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Alltagstest Porsche Cayenne: Das braucht ein Hybrid-SUV wirklich

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Alltagstest Porsche Cayenne: Das braucht ein Hybrid-SUV wirklich
Mit der Kraft der zwei Herzen unterwegs: 2,4 Tonnen Masse wollen bewegt werden, da hilft der E-Motor kräftig mit. © Porsche

Kann Hybridtechnik, also die Kombi aus Verbrenner und E-Motor, schwere SUVs vor dem Aussterben retten? Wir machten den Test beim neuen Porsche Cayenne Coupé.

"Progressiv, athletisch, emotional!" So präsentierte Porsche*-Chef Oliver Blume das neue Baby vor ziemlich genau einem Jahr in Stuttgart. Das Coupé sollte im Revier von BMW X6 und Mercedes Benz GLE Coupé räubern. Mit einem denkbar einfachen Konzept: Man nehme eine bestehende Karosserie, verflache die Dachlinie nach hinten, schon hat man eine elegantere und knackigere Variante für die automodebewusste Klientel.

Alltagstest Porsche Cayenne: Das braucht ein Hybrid-SUV wirklich
Die steil abfallende Coupélinie steht dem Cayenne gut. © Porsche

Coupé-hafte Linien verleihen zwar einen fescheren Auftritt, meistens kosten sie aber auch Platz. Nicht so im Cayenne - zumindest bei den Passagieren. Obwohl die Dachlinie im Vergleich zur normalen Ausgabe um 20 Millimeter flacher verläuft, haben Fondpassagiere genauso viel Platz. Dazu haben die Konstrukteure die hintere Sitzreihe einfach um drei Zentimeter tiefer gelegt. Und mit einem weiteren Trick das Raumgefühl verbessert. Im neuen Cayenne ist man dem Himmel ein Stück näher. Schon in der Serienversion gibt es das Coupé mit einem 2,16 Quadratmeter großen Festglasdach. Es geht übergangslos in die Frontscheibe über. Dadurch wird der Raum optisch erweitert, der Himmel ist das Limit. Nur beim Kofferraumvolumen musste das Coupé Federn lassen. 150 Liter sind es weniger als beim herkömmlichen Cayenne.

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Wer die Cockpitlandschaft mit mehr Wärme ausgestattet haben will, für den gibt es ausreichend Leder und andere Individualisierungsmöglichkeiten. © Porsche

Porsche Cayenne E-Hybrid bringt 2,4 Tonnen auf die Waage

"Schwer ist leicht was" hat einmal der berühmte Kabarettist Ottfried Fischer gesagt. Und das trifft auch auf den Cayenne E-Hybrid zu. Mit über 2,4 Tonnen schleppt der SUV eine gewaltige Masse mit sich herum. Hybrid kostet eben Gewicht. Ein zusätzlicher Elektro-Motor, der Akku, die Leistungselektronik – das macht den Cayenne mit der Kraft des Doppelherzens um über 300 Kilogramm schwerer als die normale Version. Und das wiederum frisst Energie, wahlweise Strom oder Benzin. Aber das ist ein Paradoxon, das in alle Hybrid-Fahrzeuge eingebaut ist: Man packt mehr Gewicht ins Auto, um dann umweltfreundlicher unterwegs zu sein.

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Benzin und Strom - der Porsche Cayenne E-Hybrid will auf zwei Arten betankt werden. © Porsche

Ob hybrid oder herkömmlich - gemeinsam haben die beiden Cayenne-Modelle den Sechszylinder-Motor. Ein prächtiges Stück Zuffenhausener Motorbaukunst. Ein Triebwerk, dem nicht so schnell die Luft ausgeht: Das maximale und mächtige Drehmoment von 450 Nm setzt schon bei 1.340 U/min ein und lässt erst 4.000 Umdrehungen später ein wenig nach. Allein diese Maschine wäre schon vergnügungssteuerpflichtig.

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Grünliche Bremssättel signalisieren: Dieser Cayenne will ein eingebautes Umweltgewissen haben. © Porsche

In fünf Sekunden auf 100

Aber beim Hybrid setzt Porsche noch einen drauf. Das ist gelernte Technik vom Supersportwagen 918 Spyder. Die E-Maschine wird dabei als Booster verwendet. Ein elektrischer Turbolader, wenn man so will. Das heißt er unterstützt den Verbrenner vor allem bei den Leistungsspitzen. Nur so ist es möglich, dass der Hybridsportler sein Gesamt-Drehmoment auf 700 Nm steigert, in knapp fünf Sekunden von 0 auf 100 rennt - und das ziemlich zügig. Dabei merkt man das Zusammenwirken von E-Maschine und Verbrenner überhaupt nicht. Die Übergänge sind fließend und ruckelfrei.

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Als E-Hybrid hat der Cayenne auch artspezifische Digitalanzeigen an Bord wie zum Beispiel die Elektro-Reichweite. © Porsche

Fahrmodi lassen sich übers Lenkrad einstellen

Dass sich der E-Motor dem Leistungsprinzip unterordnet ist der Sportmarke Porsche geschuldet und immer der Fall, wenn man in den Modi Sport und Sport Plus unterwegs ist. Das heißt der Verbrenner läuft immer, der E-Motor boostet mit. Man kann auf dem geriffelten Drehknopf am Lenkrad aber noch zwei weitere Fahrprogramme einstellen. In der Stellung "Hybrid Auto" ergänzen sich die beiden Maschinen und laufen je nach Kraftbedarf wechselweise alleine. Im Modus "E", man ahnt es schon, begibt sich der Cayenne E-Hybrid auf leise Sohlen und flüstert elektrisch vor sich hin. Bis zu 37 Kilometer, sagt Porsche. Hängt natürlich ganz von der persönlichen Fahrweise ab.

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Vier verschiedene Fahrprogramme kann man an dem Drehregler unter der rechten Lenkradspeiche einstellen. © Porsche

Wir haben beim Verbrauchscheck die Variante "Hybrid Auto" einmal genauer unter die Lupe genommen. Nachdem wir den 14,1 kWh-Akku des Hybrid-Sportlers mühselig an einer herkömmlichen Haushaltsteckdose aufgeladen hatten (es hat knapp zwölf Stunden gedauert, geht an aber an einer modernen Zapfstelle auch in 2,5 Stunden), fuhren wir den Cayenne so lange bis die Batterie leer war. Das Ziel lautete: Alltagstauglichkeit des Systems und vor allem die Verbräuche zu testen und zu sehen, wie viel Vernunft tatsächlich in diesem Antrieb steckt.

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Mit der Kraft der zwei Herzen unterwegs: 2,4 Tonnen Masse wollen bewegt werden, da hilft der E-Motor kräftig mit. © Porsche

Das ergab unser Fahrtest

Mit einem verblüffenden und so nicht erwarteten Ergebnis: Erst nach einer Fahrzeit von einer Stunde und 23 Minuten durch die Stadt, und dann flott über Land, ging dem Akku der Saft aus. Dabei legten wir 65 Kilometer zurück, der Verbrauch lag bei 6,9 Litern auf 100 km (und bei der gefahrenen Strecke damit bei tatsächlichen 4,5 Litern). Dazurechnen muss man freilich noch die Stromkosten. Die Kilowattstunde an einer öffentlichen Ladesäule kostet aktuell zwischen 29 und 40 Cent, je nach Vertrag und Anbieter. In unserem Fall haben wir mindestens 3,40 Euro verstromert. Wenn man das wiederum in Benzin umrechnet, landet man alles in allem bei einem um zwei bis drei Liter höheren Verbrauch.

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Alltagstest Porsche Cayenne: Das braucht ein Hybrid-SUV wirklich
Verbrauchswerte im Check: Bei unserer Versuchsfahrt haben wir bewusst die Akkukapazitäten leer gefahren, um uns ein realistisches Bild zu machen. © Bögel

Für so ein schweres Auto mit dieser Leistungsperformance ist das aber kein schlechter Wert. Insofern ist dieser Fahrspaß von den Kosten her schon mal nicht unvernünftig. Auch die getestete hybride Reichweite von 65 Kilometern dürfte dem durchschnittlichen Berufspendler genügen, so dass er unterwegs nicht aufladen muss. Wieder ein Punkt für die Vernunft. Ob so ein Hybridauto zumindest ein Stück weit umweltfreundlich ist, das hängt ganz davon ab, wie der Strom produziert wird. Ist er regenerativ erzeugt – dann darf man fast schon ein beruhigtes Umweltgewissen haben.

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Das Auge fährt mit: Das Porsche-Cockpit strahlt eine zeitlose Unterkühltheit aus. © Porsche

Unser Fazit zum Doppelherz-Porsche

Das große Plus ist die blitzsaubere Performance der beiden Motoren. Die Fahrleistungen sind fast so stark wie beim knapp 4.000 Euro teureren S Coupé. Und das eigene Gewissen bekommt zumindest einen leicht grünlichen Schimmer.

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Datenblatt Porsche Cayenne E-Hybrid Coupé

Hubraum:2.995 ccm
Leistung:340 PS bei 5.300 - 6.400 U/min
Drehmoment:450 Nm zwischen 1.340 - 5.300 U/min
Leistung E-Maschine:136 PS
Drehmoment E-Maschine:400 NM
Elektrische Reichweite (Stadt):37 km
Systemleistung:462 PS
System-Drehmoment:700 Nm
Getriebe:8-Gang Tiptronic S
Antrieb:Allrad
Länge/Breite/Höhe:4,94/1,68/2,19 m
Leergewicht EU-Norm (zul):2.435 kg / 695 kg
Kofferraum:425 - 1420 l
0 auf 100 (mit Sport-Chrono-Paket):5,1 Sekunden
Top-Tempo:253 km/h
Kraftstoffverbrauch:4,0 l
Stromverbrauch:23,3 kWh / 100 km
Co2:91 g/km
Emissionsklasse:Euro 6d Temp-Evap-Isc
Preis:ab 95.968 Euro

Rudolf Bögel

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