Hähnchenmast sorgt für Streit

Ebensfeld - Woher kommen all die knusprigen Wiesn-Hendl? Im Landkreis Lichtenfels ist Oberfrankens größte Hühnermastanlage geplant. Aber die Anwohner laufen dagegen Sturm.
Hunderttausende Hendl sind auf dem Münchner Oktoberfest verspeist worden, auch bei anderen Festen und Kirchweihen dürfen knusprig gebratene Hähnchenhälften nicht fehlen. Bevor so ein Tier aber als Brathähnchen auf dem Teller landet, muss es gemästet werden. Im Landkreis Lichtenfels soll Oberfrankens größter Hähnchenmastbetrieb entstehen - zum Entsetzen vieler Bürger, die Gestank, Viren, Bakterien, Pilze, verunreinigte Böden, durch Fäkalien und Medikamente verschmutztes Grundwasser und eine ganze Reihe anderer Belastungen für das 60-Einwohner-Dörfchen Messenfeld bei Ebensfeld fürchten.
Argumente, die Bernhard Stark, für Ober- und Unterfranken zuständiger Geflügelberater im Landwirtschaftsamt Würzburg, alle entkräften möchte. “Alles wird genau untersucht und geprüft“, verspricht er. Das Desinfektionsmittel für den Betrieb etwa sei vollkommen biologisch abbaubar. Der Stall sei ausgelegt auf 39 000 Masttiere, das entspreche rund 60 Großvieheinheiten - etwa Kühen. Und bei einem Stall für 60 Kühe würde niemand protestieren, ist er sich sicher.
Auch der Bürgermeister des Marktes Ebensfeld, Bernhard Storath (CSU), kann die Aufregung auch nicht verstehen. Es handle sich um einen landwirtschaftlichen Betrieb, den eine Familie plane, die bereits seit Generationen in der Landwirtschaft tätig ist und sich nun eben auf Hühnermast spezialisieren möchte: “Das wird kein Industriebetrieb.“
Die Familie selbst ist für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. “Sie hat das Gefühl, dass sie am Pranger steht“, weiß der Bürgermeister. “Das geht der Familie an die Substanz.“ Tatsächlich ist im Dörfchen Messenfeld die Ablehnung kaum zu übersehen. An mehreren Häusern und in einigen Vorgärten hängen Transparente, die vor einer “Hühnerhölle“ warnen.
“Messenfeld ist eine idyllische Ortschaft“, sagt Roswitha Wich von den Mastbetrieb-Gegnern. Und die Furcht sei groß, dass diese Idylle durch die 39 000 Hähnchen empfindlich gestört werde. Impfstoffe, Viren und Bakterien würden durch die Masttiere freigesetzt und die Einwohner gefährden. “Das Allergie- und Asthmarisiko steigt.“ Durch das Ausbringen des Hühnerkots auf die Felder verseuche der Landwirt die Böden. Für sie und ihre Mitstreiter ist der geplante Stall schlichtweg eine “Giftgefahr“ und eine “Tiermastfabrik“. Derzeit prüft das Landratsamt das Bauvorhaben, die Kommune hat ihr Einverständnis bereits gegeben.
Bis Mitte Oktober soll eine Entscheidung fallen. Ob die Gegner dann weiter Widerstand leisten und möglicherweise sogar vor Gericht ziehen, will Wich noch offen lassen. Zunächst wolle man ein Hygienegutachten abwarten, dass das Landratsamt in Auftrag gegeben habe.
Bürgermeister Storath, ein Biobauer “mit Leib und Seele“, wie er erzählt, gibt zu bedenken, dass Mastbetriebe eine Reaktion auf das Kaufverhalten der Menschen seien: “Die Leute wollen keinen Mastbetrieb haben, aber billiges Fleisch essen. Und das muss irgendwo produziert werden.“ Die deutschen Vorschriften zum Tierschutz seien viel strenger als anderswo. Werde in Deutschland nicht mehr gebaut, komme das Hähnchenfleisch aus Osteuropa, wo die Vorgaben laxer seien. “Das passt auch nicht zusammen.“ Der geplante Stall liege 600 Meter von der Ortschaft entfernt, alle Vorgaben seien eingehalten. “Das muss man akzeptieren.“ Die Fronten sind jedoch verhärtet. “Wir kämpfen weiter, das Thema betrifft uns massiv“, kündigt Gegnerin Wich.
dpa