Anastrozol senkt Brustkrebsrisiko um 50 Prozent: Medikament für die Risikogruppe in Großbritannien empfohlen
Der medizinische Fortschritt zeigt sich in der Krebstherapie, aber auch in der Vorsorge. Ein Medikament soll Brustkrebs vorbeugen. In Deutschland ist es nicht zugelassen.
Früherkennungsuntersuchungen retten jedes Jahr unzählige Leben. Brustkrebs, Darmkrebs, Prostatakrebs: Die meisten bösartigen Krebserkrankungen können in sehr frühen Stadien noch sehr gut therapiert werden. Die Überlebenschancen von Krebspatienten steigen, wie Dr. Birgit Hiller vom Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums im Interview mit IPPEN.MEDIA erklärt. „Dazu haben vor allen Dingen neue Medikamente beigetragen“. Auch klassische Therapien wie Operation, Chemotherapie und Bestrahlung seien durch Forschung ganz stark weiterentwickelt worden, so Hiller.
Doch nicht nur in der Therapie, auch im Bereich der Vorbeugung gibt es positive Neuigkeiten. Denn ein Wirkstoff hat sich in Versuchen als effektiv wirksam gegen Brustkrebs erwiesen. Es handelt sich um Anastrozol, einen sogenannten Aromatase-Hemmer, der die Östrogen-Produktion unterdrückt. Er wird seit mehr als 20 Jahren in der Behandlung von Brustkrebs eingesetzt, heißt es vonseiten der Pharmazeutischen Zeitung (PZ).
Anastrozol senkt die Zahl der Brustkrebsfälle um etwa die Hälfte
Seit 2017 wird Anastrozol in Großbritannien und seit 2019 auch in den USA zur Brustkrebsprävention für Risikogruppen empfohlen, informiert die PZ weiter. Wie der National Health Service (NHS, staatliches Gesundheitssystem im Vereinigten Königreich) bekannt gab, hätten Tests gezeigt, dass Anastrozol die Zahl der Brustkrebsfälle über elf Jahre betrachtet um etwa die Hälfte senkt. Darüber informiert das ZDF unter Berufung auf Informationen der Deutschen Presse-Agentur dpa.

Das Problem: Anastrozol wurde zwar erstmals 2017 vom National Institute for Health and Care Excellence als präventives Medikament empfohlen, jedoch fehlte bis Anfang November 2023 die offizielle Zulassung für dieses Anwendungsgebiet. Deshalb hatten viele Frauen von der Einnahme abgesehen. Am 7. November 2023 wurde Anastrozol allerdings von der britischen Regulierungsbehörde für Arzneimittel und Gesundheitsprodukte (MHRA) als Präventivmaßnahme zugelassen. Die Hoffnung der NSH: Dass diese Entscheidung dazu beiträgt, dass die Risikogruppe es ab sofort vorbeugend gegen Brustkrebs einnimmt.
Zielgruppe für Anastrozol seien Frauen nach den Wechseljahren, bei welchen ein mittleres oder hohes Brustkrebsrisiko angenommen wird, heißt es vonseiten der dpa. In Großbritannien wären das etwa 290.000 Frauen. „Rund 289.000 Frauen mit mittlerem oder hohem Brustkrebsrisiko könnten für das Medikament infrage kommen. Zwar werden sich nicht alle dafür entscheiden, es einzunehmen, doch schätzt man, dass, wenn 25 Prozent es tun, rund 2.000 Fälle von Brustkrebs in England verhindert werden könnten“, heißt es vonseiten des NHS.
„Dank dieser Initiative hoffen wir, dass ein besserer Zugang zu Anastrozol mehr Frauen in die Lage versetzen könnte, risikomindernde Maßnahmen zu ergreifen, wenn sie dies möchten, und ihnen so zu einem Leben ohne Angst vor Brustkrebs zu verhelfen“, so Geschäftsführerin des NHS, Amanda Pritchard.
Lage in Deutschland: Präventives Brustkrebs-Medikament nur in Ausnahmefällen erhältlich
In Deutschland ist Anastrozol nicht zugelassen. Gründe dafür sind eine überschaubare Studienlage und eine Reihe von möglichen Nebenwirkungen. Allerdings könnte der Wirkstoff in Ausnahmefällen zur Vorbeugung von Brustkrebs genutzt werden, zitiert die dpa das Deutsche Krebsforschungszentrum. Dies ist aber nur möglich, wenn der behandelnde Arzt Anastrozol im Rahmen einer sogenannten „zulassungsüberschreitenden“ Anwendung verschreibt. Das englische Fachwort dafür lautet „off-label-use“, so das Deutsche Krebsforschungszentrum.
Dieser Beitrag beinhaltet lediglich allgemeine Informationen zum jeweiligen Gesundheitsthema und dient damit nicht der Selbstdiagnose, -behandlung oder -medikation. Er ersetzt keinesfalls den Arztbesuch. Individuelle Fragen zu Krankheitsbildern dürfen von unseren RedakteurInnen leider nicht beantwortet werden.