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„Explosiver Kessel“: 100 Geflüchtete in 900-Einwohner-Dorf? Streit in Bayern um Unterbringung eskaliert

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In Scheinfeld steht eine völlig überlastete Notunterkunft für Asylsuchende. Doch die Entlastungspläne der Politik stoßen auf teils heftigen Widerstand.

Scheinfeld – In einem aktuellen Bericht des BR geht es um eine Asylunterkunft in Scheinfeld, Landkreis Neustadt an der Aisch-Bad Windsheim. 280 Männer aus den verschiedensten Nationen sind dort untergebracht, viel zu viele für die Fläche von höchstens einem Discounter. Die Folge: Kaum Privatsphäre für die Bewohner, schlechte Waschmöglichkeiten, Krankheiten können sich leicht ausbreiten. Das Problem ist der lokalen Politik bekannt, es werden Lösungen gesucht – doch die stoßen auf teils heftigen Widerstand.

Flüchtlingsunterkunft in der Turnhalle des Gymnasiums Kirchseeon sieht es auch in der Scheinfelder Notunterkunft für Asylsuchende aus. Nur, dass dort 280 Menschen auf der Fläche eines Discounters leben – eine hochexplosive Situation. (Symbolbild)
Flüchtlingsunterkunft in der Turnhalle des Gymnasiums Kirchseeon sieht es auch in der Scheinfelder Notunterkunft für Asylsuchende aus. Nur, dass dort 280 Menschen auf der Fläche eines Discounters leben – eine hochexplosive Situation. (Symbolbild) © Wolfgang Maria Weber / IMAGO

Streit um angedachte Asylunterkunft: Containerdorf in Dietersheim?

Dass die Asylunterkunft in Scheinfeld aus allen Nähten platzt, ist auch CSU-Landrat Helmut Weiß bewusst. Laut BR denkt er täglich an diesen „explosiven Kessel“. Eine Lösung muss her, seit Sommer wird daher ein Standort für ein Containerdorf gesucht, welches für Entlastung sorgen soll. Ursprünglich auf dem Plan stand Neustadt an der Aisch, doch es gab heftigen Widerstand, sodass der Grundstückseigentümer absprang und ein neuer Standort hermusste.

So kam Dietersheim ins Spiel, ein kleiner Ort, rund zehn Minuten von Neustadt entfernt. Doch 100 Geflüchtete in einem 900-Einwohner-Dorf? Laut BR war der Widerstand auch hier quasi vorprogrammiert. Bei einer Bürgerinformationsveranstaltung wurden die Bedenken der Anwohner deutlich, doch es gab auch Solidaritätsbekundungen. Die Mehrheit blieb laut BR aber kritisch.

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Containerdorf wird kommen – Anfeindungen gegen Politiker

Obwohl Dietersheims Bürgermeister Jürgen Meyer und Landrat Helmut Weiß die Sorgen und Ängste ihrer Bürger verstehen, müssen sie die Vorgaben des Bundes bezüglich der Flüchtlingsverteilung umsetzen. Sie sitzen quasi zwischen den Stühlen, sind aber die erste Adresse für Anfeindungen.

Letzten Endes wird das Containerdorf in Dietersheim kommen, nur das grüne Licht des Verwaltungsgerichts fehlt laut BR noch – dann können ab Dezember die ersten Bewohner einziehen. Einem Beamten aus Mittelfranken zufolge, der sich bei der Bürgerinformationsveranstaltung zu Wort meldete, gebe die Notunterkunft in Scheinfeld keinen Anlass zur Sorge, was die Bewohner angeht. Doch Falschmeldungen über diverse Vorfälle haben bereits die Runde gemacht. Und klar ist auch: Bei den Zahlen gestaltet sich die Integrationsfrage als schwierig, es ist kaum möglich, 100 Menschen in den örtlichen Vereinen unterzubringen.

Dass es auch funktionieren kann, zeigt ein Beispiel aus dem benachbarten Landkreis Ansbach. Laut BR-Bericht war der Oberbürgermeister Christoph Hammer (CSU) von Dinkelsbühl noch vor einem Jahr sehr kritisch, was die weitere Aufnahme von Geflüchteten angeht, sagte, man fühle sich ohnmächtig im Angesicht der Situation und der Bund müsse etwas unternehmen. Heute sagt er laut BR, das Sankt-Florians-Prinzip gehe hier nicht, denn es gehe um Menschen und man müsse mit gutem Beispiel vorangehen. 100 Geflüchtete sollen in einer neuen Unterkunft hier ab Frühjahr beherbergt werden, rechtzeitig waren örtliche kirchliche Verbände, der Stadtrat und der Helferkreis für Geflüchtete ins Boot geholt worden. (fhz)

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