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Katastrophenfall erneut ausgerufen - Rettungskräfte überlastet: „Die Situation ist dramatisch“

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Ein Rettungswagen parkt vor einer Klinik
Die Rettungskräfte sind wegen der vielen Patiententransporte überlastet. Sie fahren Covid-Kranke durch ganz Bayern. © Julian Stratenschulte

In Bayern gilt ab Donnerstag wieder der Katastrophenfall. Landräte und Rettungskräfte sind erleichtert. Denn Klinik-Mitarbeiter und Rettungskräfte sind dramatisch überlastet. Der K-Fall könnte die Situation etwas entschärfen.

In vielen Regionen spitzt sich die Lage weiter zu. Gestern lagen sieben Landkreise über einer Inzidenz von 800, viele weitere nur knapp darunter. Der niederbayerische Kreis Rottal-Inn hat mit 1104,3 einen bundesweiten Rekordwert erreicht. Dort liegt die Impfquote bei nur 52 Prozent. Auch im Landkreis Traunstein ist die Inzidenz extrem hoch (948,8) und die Impfquote mit 55 Prozent niedrig. Bayernweit liegt die Inzidenz nun bei 395,8.

„Die Lage ist dramatisch“, sagte der Rottaler Landrat Michael Fahmüller (CSU). Die Kontaktermittlung arbeite täglich bis spät in die Nacht, um wenigstens die Betroffenen aus vulnerablen Gruppen zu erreichen. „Doch selbst das ist im Moment nur bedingt leistbar.“ Auch in den Kliniken im Landkreis spitze sich die Lage zu. „Die Klinik-Mitarbeiter sind am Ende ihrer Leistungsfähigkeit, sie sind zermürbt, müde und frustriert.“ Das gilt nicht nur für den Kreis Rottal-Inn. Immer mehr bayerische Krankenhäuser kommen an ihre Kapazitätsgrenzen. Gestern waren in über der Hälfte der 96 Kreise und größeren Städte weniger als zehn Prozent der Intensivbetten frei. 21 Kommunen meldeten, dass sie ihre Intensivstationen voll belegt seien.

Eine Landkarte Oberbayerns zeigt die Inzidenzwerte für die Landkreise
Die Inzidenzzahlen schießen weiter in die Höhe. Besonders im Südosten Oberbayerns. © Grafik MM

Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kündigte gestern Nachmittag in einer Sitzung der CSU-Landtagsfraktion den Katastrophenfall an. Von einer ungewohnt düsteren Stimmung berichten Teilnehmer, Söder und mehrere Redner sagten dramatische Situationen in den Kliniken noch im November voraus. Die Abgeordneten, von denen nicht allen die Dramatik der Lage zuvor klar war, reagierten mit Applaus.

Auch Leonhard Stärk, der Landesgeschäftsführer des Roten Kreuzes, war erleichtert, als er gestern von Söders Entscheidung erfuhr. Er hatte schon Dienstag auf diesen Entschluss gehofft. Der Rettungsdienst sei durch die vielen Patiententransporte dramatisch überlastet, berichtet er. Weil die Intensivstationen vieler Kliniken voll seien, müsse der Rettungsdienst Patienten quer durch Bayern fahren und sei oft mehrere Stunden lang gebunden. Durch den K-Fall kann das BRK mehr Ehrenamtliche einsetzen, die eine Lohnfortzahlung bekommen. Auch die Bundeswehr kann Transportfahrten übernehmen, erklärt Stärk. Außerdem können Rettungsdienste, Heime und Krankenhäuser wieder auf den Pflegepool zugreifen und Personal zur Unterstützung anfordern. Die Kliniken bekommen für Betten, die sie für Corona-Patienten freihalten, wieder einen finanziellen Ausgleich. „Die Pandemie hat eine Dimension erreicht, die schlimmer ist als letzten Winter“, betont Stärk. Der K-Fall war seit Beginn der Pandemie in Bayern zweimal ausgerufen worden – zuletzt wurde er Anfang Juni wieder aufgehoben.

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