Watzmann, 200 km mit dem Fahrrad und dann Zugspitze: Profi-Bergsteiger schaffen Monster-Tour in 21 Stunden

Eine krasse 24-Stunden-Challenge haben zwei Profi-Alpinisten in Bayern hingelegt: Sie kletterten Watzmann und die Zugspitze hoch. Der Weg dazwischen wurde auch per Muskelkraft zurückgelegt.
Berchtesgaden/Grainau – Der Südtiroler Extrembergsteiger Simon Gietl (39) aus Luttach im Ahrntal (Italien) hat in seiner Laufbahn schon mehrfach die Fachwelt überrascht. Im Mai absolvierte der gelernte Tischler mit seinen Kollegen Roger Schäli und Mathieu Maynadier eine Erstbegehung am Meru Peak (6660 Meter) im indischen Himalaya auf einer neuen Route, die sie „Goldfish“ tauften.
Vom Himalaya-Extremtrip zur Herausforderung in den bayerischen Alpen
Jetzt sorgte Gietl mit dem Augsburger Bergführer Alexander Scherl (43) für eine neue Höchstleistung am Watzmann (2713 Meter) und an der Zugspitze (2962 Meter). Ziel war es, innerhalb von 24 Stunden die schwere Ostwand des Watzmann zu besteigen, dann nach Grainau an der Zugspitze zu radeln und auf der Eisenzeit-Kletterroute Deutschlands höchsten Berg zu bezwingen. Die Idee dazu hatte Scherl: „Wir kennen uns, da wir beide Lowa als Sponsor haben und ich war inspiriert von den 24-Stunden-Aktionen von Hans Kammerlander.“
Ein prominente Südtiroler machte es den Alpinisten vor
Die 1956 geborene Südtiroler Bergsteigerlegende hatte 1991 innerhalb von 24 Stunden mit seinem Partner Hanspeter Eisendle die Nordwand des Ortlers durchstiegen, Kammerlander und Eisendle fuhren anschließend mit dem Rennrad 247 Kilometer in die Dolomiten und kletterten die Nordwand der Großen Zinne empor. Auch ansonsten liebte Kammerlander solche 24-Stunden-Herausforderungen.
Scherl hatte für den Watzmann-Zugspitze-Trip die besten Voraussetzungen: „Ich kenne sowohl die Watzmann-Ostwand als auch den Klettersteig Eisenzeit auf die Zugspitze als Bergführer sehr gut, für Simon waren es beide das erste Mal.“
An der Wallfahrtskirche am Königssee ging es los
Am Samstag hielten die Alpinisten um 15.20 Uhr kurz die Hände bei der Wallfahrtskirche St. Bartholomä in den Königssee, dann ging es in die Watzmann-Ostwand – ein Extrem-Klassiker, mit 1800 Metern Wandhöhe und rund drei Kilometern Kletterstrecke.
Die Schwierigkeit liegt bei drei plus, insgesamt mussten rund 2100 Höhenmeter bewältigt werden. Nach zwei Stunden und 59 Minuten standen die Bergfreunde bereits am Südgipfel des Watzmanns. Über das Hocheck ging es auf der Normalroute ins Tal zur Wimbachbrücke.
Höllentrip im Fahrradsattel zwischen Kletterwand und Kletterwand
Dort wurde abends um halb 10 auf das Rennrad umgestiegen, die beiden strampelten nachts die 205 Kilometer über 2400 Höhenmeter über den Hirschbichlpass (30 Prozent Steigung), Lofer, St. Johann ins Inntal nach Wörgl, über Achensee, Sylvensteinsee und Krün zum Eibsee in Grainau bei Garmisch-Partenkirchen.

„Die Nacht ist schon lang, irgendwann macht’s Radeln keinen Spaß mehr, wir sind ja Bergsteiger und keine Rennradler“, so Scherl. Doch die Dämmerung sorgte für einen Stimmungswechsel. Kurz nach acht Uhr ging es dann am Sonntag am Eibsee auf der Bergsteigerroute Eisenzeit wieder 2100 Meter zum Zugspitz-Gipfel, wobei noch vier Seilschaften überholt wurden.
Im Endspurt überholen die beiden Bergprofis vier Seilschaften
„Die Leute machten gerne Platz“, grinst Scherl. Die Bergführerroute ist von der Schwierigkeit eher moderat, der Schwierigkeitsgrad liegt bei vier minus. Scherl: „Wir haben uns trotzdem angeseilt, wir haben ja beide Kinder.“

Nach 21 Stunden und 28 Minuten schlugen sich die beiden Alpin-Athleten am Gipfelkreuz um 12.48 Uhr in die Hände, bevor es wieder ins Tal ging: „Wir waren super happy und entspannt“, so Scherl. „Doch man freut sich, wenn man zurücklehnen kann, eine Nacht ohne Schlaf fordert ihren Tribut.“
Am Matterhorn und Eiger wurden Bergsteiger Zeugen von Felsstürzen. Sie hielten den gewaltigen Moment auf Kamera fest. An der Schiara und am Punte di Campiglio in den Brenta-Dolomiten hat es vor kurzem ebenfalls große Felsstürze gegeben.