Verstörendes Video: Hund quält Hund halb tot - Besitzer sehen zu
Ein großer Hund quälte einen kleinen, bis der zitternd und halb tot am Boden lag. Nach dem Bericht unserer Zeitung meldeten sich viele Tierfreunde. Der kleine weiße Hund wurde nun eingeschläfert.










Leitzachtal/Landkreis Miesbach – Max, ein kleiner weißer Malteser, leidet über Stunden, vielleicht Tage. Sein Blut hat das weiße Fell im Nacken rotbraun gefärbt. Immer wieder packt der schwarze Riesenschnauzer das kleine Fellbündel, zerrt, schleudert, beißt, quält. Es ist ein Todeskampf, den die Nachbarn von Max’ Besitzern auf Video festgehalten haben. Max heißt nicht wirklich so. Alle Namen und der Ort des Dramas sind der Redaktion bekannt, wurden aber zum Schutz der Zeugen, aber auch der betroffenen Familie, geändert und anonymisiert.
Max versucht noch, auf seine Schmerzen hinzuweisen
Max versucht anfangs noch, dem Großen seine Schmerzen anzuzeigen. Er winselt, versucht Kontakt aufzunehmen, als wolle er sagen: Ich bin dein Freund, dein Artgenosse. Sein Blick wirkt fassungslos. Anfangs kann er noch aufstehen, versucht zu fliehen. Aber der Große fängt ihn wieder ein, wirft ihn durch die Luft. Für ihn ist es ein Spiel. Nicht zwischen Artgenossen, sondern zwischen Jäger und Beute. Das Blut scheint ihn nicht zu stören. Manchmal leckt er es aus der Wunde im Nacken. Fast zärtlich, dann beißt er Max wieder in den Kopf und zieht ihn durch den Schnee, der sich auch rot färbt. Irgendwann liegt Max nur noch regungslos da, die Beine zitternd in die Luft gestreckt.
Achtung: Diese Bilder könnten Sie verstören. Nicht für Kinder geeignet.
Nachbarn filmen verstörende Szenen
Die Nachbarn, ein älteres Paar (sie: 86, er: 78), beobachten das Unfassbare. Selbst einschreiten trauen sie sich nicht. Die beiden haben Angst vor dem Hund und der Familie. Sie filmen die Szenen. Sie haben so ein Gefühl, dass ihnen die Geschichte sonst niemand glauben wird.
Odyssee durch die Behörden: Keiner will verantwortlich sein
Tatsächlich wird der Versuch, auf das Tierdrama aufmerksam zu machen zur Odyssee, die schließlich in der Redaktion endet. Zuerst sucht das Paar die Polizei Miesbach auf. Dort verweist man aufs Ordnungsamt, beziehungsweise den Tierschutzverein. Die Polizei selbst habe keine Handhabe. Das ist im Prinzip richtig. Wenn ein Hund einen anderen Hund verletzt, ist das vor dem Gesetz erst einmal Sachbeschädigung. Beide Hunde gehören einer Familie. Der Halter des jungen Riesenschnauzers ist der Sohn. Max gehört der Mutter. Der alte, gebrechliche Mann, der im späteren Verlauf des Videos ebenfalls von dem Riesenschnauzer angegriffen und blutig gebissen wird, ist ihr Ehemann. Die Familienmitglieder müssten sich also gegenseitig wegen Sachbeschädigung und Körperverletzung anzeigen. Theoretisch.
Hinzu kommt: Zwischen den Hundehaltern und den Nachbarn schwelt seit drei Jahren ein Nachbarschaftsstreit. Das macht die Geschichte des älteren Paars, das selbst ein wenig skurril wirkt, nicht gerade glaubwürdiger. Das Video schaut sich der Polizeibeamte nicht an.
Drei Tage geht der Todeskampf weiter
Natürlich gibt es das Tierschutzgesetz. „Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen“, steht da drin. Die Nachbarn rufen im Tierheim Rottach-Egern an. Dessen Chef Markus Glanz verweist aufs Veterinäramt. Er selbst habe keine Handhabe. Auch das ist richtig. Das Veterinäramt verweist auch aufs Ordnungsamt der Gemeinde. Nur wird das erst tätig, wenn der Hund eine Gefahr für die Bevölkerung darstellt. Das Drama spielt sich im privaten Garten ab. Drei Tage geht der Todeskampf nach Aussage des Nachbarn weiter.
Einziges Lebenszeichen: Nur das kleine Bäuchlein bewegt sich noch auf und ab
Am Ende liegt Max allein und regungslos im Schnee. Nur das kleine Bäuchlein, das sich rhythmisch und schwer auf und ab bewegt, teilt dem Beobachter mit, dass Max noch lebt. Dann macht der schwarze Riesenschnauzer mit seinem erbarmungslosen Spiel weiter. Als der alte Mann, der sich im Vergleich zu dem jungen Hund – mit seinem Gehstock, tief vornübergebeugt – nur in Zeitlupe bewegt, zum wiederholten Mal dazwischengehen will, wird auch er zum Spielzeug. Wie eine Puppe wird er immer wieder in den Schnee geworfen. Der Hund beißt in seine Hand, zerrt daran. Der Mann schreit vor Schmerzen, versucht sich mit Tritten zu wehren und sich immer wieder dem regungslosen weißen Fellbündel zu nähern.
Nach Anruf von uns: Polizei ermittelt
Als unsere Redaktion das Material zu Gesicht bekommt, haben wir bei der Polizei nachgehakt. Auf unser Betreiben hin macht sich die Miesbacher Polizei-Chefin Katharina Schreiber persönlich ein Bild. Auch sie zeigt sich betroffen. „Ich habe es mir zuerst nicht vorstellen können, aber jetzt ergibt sich ein anderes Bild.“ Schreiber leitet Ermittlungen ein. Doch ob das heimlich gedrehte Video vor Gericht bestand hat? Mehr als fraglich.
„Das ist ein Problemhund.“
„Das ist immer das Problem“, sagt Johanna Ecker-Schotte, Vorsitzende des Tierschutzvereins Tegernseer Tal. „Wenn Tierquälerei nachgewiesen wird, ist es meistens schon zu spät.“ Der Nachbar habe alles richtig gemacht, ebenso ihr Tierheimchef. „Wir geben das immer an die Behörden weiter.“ Auch könne man den jungen Hund nicht verantwortlich machen. „Der wurde nie sozialisiert.“ Wenn Hunde vernünftig erzogen werden, wissen sie normalerweise genau, was Blut heißt, und was es bedeutet, wenn ein Rudelmitglied blutet. Ecker-Schotte: „Das ist ein Problemhund.“ Sein Schicksal? Unklar.
Das sagt die Besitzerin des Horrorhundes
Max’ Besitzerin (66) wiegelt auf Nachfrage zuerst ab. Das sei alles von ihrem Nachbarn erfunden. „Mit Fotoshop lässt sich viel machen.“ Konfrontiert mit den Videoaufnahmen, lenkt sie ein. Das alles sei „sehr unglücklich“ gelaufen, aber Max sei auch schon sehr alt, 16 Jahre, und habe schon viele Krankheiten. Sie habe schon oft überlegt, ob sie ihn nicht lieber einschläfern lasse. Der Hund ihres Sohnes sei sehr ungestüm und jung. „Inzwischen gehen wir mit ihm auf die Hundeschule. Der hat halt rumgealbert.“ Und dabei habe ihr Max eine Schramme abgekriegt. Das Blut stamme von einem aufgeplatzten Ekzem.
„Ich kann mich an diesen Tag nicht erinnern.“
Auch ihr Mann sei sehr alt, 86, und krank, er habe gerade eine OP hinter sich. „Klar, dass der nicht gut auf den Beinen ist.“ Und er nehme Blutverdünner, deshalb blute er eben auch recht schnell. Und Max sei inzwischen in einer Tierklinik. Max’ Besitzerin wirkt wie eine Frau, die alles unter Kontrolle hat. Ruhig, intelligent, überzeugend. Als das Video entstanden ist, muss diese Kontrolle wohl versagt haben. Ob sie ihren Mann vor Schmerzen hat schreien hören? „Ich kann mich an den Tag nicht mehr erinnern.“
Was sie nicht sagt: Nicht sie hat Max in eine Klinik gebracht, sondern die Polizeihundeführerin, als Schreiber die Ermittlungen eingeleitet hat – mehr als zwei Wochen nachdem die Aufnahmen entstanden sind. Noch lebt Max. Besitzerin und Veterinäramt entscheiden nun gemeinsam, ob er eingeschläfert werden soll. Aktuell prüfen die Behörden, „inwieweit ein Fehlverhalten der Besitzerin vorliegt“. Ob die Familie den Riesenschnauzer behalten darf, wird ebenfalls noch geklärt.
kmm
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- Gastbeitrag von Bine Alff aus München: Als meine Hündin Carlie im Sommer 2014 verschwand, änderte sich in meinem Leben alles.
- und zwei Gastbeiträge der Münchner Hundetrainerin Nathalie Örlecke: An die ignoranten Münchner, die ihre Hunde frei laufen lassen; An die Münchner, die den Dreck ihrer Hunde nicht wegmachen.
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