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Urteil nach Faschings-Drama: Tränen im Gericht

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Seppi Hintermeier wurde von dem Traktor überrollt, dem er sich in den Weg gestellt hatte. © jro

Steinhöring - Dramatisches Ende eines Faschingsausflugs: Seppi Hintermeier (20) wurde bei einer Burschen-Gaudi von einem Traktor überrollt, dem er sich in den Weg gestellt hatte. Der Fahrer Tobias L. wurde nun verurteilt.

Es herrschte eine Mordsgaudi auf dem Faschingsanhänger: 14 junge Männer vom Burschenverein „Frohsinn“ Jakobneuharting feierten ausgelassen, während

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Traktorfahrer Tobias L. (28) sie von Haag in ihren Heimatort im Kreis Ebersberg karrte. Sie ahnten nicht, welches Drama sich auf der B 304 an jenem 24. Februar 2009 anbahnte: Seppi Hintermeier (21), wohl wütend darüber, dass vom Anhänger Bierflaschen geflogen waren, stellte sich dem Gespann in den Weg. Dabei kam er unter die Räder und wurde getötet. Tobias L. musste sich am Donnerstag wegen fahrlässiger Tötung vor dem Amtsgericht Ebersberg verantworten. Urteil: 100 Tagessätze zu 60 Euro!

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Fahrer Tobias L. wurde am Donnerstag verurteilt. © ebu

Burschen breitschlagen lassen, das Gespann zu lenken. Während alle reichlich Bier genossen, blieb er nüchtern. Nach dem Festzug in Haar ging es auf die Heimreise. Dabei machte der Traktorfahrer einen schlimmen Fehler: Er schaute sich den dreiachsigen Anhänger nicht genau an. Die meisten Reifen waren nämlich komplett abgefahren, und bei zwei Achsen waren die Bremsen außer Betrieb. Außerdem hätte Tobias L. nur 25 Stundenkilometer fahren dürfen. „Das habe ich nicht gewusst“, verteidigte er sich. Auf der Bundesstraße war er etwa mit Tempo 50 unterwegs.

Passiert wäre deshalb noch lange nichts, hätte der Seppi nicht einen Grant auf die Burschen gehabt und außerdem gut 1,75 Promille Alkohol im Blut. Er war mit seiner Freundin Brigitte unterwegs, die den Audi steuerte. Auf seinen Wunsch stoppte sie, und er bewarf den Wagen mit Schneebällen. Dann setzte er sich auf die Kühlerhaube, während seine Freundin wieder überholte und an einer anderen Stelle auf das Gespann wartete. „Ich dachte, der will wieder mit Schneebällen schmeißen“, so der Angeklagte am Donnerstag vor Gericht. Er sei deshalb nach links ausgewichen. Doch plötzlich hüpfte der Seppi mitten auf die Fahrbahn! Wahrscheinlich, um den Traktor zum Anhalten zu zwingen. Warum? Brigitte vermutet, dass Eifersucht im Spiel war: „Mein Ex-Freund saß da droben.“

„Ich bin noch ausgewichen“, sagte der Angeklagte. Er sei voll auf die Bremse getreten. Doch der Anhänger schob den Traktor derart nach vorn, dass die Hinterräder in die Luft gedrückt wurden. „Plötzlich war er unter dem Schlepper, ich habe nichts mehr machen können“, fuhr der Angeklagte fort und kämpfte mit den Tränen. Er braucht seit dem Unglück psychologische Betreuung und will seinen Job an den Nagel hängen: „Ich will nichts mehr mit Schleppern zu tun haben.“

Nach dem schrecklichen Tod von Seppi Hintermeier hatte dessen Familie schwere Vorwürfe gegen den Burschenverein erhoben. So ärgerte sich Seppis Schwester in einem Leserbrief darüber, dass die angeblich so schwer traumatisierte Burschen weiter ausgelassene Feste feierten, ohne sich jedoch um die Angehörigen des Toten zu kümmern. Nicht einmal ein Marterl hätten sie an der Unglücksstelle aufgestellt.

Zum Prozess war ein Großteil von Seppis Familie erschienen, und die Blicke dem Angeklagten gegenüber waren nicht gerade freundlich. Tobias L. nahm es hin und entschuldigte sich mehrfach: „Es tut mir unendlich Leid.“ Wären die Bremsen des Anhängers in Ordnung gewesen und wäre Tobias L. mit den vorgeschriebenen 25 Sachen über die Bundesstraße getuckert, wäre das Unglück vermeidbar gewesen, stellte Richter Peter Hayler fest. „Es liegt eine Sorgfaltspflichtverletzung vor.“ Freilich trage das Opfer selbst ein hohes Maß an Schuld.

Eberhard Unfried

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