1. tz
  2. Auto

Harte Konkurrenz für Porsche und BMW: Der neue Power-SUV Maserati Grecale Trofeo im Fahrtest

Kommentare

Maserati Grecale Trofeo gelb
Kann er Porsche Macan und Co das Fürchten lehren? Nach dem Levante bringt Maserati das zweite SUV, den Grecale. © Maserati

Frischer Wind bei Luxus-SUVs – wie stark ist der neue Maserati Grecale? Erste Testfahrten im Spitzenmodell Trofeo mit 530 PS.

In den Wind gesprochen. Mistral, Levante, Ghibli – Maserati hat sich bei der Namensgebung seiner Modelle den verschiedenen Mittelmeer-Winden verschrieben. Und jetzt kommt ein Neuer hinzu. Grecale heißt er, kommt, wie der Name schon sagt aus Griechenland und ist eigentlich ein kalter Wintersturm. Im Gegensatz zum Namen ist der neue Grecale ein heißblütiger Italiener vor allem für die begüterte Klientel. Er soll für frischen Wind im Segment der Luxus-SUVs sorgen.

Maserati Grecale Modena weiß
In der Ausführung Modena hat der Grecale 330 PS und spurtet immerhin in 5,3 Sekunden von 0 auf Tempo 100. © Maserati

Wird der Grecale zum „Wind Of Change“ für Maserati?

Ein laues Lüftchen kann sich Maserati mit dem Grecale jedenfalls nicht leisten. Der Stellantis-Konzern, zu dem die Italiener mittlerweile gehören, hat für die kultige Sportmarke aus dem norditalienischen Modena nämlich jede Menge Geld locker gemacht. Zum ersten Mal seit vielen Jahren durfte Maserati mit dem MC 20 einen komplett neuen Sportwagen entwickeln. Noch dazu mit einem eigenen Motor und nicht wie sonst mit einem Derivat des ungeliebten Wettbewerbers Ferrari. Das Nettuno-Triebwerk ist ein V6-Biturbo-Benziner mit Rennsport-Genen – und spielt auch im Grecale eine Rolle. Das SUV soll im Vergleich zum MC 20, der ein reines Nischenprodukt ist, vor allem frischen Wind in die Konzernkasse bringen. Als Volumenmodell ist er zum Erfolg verdammt, und soll die Marke wieder ordentlich in die Rentabilitätszone fahren. Ob der Grecale zum „Wind Of Change“ taugt, wird sich noch zeigen.

Maserati Grecale innen rotes Leder
Viel Leder, kein hässlicher Kunststoff. Beim Grecale setzt Maserati auf eine edle und gediegene Ausstattung. Hier die Prima Serie. © Maserati

BMW, Mercedes, Range Rover – wen will Nettuno aufgabeln?

Jedenfalls will der Grecale der Konkurrenz den Wind aus den Segeln nehmen. Und die ist zahlreich und voller klingender Namen. Aber wen will der Dreizack eigentlich auf die Gabelspitzen setzen? Ist es der X3 von BMW, gar der X5? Der GLC von Mercedes oder doch schon der GLE? Denn von den Maßen her rangiert der Grecale irgendwo dazwischen. Mit einer Länge von 4,86 Metern und einem Radstand von 2,90 Metern ist er größer als er eigentlich wirkt. Bei den Ansprüchen jedoch auf Augenhöhe. Premium darf es schon sein. Der Konzernbruder Alfa Romeo Stelvio mag zwar auf der gleichen technischen Plattform stehen – aber gehört zu einer ganz anderen Klasse. Da orientiert man sich lieber an Range Rover Velar oder Porsche Macan. Dank „Nettuno“-Motor in der Topversion „Trofeo“ schnupft Maserati hier sogar den Macan GTS. Preislich ist der Grecale auf alle Fälle „Premium“. Wer die Einstiegsvariante „GT“ haben will (300 PS) oder den etwas besser motorisierten „Modena“ (plus 30 PS) der wird so um die 70.000 Euro hinblättern müssen. Der Trofeo dürfte dann allerdings schon satt im sechsstelligen Bereich landen.

Maserati Grecale Dreizack
Den Dreizack findet man nicht nur auf dem Kühlergrill, sondern auch auf der Schulter, farblich akzentuiert je nach Modell. © defuntis / maserati

Einen Plug-In-Hybrid wird es vom Grecale nicht geben

„GT“ und „Modena“ werden mit einem Mild-Hybrid-System bestückt. Das heißt, hier treibt ein Vierzylinder-Turbo-Motor an, ebenfalls eine Eigenentwicklung von Maserati. Einen Plug-In-Hybrid wird es nicht geben – diesen Schritt wollen die Ingenieure aus Modena auslassen und später dann gleich voll auf Elektro umsatteln. Abgesehen von Details wie dem Dreizack auf der Karosserie-Schulter, der sich je nach Modell farblich unterscheidet, gleicht sich das Grecale-Trio wie ein Ei dem anderen. Gieriger Frontgrill mit Neptuns Gabel im Zentrum, ein weit nach hinten gesetztes Fahrerhaus, Coupé-Silhouette, kräftige Hinterbacken und Bumerang-Rückleuchten, die sich vom 3200 GT herleiten lassen. Kritische Geister wollen in der Frontpartie Ähnlichkeiten zum Ford Puma entdeckt haben. Da muss man aber schon sehr viel Fantasie haben. Das Interieur des Grecale ist so prächtig wie schon lange nicht mehr bei einem Maserati. Hier wurde aus dem frischen Wind schon eine steife Brise. Vor allem, was die Digital-Ausstattung anlangt,

Maserati Grecale Display Armaturenbrett
Noch nie hatte Maserati ein so großes Display. Es wirkt nach unten gebogen, dabei ist es nur ein zweiter Bildschirm. Geschickt gemacht. © Davide De Martis / Maserati

Das größte Display in der Geschichte Maseratis

Mit dem riesigen gebogenen Zentral-Display in der Mitte fühlt man sich nicht nur wie in einer Pilotenkanzel, sondern stellt noch einen hauseigenen Rekord auf. „Der größte, der je in einem Maserati zu sehen war“, heißt es dazu aus Modena. Ein Zugeständnis für USA und die China-Märkte. Hier heißt digital auch manchmal nur groß. Die Bildschirm-Diagonale ist das eine, die Bedienbarkeit steht auf einem anderen Blatt. Aber auch hier haben sie bei Maserati gute Arbeit geleistet. Schon nach kurzer Eingewöhnungszeit findet man sich gut zurecht. Platz ist im Fond ausreichend vorhanden, auch hinten haben es die Passagiere mehr als bequem. Der 1,90 Meter große Kollege jedenfalls fühlte sich bei der ersten Sitzprobe augenscheinlich wohl. Dass man nirgends hässlichen Kunststoff sieht, das ist in dieser Klasse nicht selbstverständlich, beim Grecale wirkt alles wertig, schöne Oberflächen mit viel Leder und Steppnähten.

Maserati Grecale Detail Uhr Armaturenbrett
Aus dieser Uhr auf dem Armaturenbrett des Grecale wird auf Knopfdruck ein G-Meter oder ein Kompass. © Davide De Martis / Maserait

Uhr, Kompass, G-Meter in einem einzigen Instrument

Viel Liebe zum Detail haben die Techniker auch im digitalen Innenleben walten lassen. Als bestes Beispiel ist die auf dem Armaturenbrett thronende Uhr als Rundinstrument. Dass das Zifferblatt eigentlich ein Display ist, merkt man erst, wenn man per Tastendruck auf dem unteren gebotenen Bildschirm das Uhren-Layout verändert. Von klassisch, über sportlich bis modern – oder man lässt sich hier die Querbeschleunigung anzeigen und die Brems-Power. Für den Fall, dass auch das Navi orientierungslos ist: Schwuppdiwupp wird aus der Uhr ein Kompass. So etwas erobert unsere Herzen im Sturm. Ziemlich windig finden wir allerdings, dass die verschiedenen Fahrprogramme (Comfort, GT, Sport, Corsa und Off-Road) im Menü versteckt sind, sodass man immer leicht abgelenkt wird, wenn man umschalten will oder muss. Konsequent modern ist allerdings die Schaltung. Sie erfolgt nicht per Hebel, oder per Drehrad – sondern mit vier Tasten, die gleich unterhalb des Displays untergebracht sind.

Maserati Trofeo gelb Heck
Vier Endrohre, Diffusor und dicke Backen. Auch von hinten ist der Grecale in der Ausführung Trofeo ein stattlicher Anblick. © defuntis / Maserati

Wer blinken will, verheddert sich in den Schaltwippen

Auszusetzen haben wir auch etwas am HUD, am Head-Up-Display. So nützlich und fahrerorientiert Basisinformationen wie gefahrene Geschwindigkeit und Tempolimit sind, so optisch nervig ist die stilisierte Navi-Karte, die zu verspielt ist und viel zu viele Straßen anzeigt. An manchen Stellen, wie etwa an großen Autobahnkreuzungen, wirkt sie mehr wie eine Schlangengrube. Verwirrend ist zunächst auch die Suche nach Blinker und Scheibenwischerhebel. Sie sind zwar dort, wo sie hingehören, seitlich am Lenkrad. Allerdings werden sie verdeckt von den Schaltwippen, die auch viel zu groß sind. Man muss sich immer an ihnen vorbeifummeln, um blinken zu können. Ein Wunder, dass man sich da nicht verheddert.

Maserati Grecale Motor
Nettuno - so wie der Gott des Meeres heißt der Motor, den Maserati zunächst für den Sportwagen MC 20 entwickelt hat. Jetzt auch im Grecale. © defuntis / Maserati

Für Tempo 200 benötigt der Grecale nur 13,8 Sekunden

Eine klare Sache ist hingegen das Fahren eines Grecale. Speziell, wenn man das Glück hat, mit einem Trofeo unterwegs zu sein. Um im Bild zu bleiben, dann gilt hier das Sprichwort: Wer Wind sät, wird Sturm ernten. Der Wind, das sind „GT“ und „Modena“ mit ihren 300 respektive 330 PS, der eigentliche Himmelsstürmer heißt Trofeo. Traditionell die Top-Modelle von Maserati. Das Herz ist die Nettuno-Maschine, die in etwas anderer Ausprägung auch den MC 20 antreibt: Beim Grecale sind es mit 530 aber ganze 100 PS weniger. Trotz der zwei Tonnen Gewicht schiebt Neptuns V6-Zylinder mit Biturbo-Aufladung den Grecale mühelos an. In 3,8 Sekunden geht es auf Tempo 100, zehn Sekunden später fällt die 200er-Marke. Dabei orchestriert die vierflutige Auspuffanlage kräftig mit, aber bleibt jederzeit im dezent-charmanten Bereich. Bei vollem Durchzug jedoch verschafft sich der Motorsound mit einem Trompetenstoß von Jericho ordentlich Gehör. Gehört sich auch so für so ein Auto.

Luftfederung gehört beim beim Trofeo zur Serien-Ausstattung

Dass der Grecale Trofeo auch beim Handling meisterhaft ist, dafür sorgen schon die Gene aus dem Hause Maserati und die Abstimmung auf dem hauseigenen Rennkurs in Balocco. Serienmäßig kommt der Trofeo mit einem Luft-Fahrwerk daher. Besonders gut gelungen ist die Differenzierung der einzelnen Fahrprogramme. Wer von Comfort über GT zu Sport und Corsa umschaltet, spürt tatsächlich jedes Mal einen großen Unterschied. Auf den vom chronischen Geldmangel gekennzeichneten italienischen Straßen, ist GT manchmal schon zu hart, da hilft nur Comfort. In den Kurven liegt der Grecale Trofeo tatsächlich wie ein Sportwagen, wie ein erster Fahreindruck auf Teststrecken in Mailand zeigt.

Maserati Grecale Folgore
Ein Auto wie Blitz und Donnerhall. Der Folgore hat einen rein elektrischen Antrieb und soll ab Mitte 2023 auf den Markt kommen. © Maserati

Elektrisch wie ein Blitz: Grecale Folgore kommt 2023

Ausgeliefert wird der Grecale in der zweiten Jahreshälfte 2022 – genau ein Jahr später bekommt das neue Modell dann neuen Rückenwind. Dann folgt nämlich die rein elektrische Variante „Folgore“. Alles, was man bisher weiß, deutet auf eine Akku-Größe von 105 kWh hin, was eine Reichweite von über 500 Kilometern bedeuten könnte. 350 kW (476 PS), sowie 800 Newtonmeter Drehmoment sollen die Motoren leisten. Einer vorne und zwei hinten, wird spekuliert. Das Bordnetz wird allerdings nicht mit der schnellen 800-Volt-Technologie ausgerüstet sein, sondern bietet „nur“ 400 Volt. Trotzdem könnte aus dem ersten Elektro-Modell von Maserati ein Auto werden wie Blitz und Donnerhall. Folgore heißt auf Deutsch nämlich nichts anderes als Blitz. (Rudolf Bögel) *tz.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

Auch interessant

Kommentare