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Trauernde in der Abzock-Falle

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Manche Betrüger haben es auf Trauernde abgesehen.
Manche Betrüger haben es auf Trauernde abgesehen. © dpa

Grafing - In ihrer Post fand Roswitha Nowara aus Grafing (Kreis Ebersberg) ein paar Tage nach dem Tod ihres Vaters Georg Grimm einen Brief aus Berlin – mit Bundesadler im Briefkopf.

Darin wird ihr das Beileid ausgesprochen und angekündigt, dass der Verstorbene nun im „Bundesanzeiger für Bestattungen“ aufgeführt würde. Für die Eintragung auf dieser Internet-Seite werde ein einmaliger Preis in Höhe von 198 Euro fällig, der innerhalb von fünf Tagen überwiesen werden müsse. Vorsicht: Abzocke!

Das Zahlungsziel und der angehängte Überweisungsträger erwecken den Eindruck einer Rechnung, obwohl es sich dabei um ein Angebot handelt. „Wenn das jemand nicht genau liest, fällt er darauf rein“, ist sich Roswitha Nowara sicher.

In der Tat sind auf der Homepage des „Bundesanzeigers“ etliche Sterbefälle in der Region aus den vergangenen Tagen aufgeführt – etwa aus Petershausen, Aschau, Erding und Freising. Auch die Ende Dezember verstorbene Mutter von Bernhard Matheisl aus Garmisch-Partenkirchen ist genannt – was Matheisl verwundert: Er hat sofort gemerkt, dass mit dem Schreiben etwas nicht stimmt und zudem einen Warnanruf des von ihm beauftragten Bestattungsinstuts erhalten. „Man kann nur warnen“, sagt Matheisl.

Im Justiz- und Verbraucherschutzministerium prüften drei Fachleute die Sache – mit eindeutigem Resultat: „Dieses Schreiben ist eine bodenlose Dreistigkeit und zudem pietätslos gegenüber trauernden Angehörigen“, sagte Sprecher Wilfried Krames. „Wir raten, Strafanzeige zu erstatten“ – entweder bei der Polizei oder beim Amtsgericht.

Gegen die Firma, die in Wildeshausen bei Oldenburg sitzt und in ihrem Schreiben ein Postfach in Berlin aufführt, müsse rechtlich etwas in Gang kommen. Infrage komme versuchter Betrug – und wenn gezahlt worden sei, sogar vollendeter Betrug.

Auch ein Verstoß gegen das Markenrecht sei ein denkbares Delikt. Die Verwendung des Bundesadlers zum Beispiel dürfte eine Ordnungswidrigkeit sein – das Wappen ist per Gesetz ausdrücklich geschützt.

Empört reagiert auch die Verbraucherzentrale Bayern. „Die Leute sind in ihrem Schmerz und in ihrer Trauer doch nur eingeschränkt handlungsfähig“, warnte Sprecherin Ortrun Larisch.

In Grafing betreibt Angela Imhoff ein Bestattungsinstitut und berichtet von einem weiteren Fall, in dem versucht worden ist, aus dem Tod eines Menschen Kapital zu schlagen. „Die Angehörigen haben sich an mich gewandt, nachdem sie die Überweisung am Samstag schon auf die Bank gegeben hatten.“ Die Zahlung konnte am darauffolgenden Montag noch gestoppt werden. „Bei einem Trauerfall flattern einem so viele Rechnungen ins Haus, zum Beispiel von der Gemeinde, vom Floristen, vom Pfarrer oder vom Steinmetz, da kann einem das schon durchrutschen“, befürchtet Imhoff. „Die versuchen, die Trauenden zu überrumpeln. Oft handelt es sich ja um alte Leute.“

Michael Seeholzer, Dirk Walter

Quelle: tz

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