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Viren-Alarm so früh wie noch nie! So beugen Sie vor

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Deutsche Arbeitnehmer blieben 2011 häufiger wegen Krankheit zuhause.
Immer mehr Münchner sind erkältet, zudem rollt eine Grippewelle an. © dpa

Mit mehr als 900 registrierten Fällen seit Mitte 2012 in München und Umgebung hat das Noro-Virus in dieser Saison einen neuen Rekord erreicht! Und jetzt rollt auch noch die Grippe-Welle an. Wie Sie sich schützen können:

Lange nichts gehört vom kleinen, gemeinen Erreger. Doch jetzt schlägt das Norovirus zurück – aber wie! Die gemeldeten Infektionen erreichen in dieser Saison einen Rekord. Mehr als 900 Menschen in München und Umland haben sich seit Mitte 2012 angesteckt. Auch im übrigen Oberbayern wütet das Virus wie selten. In Töging am Inn (Kreis Altötting) hat der Fiesling wohl das ganze Rathaus flachgelegt!

Es muss beim Jahresabschluss geschehen sein: Politiker, Mitarbeiter und deren Partner kehrten am Mittwoch vor Weihnachten in einer Töginger Gaststätte ein. Es gab Fleisch oder Fisch nach Wahl. Der Friede währte nicht lange: Donnerstagnacht krümmten sich die ersten unter dem Brechdurchfall.

Bürgermeister Horst Krebes (SPD) wunderte sich am Morgen schon über die Krankmeldungen, er selbst hatte noch Termine. „Am Nachmittag ist mir dann schlecht geworden“, erzählt er der tz. Der Bürgermeister schätzt, dass 40 von 45 Teilnehmern krank waren. Am Samstag ging es vielen wieder gut – zum Arzt musste keiner.

Elektronenmikroskopische Aufnahme von Noroviren (undatierte Aufnahme).
Noroviren unter dem Mikroskop. © picture-alliance/ dpa

„Der Verlauf ist typisch für das Norovirus“, sagt der Münchner Infektiologe Dr. Nikolaus Frühwein. Selbst wenn die Kranken zum Arzt gegangen wären, hätte der sie wohl nicht auf Noro getestet. Es galoppiert zwar einige Stunden durch den Körper, verschwindet aber so schnell, wie es auftaucht.

Darum offenbaren die offiziellen Zahlen des Robert-Koch-Instituts immer auch nur die „Spitze des Eisbergs“, wie der Leiter des Gesundheitsamts im Landratsamt, Dr. Gerhard Schmid, erklärt. Sein Landkreis München verzeichnete im Herbst letzten Jahres 77 Infektionen, fast doppelt so viele wie in den Vorjahren. In der Stadt waren es 315 Fälle – 30 mehr als in der gleichen Zeit im bisherigen Rekordjahr 2009. Die Dezember-Werte liegen wegen der Feiertage noch nicht ganz vor. Die meisten Ansteckungen gibt es oft erst Anfang Februar. Darum sieht das Gesundheitsreferat der Stadt derzeit „einen saisonal bedingten Anstieg, aber noch im normalen Bereich“.

Die Zahlen bewertet auch der Gesundheitsamts-Chef des Landkreises, Gerhard Schmid, „mit großer Zurückhaltung“. Zwar werden sie stets nach den gleichen Regeln erhoben und sind damit vergleichbar. Die Statistik schwankt auch mit der Aufmerksamkeit der Ärzte: Je mehr sie testen, umso mehr Fälle kann es geben. Vielleicht sind die Mediziner derzeit vorsichtig, nachdem sich im September fast 11 000 Kinder und Jugendliche in Ostdeutschland an Erdbeeren infizierten, die tiefgekühlt aus China kamen. Im Rest der Republik gibt es jedoch keinen Rekord.

Und die nächste Warnmeldung ist schon da: In mehreren Nachbarländern wurde eine neue Noro-Variante namens Sydney 2012 entdeckt, die für viele Ausbrüche verantwortlich ist.

David Costanzo

... und jetzt droht auch noch die Grippe-Welle

Das Robert-Koch-Institut ist eine Art Herzkammer der Volksgesundheit, hier fließen alle Informationen über meldepflichtige Infektionskrankheiten zusammen. Und die neueste Auswertung – sozusagen das gesamtdeutsche Gesundheits-EKG – fällt besorgniserregend aus: Es gibt klare Anzeichen dafür, dass die erste große Grippe­welle der Saison auf uns zurollt!

Was das für die Münchner bedeutet, erklärt Professor Georg E. Vogel (66) im großen tz-Interview. Der in Nymphenburg niedergelassene Internist gilt als weltweit angesehener Experte im Kampf gegen die Influenza.

Herr Professor Vogel, allein in Deutschland sterben jährlich 5000 bis 8000 Patienten an einer Virus-Grippe. Trotzdem nehmen viele Menschen die Ansteckungsgefahr auf die leichte Schulter. Warum wird die Influenza so oft unterschätzt?

Professor Georg E. Vogel: Das Problem fängt schon mit dem Begriff Grippe an. Im allgemeinen Sprachgebrauch gibt’s oft keinen Unterschied zwischen einer Grippe und einem

Prof. Georg E. Vogel, Internist aus Nymphenburg.
Prof. Georg E. Vogel, Internist aus Nymphenburg. © Beez

grippalen Infekt. Dabei kann man die beiden Erkrankungen gar nicht miteinander vergleichen. Eine Erkältung wird in der Regel von den vergleichsweise harmlosen Rhino-Viren verursacht und ist in der Regel nach vier bis fünf Tagen ausgestanden. Dagegen kann die Influenza zum Killer werden – insbesondere für ältere Menschen, chronisch kranke Patienten, Schwangere und auch für Kinder.

Woran erkennt man den ­Unterschied zwischen einer Grippe und einem grippalen Infekt?

Vogel: Wir verwenden dazu ein hochmodernes Testgerät aus Amerika namens Sofia. Es analysiert eine Blutprobe des Patienten und liefert bereits nach zehn Minuten ein eindeutiges Ergebnis. Eine schnelle Diagnose ist ganz wichtig. Denn falls der Patient sich tatsächlich die Influenza eingefangen hat, sollte man die Erkrankung im wahrsten Sinne des Wortes bereits im Keim ersticken.

Wie behandelt man die echte Influenza?

Vogel: Am Allerbesten wäre es, wenn sich jeder Mensch gegen Grippe impfen lassen würde. Das macht nicht nur im Herbst, sondern auch jetzt im Hochwinter noch Sinn. Wenn das Kind allerdings bereits in den Brunnen gefallen ist, dann hilft nur konsequentes Handeln. Seit gut zehn Jahren haben wir wirksame Medikamente gegen Influenza zur Verfügung, etwa Tamiflu oder Relenza. Wir Mediziner sprechen von sogenannten Neuraminidase-Hemmern.

Wie wirken diese Medikamente?

Vogel: Man kann sie sich wie Schutzschilde an den Zell­oberflächen vorstellen. Sie stoppen die Vermehrung der Viren in den Wirtszellen und verhindern, dass sich die kleinen Teufel explosionsartig im Körper ausbreiten. Je frühzeitiger das gelingt, desto milder fallen die Symptome aus. Und der betroffene Patient ist in der Regel auch viel schneller wieder fit.

Welche Symptome sollte der Patient ernst nehmen?

Vogel: Wenn Sie hohes Fieber deutlich über 38 Grad bekommen, sollten Sie unbedingt schnell zum Arzt gehen. Auch trockener Reizhusten, Schweißausbrüche und Frösteln können auf eine Influenza hindeuten. Letztlich liefert aber nur ein Bluttest belastbare Informationen. Das gilt übrigens nicht nur für die Diagnose der Influenza. Auch eine Erkältung kann man nur zielgerichtet behandeln, wenn man genau weiß, von welchen Keimen sie verursacht wird.

Gibt es Unterschiede, welche Keime besonders gefährlich sind?

Vogel: Die wichtigste Frage, die es zu klären gilt, lautet: Handelt es sich um einen viralen oder um einen bakteriellen Infekt? Wenn man das nicht weiß, kann man viel falsch machen. Wer zum Beispiel gegen einen Virus ein Antibiotika einsetzt, der schadet dem Körper mehr, als er ihm hilft – weil das Immunsystem zusätzlich geschwächt wird. Deshalb ist es unerlässlich, im Labor ein detailliertes Blutbild erstellen zu lassen. Eine Therapie auf bloßen Verdacht hin ist sicher nicht die hohe Schule.

Interview: Andreas Beez

So schützen Sie sich: Das Flohsamen-Rezept

Krankheitserreger begegnen uns im Alltag überall – wer sich dagegen schützen will, der sollte neben regelmäßigem Händewaschen vor allem eins tun: sein Immunsystem schützen! „Das ist ganz entscheidend. Man kann seine Abwehrkräfte ohne großen Aufwand regelmäßig aktiv stärken“, rät der erfahrene Viren- und Bakterienjäger Professor Vogel. Sein bester Tipp: „Mischen Sie sich Ihr eigenes natürliches Antibiotika zusammen – und das garantiert ohne Nebenwirkungen.“

Vogels Zaubertwort heißt Flohsamen. Dabei handelt es sich um die Samen eines Krauts aus der Pflanzengruppe der Spitzwegeriche. „Rühren Sie ein, zwei Teelöffel davon in einen probiotischen Joghurt aus dem Supermarkt. Die Flohsamen spielen praktisch Taxi und kutschieren die Nährstoffe aus dem Jog­hurt direkt in den Dünndarm“, erklärt Vogel. „Dort sitzen 80 Prozent aller Immunzellen. Mit den probiotischen Stoffen aus dem Joghurt werden sie gestärkt.“ Flohsamen gibt es beispielsweise im Reformhaus.

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