Missbrauchsskandal: Ettal bittet Papst um Beistand
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Ettal - In den Missbrauchsskandal in Ettal soll sich nun auch der Papst einschalten. Es soll eine Überprüfung des Klosters durch einen Beauftragten des Papstes stattfinden.
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Razzia nach Missbrauchsskandal in Kloster Ettal
Missbrauch auch in München und BruckIn einer von dem oberbayerischen Kloster am Mittwoch verbreiteten persönlichen Erklärung schreibt der zurückgetretene Abt Barnabas Bögle, er und der ebenfalls aus dem Amt geschiedene Schulleiter Pater Maurus Kraß hätten von Benedikt XVI. eine sogenannte Apostolische Visitation erbeten - eine Überprüfung des Klosters durch einen Beauftragten des Papstes. Der Benediktinerkonvent mit rund 50 Mönchen wird seit Tagen von einem Skandal um sexuellen Missbrauch an Schülern durch Ordensgeistliche erschüttert. Die Münchner Staatsanwaltschaft ermittelt.
Zu der Razzia der Staatsanwaltschaft vom Dienstag teilte das Kloster am Mittwoch mit, den Ermittlungsbehörden seien "aus freien Stücken" Unterlagen zu zwei Tatkomplexen übergeben worden. Dabei gehe es allerdings nur in dem einen Ermittlungskomplex um sexuellen Missbrauch, erläuterte die Abtei. Der Verdacht richte sich gegen ein Ordensmitglied. Ein weiterer Fall sei verjährt. Zwei Ordensgeistliche stehen im Verdacht von "unangemessener körperlicher Züchtigung", wie eine Klostersprecherin sagte.
Bei dem zweiten der Münchner Staatsanwaltschaft übergebenen Tatkomplex spielten weder sexueller Missbrauch noch körperliche Gewalt eine Rolle, wurde weiter mitgeteilt. Dies betrifft die Selbstanzeige eines Paters vergangene Woche. Auch die Münchner Staatsanwaltschaft wollte zu den Details dieser Anzeige keine Angaben machen. Zu der Durchsuchungsaktion sagte die Sprecherin der Anklagebehörde, Regina Sieh: "Das Kloster war kooperativ."
Der von der Abtei beauftragte Sonderermittler Thomas Pfister will an diesem Freitag seinen Bericht veröffentlichen. Er habe seine Recherchen vorläufig abgeschlossen und sitze jetzt an seinem schriftlichen Bericht, sagte der Münchner Strafverteidiger der Deutschen Presse-Agentur dpa.
In ihrer persönlichen Erklärung gehen der zurückgetretene Abt und sein Schulleiter auch auf Forderungen von Eltern und Ex-Schülern des Gymnasiums Ettal ein, sie mögen ihren Rücktritt zurücknehmen. Zwar bestärkten sie die Solidaritätsadressen darin, "konsequent die Vorgänge aufzuklären, in denen Kinder und junge Menschen, die uns anvertraut waren, missbraucht und misshandelt wurden".
Sie seien aber beschämt, "dass Ettaler Mönche zu Tätern und Mitwissern wurden und in unverantwortlicher Weise zu den Vorgängen geschwiegen haben", heißt es weiter in der Erklärung. Dies verlange nach einer grundlegenden geistlichen Neuorientierung der Ordensgemeinschaft. "Um dieses Erfordernis deutlich zu machen, sind wir von unseren Ämtern als Abt des Klosters Ettal beziehungsweise als Prior und Schulleiter zurückgetreten."
Im Erzbischöflichen Ordinariat in München stieß die persönliche Erklärung der zurückgetretenen Ettaler Ordensoberen auf Zustimmung. "Wir haben tiefen Respekt vor diesem deutlichen Zeichen, das aus der Mitte der Klostergemeinschaft herauskommt", sagte ein Sprecher der Bistumsleitung.
Der frühere CDU-Generalsekretär Heiner Geißler forderte unterdessen die katholische Kirche zu einer Abkehr von ihrer "verlogenen Sexualmoral und Körperfeindlichkeit" auf. Das seien "Irrlehren", sagte der CDU-Politiker der "Frankfurter Rundschau" (Mittwoch). Die Kirche nehme in Sexualfragen für sich eine sehr hohe Moral in Anspruch. Die Missbrauchsfälle in katholischen Einrichtungen stünden in einem eklatanten Widerspruch zu diesem Anspruch.
Der Bildungsexperte der bayerischen SPD-Landtagsfraktion, Hans-Ulrich Pfaffmann, verlangt eine lückenlose Aufklärung der Missbrauchsfälle im Kloster Ettal. Dem Hörfunksender Antenne Bayern sagte er: "Es kann keine Kirchenmauer geben, die verhindert, dass man die Vorfälle verfolgt und aufarbeitet."
dpa