Kleiner Motor, vier Zylinder: Ist dieser Jeep überhaupt noch ein echter Wrangler?

Er ist das Urgestein aller Geländewagen. In der vierten Generation gibt es den Jeep Wrangler nur noch als kastrierten Vierzylinder- oder als Hybrid. Ende eines Kult-Autos?
- So viel Kult steckt noch in der Offroad-Ikone.
- Daher der Name – warum der Jeep so heißt.
- Stark wie ein Bär: Das kann der Hybrid-Jeep.
Jeeps gab es früher viele. In der Umgangssprache nannte man nahezu jedes Auto, mit dem man ins Gelände fahren konnte, Jeep. Auch wenn es eine Mercedes G-Klasse, ein Landrover oder ein Land Cruiser von Toyota war. Heutzutage sagt man SUV dazu. Mit manchen SUVs kann man noch nicht mal einen groben Feldweg fahren. Aber warum heißt der Jeep eigentlich Jeep?

Schlampige Aussprache: So kam der Jeep Wrangler zu seinem Namen
Der Markenname, so viel steht fest, tauchte vor 80 Jahren in der Öffentlichkeit auf, als der Chef-Testfahrer des Fahrzeugerfinders Willys den ersten in Großserie gebauten Geländewagen der Welt mit den Worten vorstellte: „It‘s a Jeep“. Ein Spruch den der amerikanische Motorradhersteller Harley Davidson in einem späteren Werbesport abkupferte. Dort sagt ein Mann, als eine Harley mit dem typischen Auspuffsound vorbeifährt: „It‘s a Harley“. Vermutlich ist der Name Jeep* aber eher das Produkt einer schlampigen Aussprache. Bei Willys rangierte das Fahrzeug in der Kategorie General Purpose Vehicle (Mehrzweck-Fahrzeug). Abgekürzt GP - und daraus wurde wiederum Jeep. Auch auf die Frage, warum der Jeep nach einer Jeansmarke benannt wurde, gibt es eine Antwort. Wrangler nennt man in den USA auch den Cowboy oder das Cowgirl. Dass das Wort mittlerweile auch als Synonym für Streithammel steht, liegt vielleicht daran, dass Cowboys nach einem langen Ritt und einem längeren Aufenthalt im Saloon vermutlich ziemlich streit- und rauflustig aufgelegt waren.
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Wehe wenn es regnet, die Rinne ist zu kurz!
Bei Jeep dürfte man eher den Cowboy im Kopf gehabt haben, denn schließlich soll sich dieses Fahrzeug wie ein Reiter durch das Gelände bewegen können. Und das kann auch der Jeep in der neuen Generation. Ist natürlich Ehrensache für den traditionsreichen Hersteller, auch wenn der nicht mehr in den USA sitzt, sondern mittlerweile zum europäischen Stellantis-Konzern (Peugeot, Citroen, Opel, Fiat, Chrysler, Alfa Romeo, Maserati) gehört. Der Wrangler kann Gelände. Mit Allrad natürlich, Starrachse, Schraubenfedern und Differenzialsperr selbstverständlich. Die Bodenfreiheit liegt bei 25 Zentimetern, die Wattiefe bei 76 Zentimetern. Das reicht, um auch durch die unwirtlichsten Gegenden der Welt zu kommen. Unsere Testfahrt führt uns allenfalls durch den modernen Großstadtdschungel in Deutschland und ist keinen Deut abenteuerlich. Sieht man mal davon ab, dass wir jedes Mal beim Ein- und Aussteigen patschnass werden, wenn es geregnet hat oder wenn Schnee auf dem Auto liegt. Der Grund: Die Rinne auf dem Dach des Wranglers ist so kurz geraten, dass sie auf den Fahrer suppt und tropft, sobald die Türe geöffnet ist.

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Der Wrangler ist Kult wie Cola und Jeans
Das ist auch schon das einzige Manko, das wir am Jeep finden. Schließlich ist das ein Auto, das man nicht mit normalen Maßstäben messen kann. Der Wrangler ist Kult wie Cola und Jeans. Und wer mit ihm unterwegs ist, erntet entweder Anerkennung von Nostalgikern oder wird schief angeschaut, weil der Jeep in vielen Augen halt auch nur ein SUV ist. Und leider säuft das Geländefahrzeug auch wie ein SUV. Die 10,8 Liter, die man bei Jeep freiwillig als Angabe herausrückt, sind tatsächlich der unterste Wert. Mit zwölf Litern ist man da eher dabei, auch wenn man den Zweitonner nicht durch die Gegend scheucht. Und dabei haben wir nicht etwa einen fetten US-amerikanischen „big block“ unter der Motorhaube, sondern einen gerade mal 2,0 Liter großen Vierzylinder Turbo-Benziner. Immerhin wurde der auf 270 PS aufgepumpt. Der Durchzug ist fein, das Drehmoment mit 400 Nm ausreichend. Bei 3.000 Umdrehungen geht es ordentlich zur Sache. Das fühlt sich doch richtig dynamisch an, ganz ohne Diesel. Und die 7,3 Sekunden von 0 auf 100 sind ja auch nicht schlecht für die Menge an Stahl und sonstiger Metalle, die man durch die Gegend schiebt.

Nur ein kleiner Vierzylinder? Das sind die Alternativen
Wem das zu wenig ist, der muss auf ein Importmodell zurückgreifen, beispielsweise auf den JL Rubicon 392. Der fährt standesgemäß mit einem V8-Motor vor, mit 470 PS und einem Drehmoment von 637 Newtonmeter (Nm). Darfs ein bisserl weniger sein? Dann bietet Stellantis neuerdings seinen Jeep als Plug-In-Hybrid an. Für echte Fans ist das ein brutaler Sündenfall. Allerdings hat die Kombi aus E-Motor und dem gleichen Benziner, der im „normalen“ Wrangler schon seinen Dienst tut, eine brutale Power. Zu den 270 PS kommen noch mal 110 dazu, und das Drehmoment ist genauso stark wie im Achtzylinder-Monster. 637 Nm und 380 PS wuchten den Jeep in 6,4 Sekunden von 0 auf 100. Ob die Verbrauchswerte, die mit 4,1 Liter angegeben werden, in der Praxis so stehen bleiben, darf bezweifelt werden. Ist die Batterie nach 40 Kilometern erst mal leer, dürfte der Treibstoff im armdicken Strahl in die Brennkammern gepumpt werden. Schließlich wiegt der Hybrid noch mal ein paar hundert Kilo mehr (circa 2,4 Tonnen). Realistisch dürfte ein zweistelliger Wert sein, der im günstigsten Fall nah an der 10 liegt.

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Bis Tempo 100 fährt sich der Jeep ganz gemütlich
Aber zurück zum Solo-Benziner, der eigentlich völlig genügt, wenn man sich mal von dem Gedanken frei gemacht hat, dass alles unter acht Zylinder Verrat an der traditionsreichen Marke ist. Zufrieden mit der Beschleunigung bringen wir den Wrangler auf der Autobahn jenseits der 100. Bis dahin ist er erstaunlich ruhig, das neue Soft-Top, das im Vergleich zum alten Modell angeblich kinderleicht zu öffnen ist (wir konnten es mitten in der kalten Jahreszeit leider nicht ausprobieren), dämmt die Geräuschkulisse. Dass es dann lauter wird, je mehr man den Jeep hetzt, ist kein Wunder. Denn so richtig windschlüpfrig ist die Karosserie natürlich auch heute noch nicht. Das Fahrwerk ist komfortabel ausgelegt, selbst bei langer Fahrt tut einem das Kreuz nicht weh. Auch bei Asphaltpisten, die aus den Anfängen des Straßenbaus stammen, schaukelt sich die Karosserie nicht auf. Das Fahrwerk bleibt trotzdem verbindlich und bequem, mit dem nötigen Schuss Härte.

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Darf man so ein Auto heutzutage noch haben? Unser Fazit
Ob es zeitgemäß ist, einen Jeep zu fahren, diese Frage muss jeder für sich selbst beantworten. Der kleine Benziner mit oder ohne Elektromotor steht jedenfalls grundsätzlich für einen vernünftigen Antrieb. Damit braucht der Wrangler nicht mehr als die Armada an Mittel- und Oberklasse-SUVs, die sich durch die Großstädte schieben. Der Wrangler ist zwar vom Design her eine zeitlose Schönheit und zieht deshalb auch an Lifestyle orientierte Kunden an, man darf aber trotzdem nicht vergessen, dass dieser Jeep auch ein Arbeitstier ist. Mit 2,5 Tonnen Anhängelast hat er eine ordentliche Zugkraft. Und wer ab und zu ins Gelände muss, zum Beispiel als Förster oder Reiter – für den ist ein Jeep Wrangler nach wie vor eine gute Option. Der Einstiegspreis beim ohnehin schon top ausgestatteten Basis-Modell liegt bei knapp 56.000 Euro. Selbst mit Leder und technischem Schnickschnack wie Front-Offroad-Kamera kommt man gerade mal auf knapp 60.000 Euro. Das ist zwar nicht gerade billig, aber so ein fahrender Cowboy mit Kultcharakter und US-Flair hat halt seinen Preis.
Technische Daten Jeep Wrangler 2,0 l TGDI 4x4 Sahara
- Motor: 2,0 Liter Turbo-Benziner, Vierzylinder
- Hubraum: 1995ccm
- Leistung: 200 kW (270 PS) bei 5.250 U/min
- Drehmoment: 400 Nm bei 3.000 U/min
- Antrieb: 8-Gang-Automatikgetriebe, Allrad
- 0-100 km/h: 7,3 Sekunden
- Spitze: 180 km/h
- Normverbrauch: 10,8 l/100 km
- CO2-Emission: 243 g/km
- Länge / Breite / Höhe: 4,33 / 1,89 (Soft Top) / 1,89 Meter
- Kofferraum: 548 - 1049 l
- Leergewicht / Zul: 1883 - 2313 (je nach Länge und Ausstattung) / 430 kg
- Anhängelast (gebr.) 2.495 kg
- Wendekreis: 10,4 m
- Preis: Grundmodell ab 56.500 Euro
Rudolf Bögel *tz.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.