Nach Auszug von Asylbewerbern: Vermieterin bleibt auf Schäden sitzen
Zweieinhalb Jahre hat Christine Schäffler aus Schliersee in ihrem Haus Asylbewerber beherbergt. Die Folgen: Wasserschäden und Schimmel. Auf den Kosten bleibt Schäffler wohl sitzen.
Schliersee – Ohne ihr Sauerstoffgerät im Rucksack hält es Christine Schäffler nicht mehr lange aus in ihrem Haus. Fassungslos zeigt die 70-Jährige auf eine Wand im Gästezimmer. Da, wo sie die Tapete abgekratzt hat, sind dunkle Flecken zu sehen. „Schimmel“, sagt Schäffler. Nicht die einzige böse Überraschung, die sie nach dem Auszug der Asylbewerber aus dem Altbau an der Karl-Haider-Straße in Schliersee Ende September 2015 ereilt hat. Diverse Wasserschäden, zertrümmerte Möbelstücke und ein abgeschlagenes Waschbecken: Die Spuren der früheren Bewohner ziehen sich durch jedes Zimmer.
„Ich wollte helfen“, sagt Schäffler, die früher als Pfarrsekretärin gearbeitet hat. Jetzt braucht sie selbst Hilfe. Der Schimmel, da ist sie sich sicher, hat ihre Lunge krank gemacht, und mit ihrer kleinen Rente bekommt sie keinen Kredit für die Sanierung des Hauses. Alles in allem rechnet Schäffler mit einer Summe von 150 000 Euro. Darin enthalten seien auch Betriebskosten, für die das Landratsamt nicht aufkommen wolle, sagt die Schlierseerin. „Ich habe noch keinen Cent bekommen.“ Seit mehr als zwei Jahren stehen die beiden Wohnungen nun leer.
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Bis zu 21 Personen lebten in dem Haus
Gebaut wurde das Anwesen 1902. Fünf Generationen lang war es bewohnt. „Ich habe hier meine drei Kinder großgezogen“, sagt Schäffler. Zuletzt lebte ihre Mutter im Obergeschoss. Als diese 2012 mit 93 Jahren starb, kam Schäffler die Idee, die leeren Räume an das Landratsamt für die Unterbringung von Flüchtlingen zu vermieten. Selbst die strengen Auflagen schreckten sie nicht ab. Auf eigene Kosten ließ sie Brandschutztüren, Feuermelder und eine neue Heizung einbauen. Je sechs Personen hätten in den beiden vollmöblierten Wohnungen ein vorübergehendes Zuhause finden sollen – so jedenfalls stand es im Mietvertrag.
Doch damit nahmen es die Bewohner nicht so genau. Teilweise lebten bis zu 21 Personen in ihrem Haus, berichtet Schäffler. „Das Schlafzimmer war ein Matratzenlager.“ Immer wieder sei es zu Streit und Handgreiflichkeiten gekommen. „Obwohl sie Moslems waren, haben sie viel getrunken und gerauft“, sagt Schäffler. Die Ermittlungen der Polizei seien stets im Sande verlaufen.
Die 70-Jährige, die im Nachbarhaus wohnt, versuchte durch gutes Zureden, die Asylbewerber vom Putzen zu überzeugen. In ihren Augen vergeblich. „Irgendjemand hat ihnen gesagt, dass ich genug Geld bekomme und sie nichts tun müssen.“ Weil die Frauen die Wäsche im Haus zum Trocknen aufgehängt und kaum gelüftet hätten, sei ein Schimmelbefall programmiert gewesen.
90 Beschwerden schickte Schäffler in den zweieinhalb Jahren an das Landratsamt. Im Sommer 2015 wurde es ihr zu bunt. Sie kündigte den Mietvertrag fristlos. Die Abnahme ging flott – zu flott, wie Schäffler heute weiß. Im Protokoll seien lediglich kleinere Mängel aufgelistet worden. Von den Schimmel- und Wasserschäden wusste die Vermieterin damals noch nichts.
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Darauf beruft sich das Landratsamt
Genau auf dieses Schriftstück beruft sich nun das Landratsamt. „Wie in Mietverträgen üblich, sind ausschließlich jene Schäden erstattungswürdig, die im von beiden Parteien unterschriebenen Übergabeprotokoll festgehalten wurden“, teilt die stellvertretende Pressesprecherin Sophie Stadler mit. Da eine „besenreine Übergabe“ vereinbart war, seien Instandsetzungskosten vom Vermieter zu tragen, außer der Schaden sei durch eine vertragswidrige Nutzung entstanden.
Diese sieht die Behörde nicht. „Es lagen während der gesamten Belegungszeit keine Erkenntnisse vor, die den Gebrauch des Hausrechts erforderlich gemacht hätten“, sagt Stadler. Möglich sei, dass Bewohner Besuch empfangen hätten. Die Pflege ihrer sozialen Kontakte könne das Landratsamt den Asylbewerbern aber nicht untersagen.
Dass die Betriebskosten-Nachzahlungen noch nicht erfolgt sind, begründet Stadler mit den prüffähigen Belegen, die Schäffler noch nicht alle eingereicht habe. Grundsätzlich sei das Landratsamt um eine „gütliche Einigung“ bemüht, sagt Stadler. Dies habe Schäffler auch die Regierung von Oberbayern als Aufsichtsbehörde nahegelegt. Der Vermittlungsversuch sei leider erfolglos geblieben. „Frau Schäffler zeigte sich nicht gesprächsbereit.“
Die 70-Jährige widerspricht: Sie habe wegen ihrer krankheitsbedingten Bewegungseinschränkungen lediglich einen Termin im Landratsamt abgelehnt, dafür aber ein Treffen in ihrem Haus als Alternative vorgeschlagen. „Da sind ja auch die Schäden entstanden“, sagt sie. Ihre Hoffnungen ruhen mittlerweile auch auf einer Petition, die sie an den Landtag geschickt hat. „Ich wollte dem Staat helfen und wurde nur ausgenutzt“, sagt die Schlierseerin. „Schlimmer als von Mietnomaden.“ Aufgeben will sie ihr Haus nicht. „Es gibt doch viele Menschen, die dringend eine Wohnung suchen.“
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