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Söders Ein-Euro-Ticket für Fahrräder: Chaos vorprogrammiert

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Von: Johannes Welte

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Der Andrang an Bayerns Regionalbahnen könnte durch das Ein-Euro-Fahrradticket noch größer werden
Solche Szenen wie am Bahnhof Gmund ist man bei der BRB gewohnt © Thomas Plettenberg

Für einen Euro in ganz Bayern das Rad im Zug mitnehmen – mit diesem Plan überraschte Ministerpräsident Markus Söder Ende März die Öffentlichkeit. Bei den Bahnbetreibern macht man sich aber jetzt große Sorgen: „Wir haben keine Kapazitäten dafür“, heißt es. Chaos sei vorprogrammiert.

München - Wer in Bayern derzeit sein Fahrrad im Regionalzug mitnehmen will, muss für ein Tagesticket sechs Euro hinblättern. Das soll sich ändern: Beim Verkaufsstart des 49-Euro-Tickts gab Söder am 30. März den Journalisten bekannt, dass er ein Ein-Euro-Ticket für Radl im Freistaat plant.

Ab wann das gelten soll und für wie lange, sagte er nicht, allerdings bestätigte das Kabinett sein Vorhaben vor einer Woche – jedoch auch ohne Details. „Der Gesetzentwurf wird derzeit von den Regierungsfraktionen im Landtag bearbeitet und soll noch vor der Sommerpause vorgestellt werden“, heißt es dazu im Verkehrsministerium.

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Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern
Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern © Sven Hoppe/dpa

Fahrradmitnahme im Zug: BRB schon jetzt oft jenseits der Kapazitätsgrenze

Bei den Bahnunternehmen kann man sich die Umsetzung allerdings kaum vorstellen: „Unsere Züge sind schon jetzt vor allem an Sommerwochenenden und in der Urlaubszeit völlig ausgelastet“, berichtet Sabine Flossmann, Sprecherin der bayerischen Regiobahn, die das Oberland-Netz von München nach Lenggries, Tegernsee, Bayrischzell sowie den Meridian von München nach Salzburg und Kufstein betreibt. „Es gibt regelmäßig Konflikte zwischen Fahrradfahrern und Fahrgästen ohne Rad oder Rollstuhlfahrern,“ so Flossmann weiter. „Fahrgäste haben immer Vorrang.“ Viele Radler hätten aber kein Verständnis dafür, wenn sie nicht befördert werden.

Wenn das Ein-Euro-Ticket noch mehr Radler anlockt, könne die BRB den Ansturm wohl nicht mehr bewältigen. Wieso nicht einfach mehr Züge fahren lassen? „Wir haben das Wagenmaterial für den Regelbedarf, den der Freistaat bei uns bestellt hat“, so Flossmann weiter. Doch auch für zusätzliche Züge wäre kein Platz: „Viele Bahnsteige sind zu kurz für längere Züge, außerdem haben wir auf den eingleisigen Strecken keine Kapazität für mehr Bahnen.“

Bahnsteige oft zu kurz für längere Züge

Auch bei GoAhead Bayern und Agilis reagiert man skeptisch auf die Ticketpläne. So sind die bei Radlern beliebten Bahnstrecken Memmingen-Lindau (Bodensee) und entlang der Donau von Ingolstadt bis Donauwörth ebenfalls teilweise einspurig und weisen kurze Bahnsteige auf. Zwischen Memmingen und Lindau fährt derzeit bereits sogar ein ganzer Zugteil von GoAhead leer, da wegen kurzer Bahnsteige niemand aus- und einsteigen könnte - am Bahnhof Memmingen aber gleichzeig kein Platz zum Abstellen des Zugsteils ist.

Die Agilis setzt bereits jetzt von Frühling bis Herbst an den Wochenenden eigene Radlzüge bis Passau ein. „Allerdings beobachten wir, dass die Fahrradmitnahme vor allem zu Spitzenzeiten im Pendlerverkehr bereits jetzt zu Verspätungen durch die verlängerten Ein- und Aussteigevorgänge führt“, warnt Agilis-Sprecher Thomas Tomaschek.

Auch die Deutsche Bahn ist im Moment zurückhaltend, was das Billig-Radlticket betrifft: „Grundsätzlich stellen Fahrradverkehre gerade auf den stark nachgefragten Ausflugsrelationen im Sommer und in den Ferien mitunter eine Herausforderung dar“, so eine Sprecherin. Die Fahrradmitnahme sei je nach Zug und Strecke bei großer Nachfrage teilweise stark limitiert. Ansonsten warte man die Details ab, die der Landtag beschließen solle.

Radmitnahme in Hessen und Baden-Württemberg seit Jahren gratis

Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) begrüßt zwar Söders Ein-Euro-Radticket, Sprecherin Laura Ganswindt gibt aber zu bedenken: „Der Preis allein löst noch nicht das Problem, dass es zu wenig Platz in den Nahverkehrszügen gibt.“ Weiter: „Dass das geht, macht Baden-Württemberg vor, wo die Radmitnahme außerhalb der morgendlichen Berufsverkehrs-Sperrzeit grundsätzlich möglich und sogar kostenlos ist.“

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