Der neue Passat kann Leben retten - wir haben die Limousine getestet

Der VW Käfer ist Legende, der Golf hat Generationen bewegt. Und mit dem Passat hat Volkswagen richtig Geld verdient. Schon seit 45 Jahren läuft die erfolgreichste Mittelklasse-Limousine der Welt vom Band und geht ab September in die nächste Runde.
Trotz anders lautender Gerüchte, die angesichts des ungebrochenen SUV-Booms schon eine Passat-Dämmerung mit einem jähen Ende aufziehen sahen. 30 Millionen verkaufter Fahrzeuge. Und damit mehr als der Käfer (21,5 Millionen) aber weniger als der Golf (35 Millionen). "So eine Riesen-Erfolgsgeschichte gibt man nicht auf", meinte dann auch Volkswagen-Sprecher Martin Hube bei der Vorstellung des neuen Mittelklasse-Klassikers. "Der Passat ist das wichtigste Flottenfahrzeug von VW."
80 Prozent kommen als Geschäftswagen auf die Straße, neun von zehn sind übrigens Kombis. Auch am Preis wird sich nicht so viel ändern, man rechnet mit 32.000 Euro, ab Mai kann vorbestellt werden.
Mehr Reichweite für den Hybrid-Passat
Bei den Motoren bleibt fast alles beim Alten. Mit zwei Ausnahmen: Der Hybrid-Passat GTE bekommt dank einer größeren Batterie (jetzt 13 kWh) mehr Reichweite. Nach der neuen Messmethode WLTP schafft er jetzt 55 Kilometer und damit umgerechnet 20 Kilometer mehr als sein Vorgänger. Realistisch packt der GTE (Systemleistung 218 PS) damit 40 Kilometer rein elektrisch.

Und deckt damit die häufigsten Pendelfahrten hin zur Arbeit und wieder zurück ab. Neu entwickelt wurde der 2,0-Liter-Diesel (150 PS). Er heißt jetzt TDI Evo und ist laut VW der sauberste Selbstzünder, den man je im Programm hatte: zehn Prozent weniger CO2 als sein Vorgänger. Alle Motoren erfüllen jetzt die neue Euro-Norm 6d-TEMP. Apropos Fahren: Das DCC-Fahrwerk mit den Dämpfern aus dem Arteon kann stufenlos verstellt werden, um je nachdem noch mehr Komfort oder mehr Sportfeeling zu haben.
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VW Passat: Nur wenige Änderungen am Design
Beim Aussehen gibt es Kosmetik in homöopathischen Dosen: mal ein größerer Lufteinlass vorne, mal neue LED-Wings in den Bremslichtern: Sie können jetzt die Richtung wechseln und ihren Besitzer begrüßen. Im Grunde genommen aber alles Petitessen.
Digital hat sich am neuen Passat am meisten getan. Als erstes Modell der VW-Familie und noch vor dem Elektro-Hoffnungsträger ID Neo bekommt er beispielsweise das neue Cockpit mit hochauflösenden Grafiken. In drei Stufen kann man sich seinen digitalen Tacho selbst konfigurieren, der große Hauptbildschirm, Home Screen genannt (9,2 Zoll), ist ebenfalls und tatsächlich mit wenigen Fingergriffen oder Wischbewegungen konfigurierbar. Dabei greift man auf bewährte und gelernte Smart-Phone-Haptiken zurück.

Wem das bekannt vorkommt: Gibt’s schon im Schlachtschiff des VW-Konzerns, im neuen Touareg. Nur ist der Bildschirm doppelt so groß. Man kann übrigens seine Einstellungen mitnehmen in ein anderes Auto. Dazu braucht man nur seine Volkswagen ID und ein Smartphone. Dann kann man sein sogar mit dem Handy öffnen oder Codes verschicken, mit denen andere wiederum den Passat in vordefinierten Zeitfenstern nützen können.
Außerdem ist dieser VW permanent Online, durch die eingebaut Sim-Karte lasse sich jetzt sogar Musik-Streamingdienste nützen. Und natürlich verstehe der Passat jetzt auch die Stimme seines Herrn oder seiner Frau. Heißt es in Stuttgart "Hey Mercedes", um die Spracherkennung zu aktivieren, sagt man in Wolfsburg "Hallo Volkswagen".
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Dank neuer Assistenten ist der Passat auch teilautonom unterwegs
Bei den digitalen Assistenten geht es fast noch revolutionärer zu. Der Passat kriegt als erstes VW-Modell den sogenannten Travel-Assist. Also einen digitalen Reise-Helfer. Mit ihm kann der Fahrer bis zu Tempo 210 teilautonom unterwegs sein. Und das geht so: Tempomat, Abstandshalter und Spurwechselassistent arbeiten quasi Hand in Hand. Kameras und Radar checken permanent Geschwindigkeit, den Abstand zum Vordermann und halten das Auto in der Spur. Völlig automatisch, ohne dass der Fahrer etwas tun muss. Nicht ganz: Denn er muss dem Auto signalisieren, dass er jederzeit eingreifen kann und Herr der Lage ist.
Dabei hilft das sogenannte "kapazitive Lenkrad". Man könnte auch sensibles Lenkrad sagen. Musste man bislang hart zupacken, damit das Auto auch wusste, dass man tatsächlich am Steuer sitzt, genügt jetzt schon eine sanfte Berührung, quasi ein Streicheln und der Passat schnurrt von ganz alleine auf der Straße weiter.

Gekoppelt wird das Ganze auch noch mit Navi- und GPS-Daten sowie mit Kameraaufnahme von Verkehrsschildern - und schon ist das Auto auch noch fähig "mitzudenken". Das heißt, es bremst vor Kurven, es beschleunigt danach wieder, es erkennt Tempolimits, reduziert automatisch das Tempo und schont so Geldbeutel und die persönliche Akte in der Verkehrssünderkartei.
Wer jetzt auch noch ein Automatik-Getriebe hat, kann auch noch mit dem Stauassistenten rechnen. Stop and Go geht dann ganz automatisch. Und durch einen sanften Händedruck auf dem Lenkrad setzt man seinen Wagen jederzeit wieder in Gang, ganz ohne dass man das Gaspedal bedienen muss.
Unser Fazit zum neuen Passat
Der neue Passat hat damit den passiven Part verlassen und bietet jetzt aktives teilautonomes Fahren der Stufe 2 an. Und im Fall des Falles kann er sogar Leben retten. Der Notfallassistent ist mittlerweile sogar fähig das Auto selbstständig abzubremsen und auf dem Standstreifen abzustellen, wenn der Fahrer einmal ausfallen sollte.
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Rudolf Bögel