VW Golf Mild-Hybrid oder Voll-Hybrid: Welches Auto ist besser & sparsamer?

Ein Wolf ist selten ein Einzelgänger. Ein Golf ebenso! Nach dem Benzin- und Dieselmodellen der Generation 8 und dem Kult-Racer GTI stoßen jetzt gleich fünf neue zum Golfs-Rudel.
- Nur 1,2 Liter Benzin auf 100 Kilometer - kann das sein?
- Und was ist mit dem Stromverbrauch - kommt hier das dicke Ende?
- Wir testeten zwei brandneue VW-Hybrid-Autos - die ganze Wahrheit über die Fahrzeuge erfahren Sie hier.
PHEV, Mild-Hybrid, eTSI, eHybrid, GTE? Wer da nur Bahnhof versteht, ist nicht etwa schief gewickelt. Aber wie zu Beginn eines jeden neuen technischen Zeitalters gibt es erst einmal eine neue Begriffswelt. So auch bei Elektroautos und speziell bei Hybrid-Autos* - also bei Fahrzeugen, die sowohl elektrisch als auch mit einem Verbrenner angetrieben werden.
Mild-Hybrid oder PHEV - das sind die Unterschiede
Unterscheiden muss man zwischen Mild-Hybriden und den so genannten Plug-In-Hybriden - auch PHEV genannt.
Mild-Hybriden: Sie verfügen über eine zusätzliche Batterie, ein Hochvolt-Bordnetz von 48 Volt und einen so genannten Starter-Generator. Das ist eine kleine Maschine, die ihre Energie vom Akku bekommt und über einem Riemen beim Antrieb hilft. Sie funktioniert wie eine Lichtmaschine und produziert auch auf diese Art den Strom, den sie später wieder verbraucht. Der Startergenerator unterstützt dabei nur beim Anlassen des Fahrzeugs, beim Anfahren oder beim Segeln ohne Verbrenner. Ein Mild-Hybrid-Auto rollt - wenn überhaupt – nur eine ganz kurze Strecke rein elektrisch.
Plug-In-Hybriden: Das ist beim PHEV - beim Plug-In Hybrid Electric Vehicle - ganz anders. Es hat einen größeren Akku, den man aktiv aufladen kann, einen leistungsfähigen Elektromotor und schafft je nach Batteriegröße auch schon Reichweiten von 80 Kilometern.

Von 110 bis 150 PS - das leisten die Mild-Hybriden
Von den fünf neuen Golf-Modellen zählen drei zur Mild-Fraktion. Der 1,0 eTSI wurde mit einem Dreizylinder-Benziner ausgestattet und bringt 110 PS auf die Straße. Den größeren 1,5 eTSI gibt es in zwei Leistungsstufen: Mit 131 PS und 200 Newtonmetern (Nm) Drehmoment sowie mit 150 PS und 250 Nm Drehmoment.
Das Trio ist serienmäßig mit einer 7-Gang-Automatik ausgestattet. Durch die Hybrid-Technik verspricht Volkswagen Spriteinsparungen von 0,4 Liter auf 100 Kilometer im Vergleich zu einem herkömmlichen Modell. Die Co2-Emissionen liegen bei sehr ordentlichen 98 und 106 g/km. Wir haben den 150-PS-TSI getestet. Er soll ja nur 4,6 Liter Benzin brauchen. Doch dazu später mehr.
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So viel Power steckt in den PHEV-Golfs

Bei den Plug-In-Hybriden bringt Volkswagen zwei Varianten. Den 1,4 eHybrid und den bärenstarken 1,4 GTE. Letzterer ist so etwas wie der Golf GTI der Hybrid-Welt. Beide PHEV-Modelle werden von einem Vierzylinder-Benziner angetrieben, der mit 150 PS schon mal nicht schwach auf der Brust ist und beide verfügen zusätzlich über eine 110 PS starke E-Maschine.
Durch die schärfere Konfiguration und Auslegung schafft der baugleiche GTE damit eine Systemleistung von 245 PS (400 Nm Drehmoment, 0 auf Tempo 100 in 6,7 Sekunden) - und damit genauso viel wie der GTI. Der eHybrid wird mehr oder minder bei 204 PS abgeregelt. Das führt auch zu unterschiedlichen Reichweiten: Beim scharfen GTE sind es bis zu 62 Kilometer, beim eHybrid immerhin 80.
Aufgeladen wird die 13 kWh starke Batterie je nach Ladeleistung der jeweiligen Strom-Zapfstelle in drei Stunden und 40 Minuten - bestenfalls. Bei den Schadstoffen sind die PHEV-Modelle natürlich stark im Vorteil. Hier entstehen nur rund 30 g/km beim eHybrid, der GTE liegt bei 38g/km.

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Der Verbrauchstest: Wie realistisch sind die Werte?
Bei den reinen Hybrid-Autos entschieden wir uns für die etwas schwächere Variante. Auf dem Papier verbraucht er 1,4 Liter auf 100 Kilometer. Dazu kommt noch der Strom in Höhe von rund 11,5 kWh. Unsere Teststrecke führte von der Autostadt in Wolfsburg nach Hannover zum Flughafen. Rund 90 Kilometer - etwa die Hälfte davon über Landstraßen. Auf der Autobahn blieb Tempo 130 das höchste der Gefühle. Die letzten Kilometer legten wir rein elektrisch zurück, davor waren wir im Hybrid-Modus unterwegs. Das heißt hier sucht sich der Computer immer die jeweils beste Antriebsart aus und regelt das Zusammenspiel der beiden Maschinen. Genau hier liegt auch der Spaß in der Sache: Wenn beide Triebwerke voll powern, entwickelt sich ein Drehmoment von 350 Nm - aus dem gemütlichen Golf wird ein Sportwagen. Wir bevorzugten trotzdem eine lässigere Gangart, schließlich sollte der Verbrauchstest realistisch sein.

Am Ende gibt es eine große Überraschung
4,5 Liter Benzin zeigte das Display und 6,7 kWh Strom am Ende unserer Testfahrt an. Rechnet man das Ganze in Euro um (bei 1,20 Euro für den Liter Benzin und 30 Cent für die Kilowattstunde Strom) ergeben sich statt der prognostizierten 5,13 Euro auf 100 Kilometer tatsächliche Kosten in Höhe von 7,41 Euro.
Dafür waren die Werte bei der Reichweite realistischer: Am Start lag sie bei 440 Kilometer (Benzin) und 30 Kilometer (Elektro). Allerdings bei einem Ladezustand von nur 65 Prozent. 410 + 2 zeigte der Computer am Ende des Trips. Bei 88 Kilometern Fahrt verloren wir also insgesamt nur 58 Kilometer Reichweite - dank der Energie-Rückgewinnung. Dafür aber war der Akku fast platt. Das heißt ab jetzt würde das Auto nur noch mit dem Verbrenner fahren - und dadurch auch deutlich mehr verbrauchen. Geschuldet ist das vor allem der zusätzlichen Hybrid-Technik, die diesen Golf um rund 200 Kilogramm schwerer macht (1.590 kg) als ein herkömmliches Modell.
Ist der MILD-Hybrid dann die bessere Wahl?
Mit dem 1,5 eTSI legten wir fast die gleiche Strecke zurück - allerdings mit einem deutlich geringeren Autobahnanteil. Statt der prognostizierten 4,6 Liter Benzin landete die Anzeige bei 5,9 Litern. Wiederum mit 1,20 Euro pro Liter gerechnet, ergibt das tatsächliche Kosten in Höhe von 7,08 Euro auf 100 Kilometer statt der prognostizierten 5,52 Euro. Damit ist der eTSi im Vergleich trotzdem immer noch günstiger als der eHybrid, der 7,41 Euro brauchte.
Unser Fazit zu den Hybrid-Golf-Modellen

Der eTSI-Golf mit der abgespeckten Hybridisierung ist beim Verbrauch einen Hauch günstiger, in der Anschaffung jedoch deutlich billiger: Er kostet 31.900 Euro. Und ein eHybrid kommt auf 39.800 Euro. Zieht man bei Letzterem die gesetzliche Prämie von 4.500 Euro ab, liegt man bei 35.300 Euro.
Jetzt kommt es ganz auf die Zusatzrabatte von Hersteller und Händler an, aber eines ist klar: Der Plug-In-Hybrid kostet am Ende deutlich mehr. Dafür tut man auch deutlich mehr für die Umwelt. Die wichtigste Frage für eine Kaufentscheidung lautet jedoch: Kann man zu Hause selbst aufladen? Wenn nicht, dann besteht die große Gefahr, dass man aus Bequemlichkeitsgründen mehr mit Benzin fährt. Und dann bringt die schöne neue Hybrid-Welt leider nur wenig. (Rudolf Bögel) *tz.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerkes.
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