Bairisch ist wieder Kult!

Da legst di nieder! Dass Bairisch sexy ist, wissen wir schon längst. Dass Bairisch schlau macht, belegen Sprachstudien. Völlig neu ist aber, dass unser schöner Dialekt endlich kein Makel mehr ist, sondern neuerdings Kult.
Bairisch-Wörterbücher boomen, waschechte Bayern wie Biatheletin Magdalena Neuner, Liedermacherin Claudia Koreck oder Regisseur Marcus H. Rosenmüller feiern ungeahnte Erfolge. Immer mehr Teenager schicken sogar SMS’ im Dialekt. „Weil sie intuitiv erkannt haben, dass Bairisch schneller zu schreiben ist“, sagt Sprachpfleger Gerhard Holz (62).
Der Münchner vom Förderverein Bairische Sprache und Dialekte verweist auch auf den Stellenwert, den neuerdings wieder unsere Mundart erhält. Etwa die Ministeriums-Initiative für mehr Dialekt im Schulunterricht. Oder den „Sprechenden Sprachatlas von Bayern“ im Internet, ein ehrgeiziges Projekt von Uni Augsburg und Mundartpflegern, mit 70 regionalen Versionen verschiedenster Begriffe – vom Friedhof bis zur feschen Maid.
Apropos Mädl und Buam: Immer mehr junge Leute, insbesondere vom Land, sprechen wieder selbstbewusst Bairisch. Aber natürlich so, wie sich’s fürs dritte Jahrtausend gehört. „Indem sie umschalten, wie sie’s brauchen. Von der Hochsprache in den Dialekt und zurück. Je nach Umfeld und Gesprächspartner“, hat Holz beobachtet. „Code-Switching“, Neudeutsch für Sprachwechsel, nennt das die Wissenschaft. Die Forscher bescheinigen allen Wechselkünstlern eine schnellere Auffassungsgabe plus verbesserte Gehirnleistung nebst besseren Leistungen in Mathe und Naturwissenschaften.
Fakt ist aber auch: In Großstädten wie München ist Bairisch immer noch vom Aussterben bedroht. Was allein schon daran liegt, dass nur noch jeder dritte Bürger ein echtes Münchner Kindl ist. Zudem vermeiden ausgerechnet diejenigen, die’s noch könnten, mit ihren Kindern Dialekt zu sprechen. Die sind sich gar nicht bewusst, welche perfekte Bereicherung fürs Leben sie ihren Kindern vorenthalten.
Mit „viel Herzblut“ kämpft Gerhard Holz deshalb für unser Bairisch. Ob Urbayer, entbaierter Münchner oder Saupreiß: Der Mundartpfleger will sie alle erreichen. „Wir wollen doch niemanden ausgrenzen, sondern auch Nicht-Dialekt-Sprecher auf den Geschmack bringen.“ Deshalb gibt’s ab sofort auf Seite 3 der tz die tägliche Rubrik Bairisch für Zuagroaste. Natürlich in Zusammenarbeit mit dem Förderverein Bairische Sprache und Dialekte.
Übrigens: Jugendliche haben die SMS-Abkürzung „HDGGL“ längst Bairisch umgedeutet und ins Herz geschlossen. „Hob di ganz, ganz ganz liab“ soll’s heißen. Ein plattes „Ich liebe Dich“ ist ja auch wirklich uncool ...
Claudia Detsch
Wie schreibt man’s richtig?
Bairisch zu sprechen ist wunderbar. Wer aber im Dialekt schreiben will, fabriziert schnell unleserliches Kauderwelsch. Doch wie geht’s richtig? Fakt ist: Es gibt keine verbindliche bairische Schriftsprache – nur viele verschiedene Variationsmöglichkeiten. Gerhard Holz vom Förderverein Bairische Sprache und Dialekte verweist auf das Mundart-Standardwerk, das Buch „Bairisches Deutsch“ des Regensburger Professors Ludwig Zehetner. Wie Zehetner plädiert auch Holz für eine „Schreibweise, die an der Hochsprache angelehnt ist“. Damit’s verständlich bleibt.
Diese Prominenten sprechen bewusst Bairisch
- Magdalena Neuner: Die 21-jährige sechsfache Weltmeisterin im Biathlon ist stolz auf ihren Heimatort Wallgau und ihre bayerische Herkunft. Ganz selbstbewusst spricht Magdalena deshalb auch ihren oberbayerischen Dialekt
- M. H. Rosenmüller: Der Regisseur Marcus H. Rosenmüller (35) hat sogar seinen Heimatort Hausham als H. im Namen verewigt. Er spricht feinstes Bairisch und dreht alle seine Filme im Dialekt.
- Claudia Koreck: Die Sängerin (22) aus Traunstein verfasst ihre Lieder ausschließlich im Dialekt. Ihr Debütalbum „Fliang“ schaffte es 2007 auf Platz 15 der deutschen Charts.
- Michael Mittermeier: Der Komiker (42) aus Dorfen tourt mit seinen mundartgefärbten Programmen durch ganz Deutschland und red’, wia eahm da Schnabl g’wachsn is’. Sein Publikum liebt ihn.
- Ottfried Fischer: Seit „Irgendwie und Sowieso“ gilt der 55-Jährige aus Ornatsöd als Urbild eines barocken Bayern. Sein Markenzeichen ist ein bairischer Redeschwall ohne Punkt und Komma.
Der tz-Test: Wie gut ist Ihr Bairisch?
1. Auszognea) bayerischer Auswandererb) Anhänger der Freikörperkulturc) Schmalznudeln
2. A Sach kriagt Füaßa) etwas wird gestohlenb) Möbelstücke erhalten Füßec) eine Sache nimmt allmählich Formen an
3. In Abrahams Wurschtkessela) in einem kirchlichen Abstellraumb) noch nicht auf der Weltc) in einer Metzgerei
4. Schicks(n)a) aufgetakelte, wenig geachtete weibliche Personb) Schikanec) Schießbudenfigur
5. Außigrasna) (Unkraut) jätenb) fremdgehenc) (beim Kartenspiel) einen Trumpf verschenken
6. Gschaftlhuabaa) ländlicher Hausiererb) Geschäftsführerc) Wichtigtuer
7. Murksna) pfuschen, schlampig arbeitenb) mauernc) schnurren (Katze)
8. Hirnbatzla) Pickel (Akne)b) Stupser an die Stirn (mit Daumen und Zeigefinger)c) kleine Portion Hirn vom Metzger
9. A langs Elenda) anhaltende Pechsträhneb) ein groß gewachsener Menschc) ein flegelhafter, grober Mensch
10. Er hot a Freibierlätschna) er ist freigiebigb) er ist ein Nutznießer/ Schmarotzerc) er sieht aus wie ein Bräumeister
So ist’s richtig:
1c, 2a, 3b, 4a, 5b, 6c, 7a, 8b, 9b, 10b
Quelle: tz