So jagte die Polizei den Autobahn-Sniper

Würzburg - Die Jagd auf den irren Brummi-Sniper, der jahrelang auf Autotransporter schoss, war wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen.
Der Prozess gegen den geständigen Lkw-Fahrer Michael Harry K. (58) vor dem Landgericht Würzburg offenbart jetzt, wie ihm das BKA auf die Schliche kam.
Weil die Mautdaten zunächst für die Fahndung nicht zur Verfügung standen, installierten die Fahnder sieben Kennzeichen-Lesegeräte entlang der besonders betroffenen Autobahnen. „Für einen Beschussfall nahe Weibersbrunn wurden darüber hinaus 17 500 Verbindungsdatensätze bei Telekom, Vodafone und O2 angefordert“, sagte Kriminalbeamtin Carolin P. (29) jetzt aus. Aus Rufnummern von 30 verschiedenen Nationen, die zum Tatzeitpunkt in der Funkzelle des Tatorts eingeloggt waren, mussten die Ermittler die verdächtigen Teilnehmer herausfiltern – und fanden tatsächlich sieben Nummern, die auch bei anderen Fällen festgestellt wurden.
Als sich der Verdacht gegen den Lkw-Fahrer aus der Eifel erhärtet hatte, beschlagnahmte die Soko „Transporter“ dessen Mautabrechnungen und verglich sie mit den gemeldeten Schüssen auf Autotransporter. Volltreffer! Minutiös ließ sich nachweisen, wo Michael K. beispielsweise am 10. November 2009 auf seiner Fahrt von Oberbayern nach Unterfranken geschossen hatte.
Carolin P.: „Er war an diesem Tag um 13.21 Uhr bei Forstinning auf die A94 aufgefahren, fuhr dann bis zum Autobahnkreuz München-Ost und weiter auf der A9 in nördlicher Richtung.“ Auf dieser Strecke gab es Überschneidungen mit gleich fünf Schüssen: Am Autobahnkreuz Neufahrn traf es gegen 14 Uhr einen BMW-Transporter auf der Gegenfahrbahn. Zwischen 14.18 und 14.28 Uhr ballerte K. auf Höhe des Parkplatzes „Baarer Weiher“ auf einen grauen Mercedes GLK auf einem Transporter. Um 17.08 Uhr traf es auf der A3 einen Mini Cooper. Eine Viertelstunde später schoss K. während eines Elefantenrennens mit einem Sattelschlepper gleich viermal auf den Kontrahenten. Um 18.09 Uhr kam es auf Höhe des Rasthofes Würzburg zum gravierendsten Fall: Ein Querschläger traf Autofahrerin Petra B. in den Hals – sie überlebte nur knapp.
Im Prozess wurde jetzt auch bekannt, woher K. seine Kenntnisse über Waffen hatte: aus seiner Zeit im DDR-Knast! 1978 war er zu 14,5 Jahren Haft verurteilt worden, weil er Autos gestohlen hatte. In der JVA Brandenburg habe er dann Waffen verzieren müssen, die Staatschef Erich Honecker an ausländische Staatsgäste verschenkte. Durch eine Amnestie kam er vorzeitig frei und siedelte in den Westen über. Der Prozess wird am 8. September mit der Aussage seiner Ehefrau fortgesetzt. Ihm droht wegen versuchten Mordes lebenslange Haft.
tz