Aus für Verbrenner: Der neue Elektro-Sportwagen von Lamborghini wird ein GT
Christiano Ronaldo hat einen, Franck Ribery hatte einen. Lamborghinis sind das Statussymbol der Stars. Auch im Elektrozeitalter?
Kleines Quiz: Wer ist profitabler als Porsche und hat Anfang der 60er Jahre noch Traktoren hergestellt? Auto-Liebhaber haben darauf pronto und vor allem presto die passende Antwort parat. Lamborghini steuert heuer auf einen Auslieferungsrekord zu und hat erst 1964 mit dem 350 GT den ersten Sportwagen gebaut. Damals schon mit einem Zwölfzylinder-Motor. Wie der Landmaschinenhersteller zur PS-Schmiede wurde – darum ranken sich zahlreiche Geschichten und Gerüchte. Die vielleicht schönste: Weil Feruccio Lamborghini mit seinem Ferrari immer Probleme hatte, beschwerte er sich bei Enzo Ferrari persönlich. Beim anschließenden Wortgefecht soll der „commendatore“ gesagt haben, dass Lamborghini keine Ahnung habe, weil er nur Traktoren bauen kann. Die Antwort ließ nicht lang auf sich warten.

Fast 10.000 Lambos werden heuer ausgeliefert
Der Umbruch vom Bulldog-Bauer zum Sportwagenhersteller war zweifelsohne eine große Herausforderung. Vor mindestens einer ebenso anspruchsvollen Aufgabe steht Lamborghini auch heute: Kein Verbrenner mehr ab 2035 – Wie soll der Supersportwagen der Zukunft aussehen, und wie will man die Erfolgsstory fortsetzen, die gerade seinen Höhepunkt erreicht? „Wir erwarten das beste Jahr der Unternehmensgeschichte“, sagt Lamborghini-Chef Stephan Winkelmann im Interview. In Zahlen heißt das: Der Umsatz ist im ersten Halbjahr um 33 Prozent gestiegen, die Rentabilität soll dem Vernehmen nach sogar über der von Porsche (aber noch unter der von Ferrari) liegen. Und zum ersten Mal wird man 2022 knapp unter 10.000 Autos ausliefern. Immer mehr, immer jüngere Kunden, natürlich alle gut betucht, wollen das Sportauto mit Stierlogo haben. Der Löwenanteil geht dabei in die USA (2.700), dann folgt aber schon China mit rund 1.000 Exemplaren. Urus sei Dank – denn das SUV verkauft sich dort besonders gut. Etwa die Hälfte der ausgelieferten Lambos sind Urus.

Aventador kommt mit Zwölfzylinder-Sauger und E-Maschine
Doch wie geht es weiter mit der Edelmarke aus Sant´Agata Bolognese? Denn die Kunden sind jung und wollen mehr Nachhaltigkeit. Heutzutage im Schnitt Mitte 40, aber nach Marktanalysen schon 2025 unter 40. Auch für die Supersportwagen bedeutet das: Hybridantrieb. Der Aventador macht schon im nächsten Jahr den Anfang. Er rollt als Plug-in-Hybrid an, aber standesgemäß kombiniert mit einem Zwölf-Zylinder-Saug-Motor. Huracan und Urus stellen 2024 auf Doppel-Antrieb um. „So lange wie möglich“, sagt Winkelmann auf die Frage, wann der letzte Verbrenner aus einem Lambo entfernt wird. Also bis inklusive 2036 (Kleinhersteller haben ein Jahr Aufschub), notfalls auch mit E-Fuels. Parallel dazu will Lamborghini ein echtes Elektroauto auf die Räder stellen.

Und so soll das vierte Modell von Lamborghini aussehen
Ominös wird es als viertes Modell bezeichnet nach Aventador, Huracan und Urus. Und es wird ein GT sein, wie Winkelmann verrät: „Der GT ist, wenn wir uns mit anderen Herstellern im Segment vergleichen, das einzige Auto, was noch fehlt. Und beim GT haben wir eine Expertise.“ 350 und 400 GT waren ja auch die ersten Sportautos, die Lamborghini nach den vielen Traktoren gebaut hat. Solche Exemplare werden heutzutage mit Preisen weit über 300.000 Euro gehandelt. Modell 4 wird ein 2+2-Sitzer sein „mit einer neue Formensprache und etwas mehr Bodenfreiheit“, so Winkelmann. Was logisch ist, weil im Unterboden üblicherweise die Akkus eingebaut sind.
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Vielleicht geht es in die Richtung eines Shooting Breaks, ein Kombi wird es definitiv nicht. Gespannt sein, darf man jedenfalls auf den Sound des Autos. „Wir werden nicht den Verbrenner nachahmen, aber das Auto wird sich trotzdem emotional anhören, eben wie ein Lamborghini.“ Leistung sei kein Thema bei einem Elektroauto, meint Winkelmann. „In der Längsdynamik ist ein Elektroauto kaum zu schlagen.“ Nachschärfen müsse man bei der Querbeschleunigung. Elektrofahrzeuge sind wegen ihres hohen Gewichts bekanntermaßen ein wenig schwerfällig. Um sie „leichtfüßig“ zu machen, so wie es sich für einen Supersportwagen gehört, das sei die große technische Herausforderung.

Urus Performante: 666 PS, 3,3 Sekunden von 0 auf 100
Aber das ist noch Zukunftsmusik – zunächst bleibt alles beim Verbrenner. Der Bestseller Urus kommt noch im Herbst in einer besonders sportlichen Version. Urus Performante heißt das heiße Teil. Flacher, breiter und leichter wird der Super-SUV. 47 Kilogramm hat er im Vergleich zum normalen Modell abgenommen, dafür wurde die Leistung des V8-Motors auf 666 PS gesteigert. Und weil wir gerade bei Schnapszahlen sind: Das ergibt 3,3 Sekunden von 0 auf Tempo 100.

Was man damit anstellen kann, hat der Urus Performante am legendären Pikes Peak in den USA gezeigt. Nach 10:32,064 Minuten überquerte er die Ziellinie auf 4302 Metern Höhe und unterbot damit den Rekord des Bentley Bentayga um mehr als 17 Sekunden. Breiter und flacher – optisch hat Lamborghini-Chefdesigner Mitja Borkert das unterstrichen, auch durch den großzügigen Einsatz von Carbonfasern. Selbst das Dach ist mit diesem Material erhältlich und erinnert dadurch an Huracán Performante und Super Trofeo.

Lamborghini-Design: Erwarte das Unerwartete
Und auch das Y-Fahrlicht zeigt, auch dieser Urus ist ein echter Lambo. „Lamborghinis sind ikonische Fahrzeuge, die wie Raumschiffe aussehen“, sagt Chef-Gestalter Mitja Borkert beim Gespräch in München. „Das Design muss immer überraschend sein. Bei uns heißt es: Expect the Unexpected. Erwarte das Unerwartete.“ So wie die Firmengeschichte. Wer hätte erwartet, dass Lamborghini neben Traktoren die begehrtesten Sportwagen der Welt bauen würde? Rudolf Bögel