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Forscher fordert CO₂-Steuern auf Lebensmittel: Fleisch wird dadurch zum Luxusprodukt

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Von: Nikolas Pelke

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Auf der Biofach 2023 feiert der Wahre-Preise-Supermarkt seine Premiere.
Wahre-Preise-Supermarkt auf der Biofach mit Tobias Gaugler, Lennart Stein und Viktoria Vogel (v.l.) © Felix Hirschberg

Mit einem „True Cost Supermarkt“ will Professor Tobias Gaugler von der TH Nürnberg auf die teilweise horrenden Folgekosten für Umwelt und Klima durch die Lebensmittelproduktion aufmerksam machen.

Nürnberg – Rinderfilet aus Brasilien, Lammfleisch aus Neuseeland: Die schädlichen Klimafolgen der globalen Lebensmittel-Industrie sind Professor Tobias Gaugler von der Technischen Hochschule Nürnberg (THN) ein Dorn im Auge. Durch falsche Förderrichtlinien würde die Agrarwirtschaft weltweit noch viel zu sehr auf billige Massenproduktion setzen – mit fatalen Folgen für Klima und Umwelt.

Preise für Lebensmittel müssen steigen, um Klimaziele erreichen zu können

„Wir haben einen Systemfehler in der kompletten Landwirtschaft“, meint Gaugler. Leidtragender sei die Natur. Um diese „gigantische Fehlentwicklung“ zu korrigieren, will Gaugler den „wahren Preis“ für Lebensmittel herausfinden. „Dazu schauen wir uns aktuell Faktoren wie den Verbrauch von Düngemittel, Energie und Flächen an.“ Dadurch könnten Lebensmittelpreise im Hinblick auf die negative Klimawirkung neu kalkuliert werden.

Wie so etwas aussehen könnte, zeigt Gaugler derzeit mit einem „Wahre-Preise-Supermarkt“ auf der gerade in der Frankenmetropole Nürnberg stattfindenden Weltleitmesse der Naturkostbranche. „Die Fleischwurst kostet bei uns im True-Cost-Laden auf der ‚Biofach‘ pro Kilogramm fast zwölf Euro mehr als im normalen Lebensmittelgeschäft“, sagt Gaugler und erklärt die Idee hinter dem Projekt. „Die aktuellen Preise im Supermarkt lügen“, so Gaugler und betont, dass bei der Erzeugung von Lebensmitteln zahlreiche Zusatzkosten und Folgeschäden an Klima und Umwelt entstehen. Deshalb wird in dem „wahren Supermarkt“ neben dem derzeitigen auch das „tatsächliche“ Preisschild eingeblendet. Die Idee: Um die Produktion von Lebensmitteln nachhaltiger zu machen, sollen die Kunden an der Kasse die „echten“ Preise bezahlen.

Video: Trends auf der diesjährigen Biofach

„Fleisch-Steuer“ sollte schnell eingeführt werden

Der Haken: Besonders Fleischprodukte wie die Schinkenwurst würden deutlich teurer werden, um die Klimafolgen durch Tierhaltung zu senken. Wer das Klima retten wolle, müsste schleunigst eine CO₂-Steuer auf Lebensmittel einführen, um die Preise im Supermarkt möglichst radikal und schnell zu ändern. Rund ein Viertel der weltweiten Treibhausgase würden von der globalen Viehhaltung in der Landwirtschaft verursacht.

Daher müsste die tierische Diät der Bevölkerung zur Rettung des Klimas signifikant sinken, sagt der Forscher. Zusätzlich könnten durch weniger Fleischverzehr gesundheitliche Probleme wie Übergewicht erfolgreich bekämpft werden. Außerdem könnten pflanzliche Nahrungsmittel auf kleinerer Fläche mit geringerer Umweltbelastung produziert werden, wirbt Gaugler für eine weitestgehend vegane Lebensweise. Normalerweise unterrichtet er zukünftige Manager in der Öko-Branche in der Zweigstelle der TH Nürnberg in Neumarkt in der Oberpfalz. „Dort sind wir alle Überzeugungstäter“, sagt der frischgebackene Professor, der vor fast genau einem Jahr den Ruf von Augsburg in die Heimat der bekannten Bio-Brauerei Lammsbräu angenommen hat.

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Pflanzliche Lebensmittel aus dem Bioladen kommen bei Gauglers Lebensmittel-Klima-Bilanz von der Farm zum Kunden am besten weg. Fleisch sollte nur in Bio-Qualität aus der Region in geringen Mengen auf dem Tisch landen, um das Klima zu retten. Nach diesem Verursacherprinzip will Gaugler auch die Preise für Nicht-Bio-Produkte erhöhen. Der gewünschte Nebeneffekt: Die Kunden packen kaum noch Fleisch und viel mehr Bio in den Einkaufswagen.

Informationen sollen höhere Preise im Supermarkt erklären

Auf der Biofach-Messe sollen die Besucher im „True Cost Supermarkt“ erleben können, wie das Modell in der Praxis funktionieren könnte. Auf den digitalen Produkttafeln werden zusätzlich Informationen eingeblendet, warum viele Lebensmittel eigentlich viel mehr kosten müssten. „Wir wollen zusätzlich die Reaktionen der Besucher herausfinden, welche Rolle die Hintergrundinformationen bei der Akzeptanz spielen“, sagt Gaugler und hofft, dass möglichst schnell immer mehr Kunden kaum noch Fleisch und viel mehr Bio in den Einkaufswagen packen.

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