Staubilanz 2017: Viele Rekorde in Bayern - das war der schlimmste Tag

Donnerstage sind schlimm, die A 8 ist schlimm – und am schlimmsten ist beziehungsweise war der Tag vor einem bestimmten Feiertag. Der ADAC hat seine Staubilanz 2017 veröffentlicht.
München – Ergebnis: viele Rekorde, über die sich keiner freut. Ein Überblick über Bayerns Orte mit allerhöchster Blechlawinengefahr. Bernd Emmrich, 46, muss gar nicht selbst mit dem Auto fahren, um den Stau zu spüren. Wütende Autofahrer rufen den Verkehrsexperten verlässlich in der Münchner ADAC-Zentrale an. Dann muss Emmrich erklären, warum es sich in München und Umgebung so oft staut. Unmut gab es schon immer, sagt er. „Aber die Lautstärke ist eine andere geworden.“ Seit fünf Jahren werde es mit den Staus immer schlimmer. „Das Fass ist voll – alles, was jetzt drauf kommt, bringt es zum Überlaufen.“ Der Verkehrsexperte hat das Gefühl, dass es schon bald überlaufen wird.
Warum? Weil bekannterweise nichts so nervig ist, wie seine Zeit im Stau zu verplempern – und weil es tatsächlich immer schlimmer wird. Das zeigen zumindest die Zahlen, die der ADAC Dienstag präsentiert hat. Der Automobilclub hat im vergangenen Jahr 723.000 Staus in Deutschland gezählt. Eine unfassbare Zahl. Das sind fast 2000 Staus pro Tag, ein Rekordwert in der Geschichte der Bundesrepublik. Die längsten Staus gibt es übrigens an Donnerstagen – und die kürzesten sonntags. Vielleicht ein hilfreicher Tipp, wenn man seine Woche plant.
Der Freistaat Bayern hat insgesamt 2515 Autobahnkilometer, dort kam es im vergangenen Jahr zu 127.885 Stau-Meldungen. Der ADAC hat sogar ausgerechnet, wie viele Stunden der leidgeplagte Autofahrer und natürlich auch der Lkw-Fahrer dort im Stau stand: 74.971, das sind über achteinhalb Jahre. Gesamtzahl der bayerischen Staukilometer: 282.707. Im Vergleich: Der Mond ist rund 384.000 Kilometer entfernt, da fehlt also nicht mehr viel.

Die Top 10 der beliebtesten Schlager und der besten Bundesligaspieler aller Zeiten gibt es schon lange, doch der ADAC hat eine ganz neue Kategorie erfunden: die „Deutschland-Top 10 der schlimmsten Stau-Ereignisse“. Hört sich dramatisch an. Ist es auch. Vor allem für südbayerische Autofahrer – sie sind gleich dreimal in dieser traurigen Bestenliste vertreten. Am Sonntag, 6. August, war auf der A 8 zwischen München-Süd und Bad Reichenhall 33 Kilometer Stau. 335 Minuten ging gar nichts, schlimmer war es im Vorjahr nirgends. „Auf Rang 2 landete der Samstag, 3. Juni“, sagt Stauexperte Bernd Emmrich. Es erwischte wieder die A 8 – zwischen Holzkirchen und dem Inntal-Dreieck. Staulänge: 29 Kilometer. Dauer: über acht Stunden.
Wer dort festsaß, wird diesen Tag wahrscheinlich ein Leben lang nicht vergessen. „Unglücklicherweise fiel der Beginn der bayerischen Pfingstferien mit dem italienischen Nationalfeiertag am 2. Juni zusammen“, sagt Emmrich. „Durch das dadurch bedingte Lkw-Fahrverbot stauten sich die Brummis schon im Freistaat und trafen direkt mit den Urlaubern zusammen.“ Eine Blechlawine des Grauens. Auch schlimm war es Mitten in den Sommerferien am 16. August auf der A 3 zwischen Passau-Mitte und Hengersberg, hier kam es auf 28 Kilometern zum Stillstand und zu 229 Stau-Minuten.
Staureichster Tag: Der 24. Mai 2017
Der deutschlandweit staureichste Tag war übrigens der 24. Mai 2017, das war der Tag vor Christi Himmelfahrt. Damals stand der Verkehr auf 10.000 Kilometern still.
Es sind immer die gleiche Strecken, die von Extrem-Staus betroffen sind. Pendler, die im Münchner Umland wohnen, kennen das. Trauriger Spitzenreiter hier: die A 9 zwischen Eching und München, Frankfurter Ring. Hier staute es sich zum Beispiel im Oktober alleine 308 Mal. Gefolgt von der A 99 von Kirchheim zum Kreuz München Nord (283 Mal) und der A 99 zwischen Eschenried und Dreieck München-Feldmoching (163). Fahrgemeinschaften könnten ungemein helfen, sagen die Experten. Aber nicht immer ist es die Masse an Fahrzeuge, die Stau verursacht, sagt Emmrich: „Oft tragen Autofahrer erheblich dazu bei. Es sind Egoismen zulasten des Gesamtsystems. Manche drängeln sich vor, nur um ein paar Sekunden schneller anzukommen.“
Aber natürlich ist die Drängelei nicht alleine für die hundertausenden Staukilometer verantwortlich. Es sind andere Dinge. Die Deutschen sind 2017 mehr Auto gefahren als im Vorjahr – trotz Bekenntnissen zu Ökologie und Milliardeninvestitionen ins Bahnnetz. Gleichzeitig haben die Baustellen um drei Prozent zugenommen. Ein Zehntel des Autobahnnetzes ist im Schnitt von längeren Baustellen betroffen. Die Moral von der Geschichte? Vielleicht öfter mal das Radl nehmen – oder einfach mal, wenn es unbedingt das Auto sein muss, sonntags so zwischen 1 und 2 Uhr in der Nacht nach Mecklenburg-Vorpommern fahren. Dort gab es im Jahr 2017 die wenigstens Staus überhaupt.
Sebastian Raviol und Stefan Sessler