Das neue Porsche 911 Cabriolet läutet den Frühling ein – wir sind es gefahren

Und ewig lockt das Cabriolet. Vier Monate nach der Präsentation des neuen 911er kommt die Sportwagen-Ikone nun auch oben ohne auf die Straße. Wir durften schon mal Frühlingsluft schnuppern und den Porsche testen.
Kurzer Blick in die Historie: Von Geburt an offen - schon die Nummer 1 von 1948 trug nur ein Stoffverdeck. Dennoch dauerte es bis zum Genfer Automobilsalon 1982, bis nach vielen Targa-Varianten mit herausnehmbaren Dach, das erste echte Cabriolet, der 911 SC, auf die Straße kam. Und sich zu einem echten Bestseller entwickelte. Denn jeder dritte Käufer will offen fahren.
Porsche 911 Cabriolet: Verdeck faltet sich in Rekordgeschwindigkeit
Von null auf 100 in nur zwölf Sekunden. Das ist ein Wert, den Besitzer betagter Automobile von der Beschleunigung her kennen. Beim neuen Porsche 911er Cabriolet ist das die Zeit, die das Verdeck von 0 auf 100 Prozent Sonne braucht. Sprich: Solange dauert es, um die Stoffmütze zwischen Hintersitzen und Motor zu verstauen. Und das bis zu einem Tempo von 50 Stundenkilometern.
Für die Hauptabsatzländer des 911er Cabrios wie Deutschland oder den USA sind diese zwölf Sekunden vielleicht nicht entscheidend. Aber im mindestens genauso wichtigen Noch-Markt Großbritannien ist dieser Wert aufgrund des sich schnell ändernden Atlantikklimas womöglich lebensrettend fürs feine Porsche-Interieur.
Abgesehen davon, dass sich das Verdeck (erhältlich in den Farben dunkelblau, braun, rot oder schwarz) in Rekordgeschwindigkeit zusammenfaltet, setzt es auch beim Platzbedarf neue Margen: Ein Raum von 23 Zentimetern Höhe und 55 Zentimetern Länge reicht, um alles zu verpacken.
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Porsche 911 Cabriolet: Nur wenige Unterschiede beim Heck
Nur so ist es auch zu erklären, dass sich das Cabrio-Heck nur geringfügig von dem des Coupés unterscheidet. Am markantesten ist neben der gefalteten Dachkonstruktion, die sich perfekt in die Karosserielinie einfügt, vielleicht das direkt dahinter sitzende Spoilerblatt. Es ist größer und beim offenen Fahren nimmt es aufgrund des veränderten Strömungsverhaltens auch eine andere Stellung ein.
Ansonsten verfügt das Cabriolet über das gleiche sprechende Heck wie das Coupé. Neun senkrechte Lamellen im Luftgitter, dann zwei größere ebenfalls vertikale Lichter als Bremslamellen, und dann wieder neun Lamellen. 9-11-9 - eine Hommage der Designer an die Stil-Ikone. Und noch etwas verrät das Heck. Sind die Lamellen schwarz, handelt es sich um einen reinen Hinterradantrieb. Sind sie verchromt, dann ist es ein Allrad-911er.

Das Cabrio wiegt runde 70 Kilogramm mehr, was vor allem am verstärkten Chassis liegt. Schließlich fehlt die stabilisierende Funktion des festen Daches. Erstmalig gibt es den offenen 911er übrigens mit einem Sportfahrwerk, das um zehn Millimeter tiefer liegt, und beträchtlich zum Fahrspaß beiträgt. Der ist im geöffneten Zustand, orchestriert von der sonoren und bei Bedarf trompetend-sägenden Sportauspuffanlage, natürlich ein Genuss.
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So viel kostet das Porsche 911 Cabriolet
Wer den Basispreis von 134.405 Euro (Allrad: 142.259 Euro) stemmen kann, kann sich vielleicht auch noch das ein oder andere Extra leisten. Zum Beispiel den Sound einer Burmester-Anlage: 855 Watt, bis zu 120 db verzerrungsfrei. Klingt gut, macht 4.800 Euro. Hat aber trotzdem keine Chance gegen Fahrtwind, Rollgeräusche und Auspuff.
Dass sich das Cabrio ansonsten genauso präzise fährt, messerscharf die Kurven nimmt und mit Fahrleistungen unter vier Sekunden schon fast mehr bietet als das Herz begehrt, sei hier nur der Form halber hinzugefügt.

Und der guten Ordnung halber müssen wir noch einen mehr oder minder großen Kritikpunkt ansprechen: Im geschlossenen Zustand ist die Sicht nach hinten durch die nur wie eine Schießluke große Heckscheibe schon sehr begrenzt. Hier fährt man am besten wie mit einem Lkw. Nur mit Außenspiegeln. Gut, dass die Parksensoren schon serienmäßig sind, die Rückfahrkamera ist dienlich, aber die 360-Grad-Sicht noch besser.
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Unser Fazit zum Porsche 911 Cabriolet
Auch in der Frischluft-Version ist der 911er ein echtes Vergnügen, ein Sportwagen der alten Schule. Aber wie lange noch? Wie ein Damoklesschwert schweben die neuen Schadstoffnormen der Europäischen Union über Sportwägen wie dem 911er. Euro Norm 6 - kein Problem. Euro Norm 7 - ab da wird es schon eng. Aber alles was danach kommt, könnte das Aus für die reinen Verbrenner werden, auch beim 911er.

Sicherheitshalber spielen die Ingenieure deshalb schon mal mit einer zumindest teilweisen Elektrifizierung der bislang noch sakrosankten Ikone. Schon im Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe der neuen Generation ist ein Hohlraum für einen kleinen E-Motor vorgesehen. Wann der Schritt vollzogen wird, das wissen nur die Götter oder die Vorstände von Porsche. Technisch möglich wäre es jederzeit, spätestens ab dem nächsten Facelift in drei Jahren, spekulieren Insider.
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Rudolf Bögel