Fettverbrennungs- puls: Mythos und Wahrheit
Fettverbrennungspuls – jeder, der ab und zu Sport treibt, hat dieses Wort schon mal gehört.
Es spukt durch die Fitness-Szene wie Geister in einem alten Schloss. „Am meisten Fett verbrennt, wer bei einer niedrigen Pulsfrequenz zwischen 110 und 130 Schlägen die Minute trainiert“, heißt es. Viele Fitnesstrainer und sogar einige Mediziner geben diesen Irrglauben noch weiter. Und setzen dabei Fettverbrennung mit Fettabbau gleich. Grundfalsch.
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Richtig ist: „Relativ gesehen, verbrennt man umso mehr Fett, je geringer die körperliche Belastung ist“, sagt Sportmediziner Dr. Karlheinz Zeilberger. Das heißt, der Körper stellt die Energie, die er beim Sport verbraucht, zu einem höheren Prozentsatz aus den Fettzellen bereit. Je größer die Anstrengung, desto weniger trägt Fett zur Energiegewinnung bei, und desto mehr Energie wird aus der Verbrennung von Glukose (Traubenzucker) in den Muskeln geschöpft.
Und jetzt das große ABER: Je weniger wir uns beim Sport anstrengen, desto weniger Kalorien verbauchen wir unterm Strich – selbst wenn die Energie zu einem größeren Teil aus den Fettzellen kommt. Die absolute Menge an Fett ist geringer als bei größerer Belastung. Kurz: Je mehr wir uns anstrengen, desto größer ist die Fettverbrennung und damit der Fettabbau. Freilich dürfen wir dabei nicht über unsere Belastungsgrenze hinaus gehen. Wer sich dauerhaft überfordert, blockiert sogar seinen Fettabbau. „Hinzu kommt, dass wir bei größerer Belastung mehr Energie verbrauchen“, sagt Dr. Zeilberger. „Und auf eine negative Energiebilanz kommt es beim Abnehmen schließlich an.“
Ein Beispiel: Beim langsamen Laufen mit „Fettverbrennungspuls“ wird die Energie zu 60 Prozent aus der Fett- und zu 40 Prozent aus der Glukoseverbrennung bereit gestellt. Der Energieumsatz beträgt ca. 8 kcal pro Minute – etwa 5 kcal kommen aus der Fettverbrennung. Bei Joggen in mittlerer Geschwindigkeit liegt der Energieumsatz deutlich höher – bei etwa 16 bis 18 kcal/min. Die Energie wird zu 40 Prozent aus der Fett- und zu 60 Prozent aus der Glukoseverbrennung geschöpft. Dennoch werden 7 „Fettkalorien“ pro Minute verbaucht (statt 5 wie beim langsamen Laufen). Es ist also nicht verwunderlich, dass diejenigen mehr abnehmen, die sich beim Sport stärker belasten. „Um die gleichen Effekte beim Training im ,Fettverbrennungspuls‘ zu erzielen, müsste viel länger trainiert werden. Und dazu haben die wenigsten ausreichend Kondition – oder einfach nicht genug Zeit“, sagt Dr. Zeilberger. Apropos Zeit: Auch die Behauptung, die Fettverbrennung käme erst nach mindestens 30 Minuten Training in Gang, ist Quatsch.
„Nach der ersten halben Stunde steht der Fettstoffwechsel stärker im Vordergrund“, sagt Dr. Zeilberger. „Das heißt aber nicht, dass vorher kein Fett verbrannt wird.“ Im Gegenteil: Die Muskeln verbrennen selbst in Ruhe Fett – und zwar umso mehr, umso stärker sie vorher beansprucht wurden. „Nachbrenneffekt“ nennt man dieses Phänomen. Die Kalorienmenge, die beim „Nachbrenneffekt“ verbrannt wird, ist individuell sehr unterschiedlich. Allgemein lässt sich aber sagen, dass bis zu 15 Prozent des Energieverbrauchs während des Sports „nachverbrannt“ werden. Das hört sich wenig an – in der Summe kommt aber einiges zusammen. Wer drei Mal wöchentlich Sport macht und dabei insgesamt 1000 kcal verbraucht, hat nach einem Jahr 7500 kcal – also mehr als ein Kilo Fett – allein durch den Nachbrenneffekt verbrannt!
„Alles schön und gut – aber wenn nicht im Fettverbrennungspuls, in welchem Pulsbereich soll ich mich dann bewegen?“, werden Sie jetzt denken. „Auch der ideale Puls ist individuell sehr unterschiedlich“, sagt Dr. Zeilberger. „Eine Zahl für alle anzugeben, wäre unseriös. Am besten ermittelt man seinen Idealpuls mit einem Belastungs-EKG beim Sportarzt.“ Das rechte Maß ist entscheidend. Wer zu lasch trainiert, erzielt nicht den gewünschten Abnehm-Effekt. Wer hingegen zu intensiv sportelt, macht es auch nicht richtig. Stresshormone werden freigesetzt, das Immunsystem geschwächt und sogar der Fettabbau blockiert. „Sie sollten sich nach dem Sport angenehm erschöpft fühlen – aber nicht Stunden zur Erholung brauchen.“
Fordern, aber nicht überfordern, ist darum die Devise. Dr. Zeilberger: „Joggen Sie so, dass Sie sich noch unterhalten können. Aber nicht so langsam, dass es zum permanenten Durchratschen reicht.“