Das kleine Einmaleins der Elektrifizierung* in der Motorwelt von morgen ist gar nicht mal so einfach. Es startet bei der so genannten Mild-Hybridisierung. Das heißt beim Verbrenner hilft ein Startergenerator mit, also eine zusätzliche, kleine E-Maschine. Entweder beim Anfahren oder aber als Booster, um zusätzlichen Schub bereit zu stellen. Nach der Mild-Elektrifizierung kommt schon die Plug-In-Hybrid-Variante - hier werkelt schon eine größerer-E-Motor, der auch nicht allein auf die Energie angewiesen ist, die das Auto beim Bremsen bereitstellt und das in einem Akku gespeichert wird. Der so genannte PHEV hat idealerweise schon eine voll aufgeladene Batterie beim Start und kann im Gegensatz zur milden Variante auch Strecken zwischen 30 und 100 Kilometern selbständig zurücklegen. Nach dem Plug-In-Hybrid-Fahrzeug kommt dann schon das EV. Das voll elektrische Vehikel.
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Während viele Autohersteller ihre Modelle nach diesem Muster durchkonjugieren, leistet sich Maserati einen eigenen Weg. Mild Hybrid ja, Plug-In-Hybrid nein! So lautet die Devise in Modena. Den Ghibli gibt es schon in dieser Variante, jetzt folgt der Levante. Aber auch hier befahren die Italiener einen Sonderweg. Der Startergenerator schiebt nicht direkt an, sondern fungiert als elektronischer Verdichter. Quasi wie ein zweiter Turbo für den Motor. Damit spart man Benzin und steigert die Leistung – was sowohl zu Modell als auch zur Marke passt. Damit bleibt der Levante sportlich, und soll sich auch beim Treibstoff-Durst entsprechend vornehm zurückhalten. Beides stimmt – und doch nicht, wie wir später beim Test feststellen werden.
Was auch am Gewicht des Levantes liegt. Mit knapp 2,1 Tonnen ist das erfolgreichste Modell der Italiener ein echtes Schwergewicht. Würde man da jetzt noch die PHEV-Technik mit großer E-Maschine und großem Akku drauf packen, würden mindestens noch mal 200 Kilogramm dazu kommen. Womit sich die Sinnfrage stellt: Mehr Gewicht kostet mehr Energie, und ein hoher Energieverbrauch bedeutet nicht nur mehr Geld, sondern gilt auch nicht als besonders umweltschonend. Von daher verzichten die Italiener auf Plug-In-Hybride und satteln schon in absehbarer Zeit auf voll elektro um. Vom völlig neuen SUV Grecale, der am Ende des Jahres kommt, soll es schon 2022 eine elektrische Variante geben. Und auch der kürzlich vorgestellte Supersportwagen MC 20 wird als komplett elektrifizierte Flunder auf die Straße rollen. Im Chassis ist bereits Platz für zwei Elektromotoren, vorne und hinten, vorgesehen. Eine Besonderheit leistet sich Maserati beim Akku. Der wird nicht wie üblich im Unterboden verstaut, sondern kommt dahin, wo jetzt der Verbrenner ist. Damit bleibt die Gewichtsverteilung optimal, ohne dass die Karosserie noch mal angefasst werden muss. Und auch bei der Produktion tun sich die Italiener einfacher, je nach Bedarf und Nachfragen wird auf dem Produktionsband der Fabrik wahlweise der Verbrenner oder die Elektroeinheit eingesetzt.
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Das ist freilich noch ein wenig Zukunftsmusik. Zunächst einmal will der sportive Konzern mit Neptuns Dreizack im Logo beim Volumen-Modell Levante in die Neuzeit aufbrechen. Große Unterschiede zum Verbrenner weist die Karosserie des Hybridmodells kaum auf. Sieht man mal davon ab, dass das Dreizack-Logo an der C-Säule blau hinterlegt ist und auch die Lufteinlässe an den Kotflügeln vorne mit dieser Farbe arbeiten. Im Interieur hat sich viel getan. Voll digital mit allem, was die Welt der Bits und Bytes im Augenblick so zu bieten hat. Das alles kennt man schon von der Limousine Ghibli, die genauso wie der Levante nach einem Wind benannt ist. Während der Levante zwischen Afrika und den Balearen westwärts bläst, ist der Gibli ein heißer Wüstenwind, der aus der Sahara kommt. Aber zurück zur Digitalwelt. Zwar glänzt Maserati hier mit gewaltigem Eigenlob – aber letztendlich bieten die Italiener digital jetzt das, was man als Standard im Premium-Sektor schon seit einiger Zeit erwerben kann: Integrierter großer Bildschirm, permanent online, Software-Updates over the air und Sprachsteuerung.
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Wirklich neu und bemerkenswert ist der Antriebsstrang. Der Zweiliter-Vierzylinder wurde mit Mono-Scroll-Turbolader und dem schon erwähnten E-Verdichter auf 48-Volt-Basis auf stattliche 330 PS aufgerüstet, was zu ausgezeichneten Fahrwerten zumindest auf dem Papier führt. 6,0 Sekunden von 0 auf Tempo 100 - dahat man dem SUV technisch schon schwer auf die Sprünge geholfen. Fühlt sich aber leider nicht ganz so an. Bruder Leichtfuß ist der Levante nicht, obwohl die 450 Nm Drehmoment schon bei 2.250 Umdrehungen pro Minute einsetzen. Zwar holt er bei Bedarf ordentlich Kraft aus dem Zweiliter-Motor heraus, aber besser fühlt sich der Levante an, wenn er als Reiselimousine ruhig und überlegt bewegt wird. Er ist mehr ein Grandseigneur als ein Springinsfeld – und das ist auch gut so. Wir haben den SUV wirklich nicht gescheucht. Tempo 80 auf der französischen Landstraße und Dutzende Radarfallen haben dafür schon gesorgt. Und trotzdem standen 12,9 Liter Verbrauch auf dem Digital-Tacho. Trotz Hybrid-Technik.
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Aber wer die knapp 80.000 Euro Grundpreis entrichtet, den werden die Verbrauchswerte nicht ganz so wichtig sein. Da zählen andere Werte wie das überschwängliche Raumangebot, die luxuriöse Anmutung mit viel Holz und Leder, die man fast bis zur letzten Schraube individualisieren kann. Berühmte Designer stehen hier Pate, wie beispielsweise Zegna bei Stoff und Leder. Deshalb lautet unser Fazit: Wer das nötige Geld auf der hohen Kante hat - für den ist der Maserati im tristen SUV-Einerlei der großen Hersteller schon eine Klasse für sich.
Rudolf Bögel *tz.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.
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