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"Ehrenmord"-Prozess: Angeklagten als Tyrannen geschildert

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Der 46 Jahre alte Angeklagte Mehmet Ö. © dpa

Schweinfurt - Im Schweinfurter “Ehrenmord“-Prozess ist der angeklagte Vater von seiner Ehefrau als Tyrann geschildert worden.

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Türke gesteht Tötung seiner Tochter

Er habe sie und seine Tochter nachts oft geweckt, sagte die Frau am Montag vor dem Landgericht Schweinfurt. Der 46-jährige Türke ist wegen Mordes an seiner 15-jährigen Tochter Büsra angeklagt. Er soll sich vor allem über ihre Freundschaft mit einem 17-Jährigen geärgert haben, sagten Mitglieder der Familie. “Für ihn war es ein Problem“, bestätigte eine 38 Jahre alte Schwägerin des Angeklagten. “Er war verzweifelt.“

Der Dönerverkäufer hatte vergangene Woche zu Beginn des Prozesses gestanden, seine schlafende Tochter im Juni 2009 mit einem Fleischermesser getötet zu haben. 68 Messerstiche wurden bei der Obduktion der Leiche gezählt. Die Staatsanwaltschaft sieht einen sogenannten Ehrenmord und geht beim Motiv davon aus, dass der Vater mit dem modernen Lebensstil von Büsra nicht einverstanden war. Möglicherweise fürchtete er nach Aussagen des Oberstaatsanwalts um die Familienehre.

Die 44 Jahre alte Mutter der getöteten Gymnasiastin sagte, ihr von Verlustängsten geplagter Mann habe sie und die Tochter nachts oft geweckt. Auch die beiden Schwägerinnen sollen mehrfach mitten in der Nacht von dem Angeklagten angerufen worden sein. Der Mann habe sich Sorgen um die Zukunft des Mädchens gemacht und befürchtet, dass es die Familie verlassen könne. Deshalb wollte er nach Worten seiner Ehefrau das junge Mädchen nicht mehr in die Schule lassen und sogar in die Türkei schicken.

Wie die Schwägerin des Mannes erklärte, passte es dem Angeklagten nicht, dass seine Tochter viel im Internet chattete und telefonierte. Er soll Handy und Laptop der Schülerin kontrolliert haben. Auch soll er die Freundschaft von Büsra zu dem 17-Jährigen nicht akzeptiert haben - der Familienvater vermutete nach Worten der Frau, dass ihn ein Teil der türkischen Gemeinde in Schweinfurt wegen dieser Freundschaft ignorierte. “Er hat das nicht gern gesehen. Es war schon eine Belastung für ihn“, sagte die Zeugin. Ob der Mann seine Ehre verletzt sah, wisse sie nicht.

Warum der dreifache Vater sein ältestes Kind umgebracht hat, können sich weder Ehefrau noch Schwägerinnen erklären. Sie hätten nichts gegen Büsras Freund gehabt. “Ich hatte überhaupt keine Bedenken“, sagte die Mutter der 15-Jährigen. Das Verhältnis ihres Mannes zu der Jugendlichen sei sehr eng gewesen, viel intensiver als zu den anderen Kindern. Er habe sie sehr geliebt. Am Abend vor der Messerattacke in einem Schweinfurter Mehrfamilienhaus habe es keinen Streit zwischen Vater und Tochter gegeben, sagte die gelernte Krankenschwester. Sie selbst habe ihrem Mann aber gedroht, ins Frauenhaus zu gehen, sollte er die Familie weiter mit seinen Sorgen nerven.

Der Prozess soll an diesem Mittwoch fortgesetzt werden. Möglicherweise wird am 10. März das Urteil verkündet.

dpa

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