so groß! Aber schade, dass du sie nie sehen wirst … Aber dann kam alles anders (lacht). Jetzt habe ich die ganze Welt 15 Mal gesehen … Und jetzt reicht’s auch.

Und jetzt genießen Sie den schönen Spätsommer in den Bergen mit Ihrer Familie?

Rauch: Ich hab sehr viel Zeit im Leben meiner eigenen Kinder versäumt. Weil ich immer wegmusste! Diesen Fehler will ich bei meinen Enkeln nicht mehr machen. Außerdem brauche ich die Jahreszeiten. Ich kann nicht leben in einem Land, wo der Juli genauso ist wie der Dezember. Und ich brauche die bayerische Kultur und Geschichte.

Noch eine Frage zu dem Musikfestival: Es hat das Motto „Wege“. Haben Sie noch Weggefährten, die Sie vermissen, etwa vom Traumschiff?

Rauch: Ich hab mit allen noch Kontakt! Die kommen immer gerne hierher. Das ist wie so eine Traumschiff-Basis hier! Demnächst kommt wieder der Oberbeleuchter mit seiner Frau, dann schaut der Fotograf vorbei, dann kommt auch regelmäßig Wolfgang Rademann. Und der will dann seinen Schweinebraten … Also hier kreuzt sich alles. Hier ist die große Traumschiffkreuzung. (lacht)

Herr Rauch, kann Sie eigentlich noch irgendetwas erschüttern? Sind Sie zum Beispiel aufgeregt vor Ihrem Konzert nächste Woche?

Rauch: Nein! Sich darüber aufzuregen, wäre blöd. Es gibt ja eigentlich keine Vorteile im Alter. Aber das ist einer: Man nimmt gewisse Dinge einfach nicht mehr so tragisch.

Interview: Andrea Stinglwagner

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