Warum musste Anton Pfahlers Sohn sterben?

Neuburg an der Donau - Ganz Neuburg steht vor einem Rätsel. Warum musste Florian Pfahler (23), Sohn des Neonazis Anton Pfahler (65) sterben? Eine Nachbarin hat eine vage Vermutung.
Ganz Neuburg steht vor einem Rätsel? Warum musste Florian Pfahler (23), Sohn des Neonazis Anton Pfahler (65) sterben? Besorgte Bekannte hatten am Mittwoch die Polizei zu der Waldhütte des 65-jährigen gerufen. Als die Streife eintraf, schoss sich Anton Pfahler mit einer Pistole in den Bauch. Er überlebte schwer verletzt. Dann fanden die Beamten die Leiche des Sohnes.
Nach BR-Informationen starb der Sohn durch einen Schuss aus der
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selben Waffe in den Mund. Anton Pfahler lebt in einer Schreinerei im nahen Sinning, der Sohn in Neuburg, wo auch die Mutter wohnt. „In den vergangenen Monaten tauchte der Florian oft bei seinem Vater auf, wo er früher kaum war“, so eine Nachbarin. „Er war sehr verschlossen.“
Auf Facebook lud er Filme aus dem 2. Weltkrieg, hoch, beschäftigte sich mit dem Hakenkreuz, nannte aber auch den Dalai Lama als Vorbild. Er habe psychische Probleme gehabt, heißt es. Die Nachbarin: „Vielleicht ertrug der Vater das nicht.“ Am Donnerstagabend erklärte die Polizei, sie gehe von einem Selbstmord des Sohnes aus, es gebe einen Abschiedsbrief. Nur: Wer hat ihn verfasst? Gegen den Vater wird gegen Totschlag ermittelt: Er könnte dem Sohn die Waffe geführt haben …
J. Welte
Die enge Verbindung zur Wehrsportgruppe
Anton Pfahler ist ein Schwergewicht der rechtsextremen Szene. Der Sohn eines Sägewerksbesitzers aus Neuburg/Donau kaufte im Nachbarort Oberhausen-Sinning eine stillgelegte Schreinerei. Dort gab er unter anderem der NPD-Zeitung Deutsche Stimme Unterschlupf.1998 fand man bei einer Razzia Maschinenpistolen, Sturmgewehre, Handgranaten, Munition und Tretminen. Pfahler wurde 1999 wegen des Verstoßes gegen das Kriegswaffengesetzes zu drei Jahren und acht Monaten Haft verurteilt, die er längst abgesessen hat. Zuletzt beherbergte er in seinem Anwesen Neonazis, die aus der Haft entlassen worden waren.
Pfahler war aber auch „Offizier“, bei der Wehrsportgruppe Hoffmann, war laut Spiegel dort für die Beschaffung von „Militärfahrzeugen“ zuständig. Die Wehrsportgruppe Hoffmann hatte 1973 der Nürnberger Neonazi Karl-Heinz Hoffmann gegründet. Ihre Mitglieder und Sympathisanten waren in mehrere schwere Verbrechen verwickelt, unter anderem das Oktoberfest-Attentat von 1980 (siehe rechts). Im Zeitraum des Oktoberfest-Attentates fuhr ein von Hoffmann organisierter Konvoi ausgesonderter Militärfahrzeuge über Neuburg und München nach Jugoslawien. Hatte Pfahler die Gruppe damals beherbergt?
Die Wehrsportgruppe wurde am 30. Januar 1980 als verfassungsfeindlich verboten. Nach dem Verbot wurden bei Hausdurchsuchungen in drei Bundesländern 18 Lastwagenladungen an Material beschlagnahmt: Propagandamaterial und Stahlhelme, Karabiner, Pistolen, Munition, Bajonette und Handgranaten.#
Das Oktoberfest-Attentat
Am 26. September 1980 verübte der Neonazi Gundolf Köhler einen Anschlag auf das Müchner Oktoberfest. Es gab 13 Tote und mehr als 200 Verletzte. Köhler verfügte über beste Beziehungen zur Wehrsportgruppe Hoffmann. Die genauen Umstände des Attentats sind bis heute nicht geklärt. Zahlreiche Fakten sprechen gegen die Tat eines Einzelnen.
Der damalige Innenminister Gerold Tandler (CSU) sagte unmittlbar nach dem Attentat: „Alle Ermittlungen sprechen dafür, dass die Angehörigen der Wehrsportgruppe Hoffmann schuld sind an diesem Massenmord auf der Wiesn”.
Mord an einem jüdischen Verleger-Paar
Im Dezember 1980 ermordete Uwe Behrendt, ein Mitglied der Wehrsportgruppe Hoffmann, den Nürnberger jüdischen Verleger und Rabbiner Shlomo Lewin und dessen Lebensgefährtin Frieda Poeschke in ihrer Wohnung in Erlangen. Als Tatwaffe wurde eine Maschinenpistole verwendet, deren Eigentümer Karl-Heinz Hoffmann war. Am Tatort wurde auch die Brille von Karl-Heinz Hoffmanns Ehefrau Franziska gefunden. Uwe Behrendt flüchtete in den Libanon. Er beging dort später Selbstmord. Eine Beteiligung Hoffmanns beziehungsweise ein von ihm in Auftrag gegebener Mordauftrag wurde vermutet, konnte jedoch nicht nachgewiesen werden.
Das Bologna-Attentat
Am 2. August 1980 explodierte am Hauptbahnhof in Bologna eine Bombe. 85 Menschen starben, mehr als 200 wurden verletzt. Die rechtsradikale terroristische Organisation „Ordine Nuovo“ wurde beschuldigt, den Anschlag verübt zu haben. Zwei Agenten des italienischen Geheimdienstes SISMI und der Vorsitzende der Propaganda Due, Licio Gelli, wurden wegen Behinderung der Ermittlungsarbeiten verurteilt. Karl-Heinz Hoffmann soll 1980, laut Neonazi Elio Ciolini, ebenfalls an dem Bombenattentat in Bologna beteiligt gewesen sein. Eine Beteiligung konnte jedoch nicht nachgewiesen werden.