1. tz
  2. Leben
  3. Gesundheit

Laser-OP: So sieht's ein Münchner Experte

Erstellt: Aktualisiert:

Kommentare

null
Klinikdirektor Prof. Dr. Dr. Lohmann. © Kurzendörfer

München - Ungefähr 50.000 deutsche Augen­patienten lassen sich jedes Jahr ihre Kurz- oder Weitsichtigkeit weglasern. Die tz sprach mit einem Münchner Top-Arzt darüber.

Gestochen scharf sehen können – ganz ohne Brille: Ungefähr 50.000 deutsche Augen­patienten lassen sich jedes Jahr ihre Kurz- oder Weitsichtigkeit weglasern. Und immer mehr von ihnen reisen ins Ausland, um einen sogenannten LASIK-Eingriff vornehmen zu lassen. Denn dort wird diese Speziallaser-OP oft wesentlich günstiger angeboten als in Deutschland. Die Ersparnis ist für die meisten Gesundheitstouristen das entscheidende Argument, denn ihre Krankenkassen übernehmen die Kosten in aller Regel nicht. Den Trend zur Auslandsbehandlung sehen deutsche Augenchirurgen zwar naturgemäß kritisch, aber sie wollen die Arbeit ihrer Kollegen auch nicht generell verteufeln. Gegenüber der tz beleuchtet ein Münchner Top-Arzt, worauf es bei der Laser-OP ankommt.

Andreas Beez

Er gehört zu Deutschlands renommiertesten Augenchirurgen, operiert jährlich etwa 2500 Patienten aus aller Welt. Professor Dr. Dr. (Lond.) Chris P. Lohmann (50) leitet seit zehn Jahren die Augenklinik im Klinikum rechts der Isar, gilt unter anderem als erfahrener Spezialist für Eingriffe an der Hornhaut, Linse (Cataract) und Netzhaut. Im großen tz-Interview erklärt der Münchner Top-Arzt, was Patienten bei Laser-Operationen und speziell bei Eingriffen im Ausland beachten sollten.

Herr Professor Lohmann, würden Sie ins Ausland reisen, um sich dort medizinisch behandeln zu lassen?

Professor Dr. Dr. (Lond.) Chris P. Lohmann: Es kommt darauf an: Wenn ich beispielsweise einen lebensbedrohliche Erkrankung wie einen seltenen Tumor hätte und wüsste, dass ein besonders erfahrener Experte auf diesem Gebiet beispielsweise in Istanbul praktiziert – dann vielleicht schon. Aber eine planbare plastische Operation wie das Augenlasern würde ich niemals außerhalb von Deutschland vornehmen lassen.

Warum denn nicht?

Lohmann: Rund um den Globus schwärmen die Menschen von der Qualität der Medizin in Deutschland. Viele Patienten kommen vom anderen Ende der Welt extra zu uns, um sich hier behandeln zu lassen. Und ausgerechnet wir Deutsche – noch dazu als Münchner mit hervorragenden medizinischen Angeboten praktisch direkt vor der Haustür – sollen ins Ausland fahren, nur um ein paar hundert Euro zu sparen? Das macht aus meiner Sicht keinen Sinn.

Sie verdienen allerdings auch mehr als so mancher Münchner. Was sagen Sie denn weniger wohlhabenden Patienten, die sich beispielsweise das Augen­lasern nur im Ausland leisten können? Immerhin kostet der Eingriff in Deutschland ja manchmal das Drei- bis Vierfache.

Lohmann: Ich respektiere die Entscheidung jedes Patienten. Allerdings würde ich persönlich lieber ein bisserl länger sparen und mich in Deutschland lasern lassen – allein schon wegen der hohen Qualität und der Sicherheit. Die Wahrscheinlichkeit, dass in einem seriösen deutschen Augenzentrum bei dem Eingriff ernste Komplikationen auftreten, ist sehr gering. Diese beruhigende Gewissheit wäre es mir wert, etwas mehr zu bezahlen als im Ausland. Man darf ja nicht vergessen: Es geht ums Augenlicht – und das ist ein sehr kostbares Gut.

Aber die Ärzte in Istanbul, Prag, Zagreb oder Amsterdam sind doch auch nicht auf der Brennsupp’n dahergeschwommen. Warum sollte man ihnen nicht vertrauen?

Lohmann: Die fachliche Kompetenz der Kollegen ist in vielen Fällen unbestritten. Außerdem muss man ehrlicherweise sagen: Bei der Lasik-OP handelt es sich um einen Routineeingriff, der kein Ausnahmekönnen des Arztes erfordert. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob die Qualität der Laser-Geräte, die hygienischen Bedingungen und insbesondere die Indikationsstellungen in den ausländischen Kliniken immer passen.

Anmerkung der Redaktion: Indikation kommt aus dem Lateinischen und bedeutet so viel wie Heilanzeige. Wenn der Arzt auf Medizinerdeutsch sagt, eine OP sei indiziert, meint er: Sie ist angebracht.

Sie spielen darauf an, dass im Ausland möglicherweise viele Patienten im Operationssaal landen, die man eigentlich besser nicht operieren sollte. Solche überflüssigen, aber für Kliniken und Ärzte lukrativen Operationen gibt’s in Deutschland auch. Wo ist also der Unterschied?

Lohmann: Deutschen Ärzten wird immer wieder vorgeworfen, sie seien geldgierig. Dabei spielt in ausländischen Kliniken das Geld oft eine wesentlich größere Rolle. Dort stehen die Ärzte noch viel mehr als bei uns in Deutschland in der Pflicht, bedingungslos Umsatz zu erwirtschaften. Schließlich wollen die Klinikbetreiber ihre Investitionen wieder reinholen. Allein ein modernes Lasergerät kostet ungefähr eine halbe Million Euro. Ich weiß von osteuropäischen Kollegen, dass sie vertraglich verpflichtet sind, eine bestimmte Anzahl von Operationen durchzuführen. Wenn sie diese Vorgabe nicht erfüllen, dann müssen sie gehen. Aber wie gesagt: Ich will Medizinreisen im Ausland nicht verteufeln. Es gibt überall auf der Welt weiße und schwarze Schafe.

Hat man denn als Patient überhaupt die Möglichkeit, die schwarzen von den weißen Schafen zu unterscheiden – gerade im Ausland?

Lohmann: Wenn sich ein Patient unbedingt im Ausland lasern lassen will, dann sollte er sich vorher in einem seriösen deutschen Augenzentrum untersuchen und beraten lassen. Dann weiß er wenigstens schon mal, ob er für den Eingriff überhaupt in Frage kommt. Und er sollte sich über die Klinik im Ausland, in der sich behandeln lassen will, genau informieren. Grunsätzlich gilt: Ich würde einen Patienten nur dann operieren, wenn seine Dioptrienzahl zwischen minus sieben und plus drei liegt.

Worauf sollte man bei einem ersten Klinikcheck besonders achten?

Lohmann: Ich würde die Klinik zuallererst nach dem Baujahr ihres Laser-Gerätes fragen. Die Technik in diesem speziellen Bereich entwickelt sich rapide. Alles, was vor 2010 gebaut worden ist, entspricht bereits nicht mehr dem neuesten Stand. Lassen Sie sich eine Beschreibung des Geräts schicken und vergleichen Sie im Internet. Wichtig ist auch, die Preise genau zu beleuchten. Oft machen ausländische Kliniken ­Lockabgebote und verschweigen hohe Zusatzkosten. Am Ende kann es dann sein, dass die Erparnis gegenüber einer Operation in Deutschland gar nicht mehr so groß ist.

Würden Sie es als unverschämt empfinden, wenn Sie ein Patient danach fragt, was Sie von einem bestimmten Laser-Gerät halten?

Lohmann: Nein, keineswegs. Es kommen immer wieder Patienten zu mir, die offen sagen, dass sie über eine Reise ins Ausland nachdenken. Ich berate sie dann, auch das ist ja meine Aufgabe. Allerdings finde ich schon, dass manchmal ein fader Beigeschmack bleibt.

Inwiefern?

Lohmann: Einerseits bezahlt unser Gesundheitssystem kosmetische Operationen wie das Augenlasern in Deutschland nicht, anderseits muss es aber die Kosten für Komplikationen tragen, die bei Behandlungen im Ausland entstanden sind. Wenn dort etwas schief geht, kommen die Patienten ja oft wieder zu uns deutschen Augenärzten. Wir müssen dann reparieren, was anderswo vermasselt worden ist.

Was kann denn überhaupt alles schiefgehen, wenn ich mir die Augen lasern lasse?

Lohmann: Der Flap kann verrutschen (Anmerkung der Redaktion: Das ist ein Horthaut-Läppchen, das bei der Operation gelöst wird). Möglich sind auch Entzündungen, nächtliche Blendeffekte oder eine Art Fremdkörpergefühl im Auge. Patienten mit solchen Komplikationen müssen wir oft nachoperieren.

Interview: Andreas Beez

Die LASIK

Die Abkürzung steht für den Fachbegriff Laser-in-situ-Keratomileusis. Dahinter verbirgt sich die häufigste Operation zur Behandlung von Kurz- oder Weitsichtigkeit. Und die funktioniert so: Der Operateur schneidet mit einem computergestützten Hightech-Instrument eine kleine Scheibe aus der Hornhaut. Dieser sogenannte Flap wird zur Seite geklappt und anschließend die darunterliegende Hornhautschicht abgeschliffen. Dazu setzt der Arzt einen Femtosekundenlaser ein. Wieviel Material abgefragen werden muss, hat er zuvor im Rahmen einer Voruntersuchung gemessen. In München kostet eine LASIK etwa 1000 bis 3000 Euro pro Auge. Dagegen bieten ausländische Kliniken, etwa in der Türkei oder in Osteuropa, den Eingriff oft für die Hälfte und sogar noch günstiger an.

Die bisherigen Teile der tz-Serie:

Er ließ sich in türkischer Klinik die Augen lasern

Das Mekka für Schönheits-OPs

Zahnarzt-Tourismus: Lohnt sich das?

Zahnarzt-Urlaub in Kroatien

Zum Arzt ins Ausland: Ich sparte mehr als 90 Prozent

Die häufigsten Augenkrankheiten

Auch interessant

Kommentare