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Zu viel Arbeit wegen Corona – Darf der Chef meinen Urlaub streichen?

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Von: Andrea Stettner

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Ein Urlaubskalender mit durchgestrichenen Tagen. Steht in der Corona-Pandemie auch der Urlaub auf wackligen Füßen?
Steht in der Corona-Pandemie auch der Urlaub auf wackligen Füßen? © Andrea Warnecke/dpa

Während die einen in der Pandemie kaum Arbeit haben, kommen andere Unternehmen vor Aufträgen kaum hinterher. Darf der Arbeitgeber in diesem Fall den Urlaub wieder zurücknehmen?

Der Online-Handel und Paketdienste brummen, und auch die Produktion von Medizinprodukten erlebt in der Corona-Pandemie einen Aufschwung. In vielen Betrieben müssen deshalb Extraschichten geleistet werden. Dabei stellt sich schnell die Frage, wie es sich bei erhöhtem Arbeitsaufkommen mit dem Urlaub* verhält: Ist der Arbeitgeber berechtigt, genehmigte Urlaubstage zu streichen?

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Urlaub wegen Corona streichen: Das sagt das Arbeitsrecht

Auch, wenn Unternehmen gerade herausfordernde Zeiten erleben: Arbeitgeber dürfen keine Urlaubstage streichen, die bereits genehmigt wurden – daran ändert auch die Corona-Pandemie nichts. Laut Arbeitsrecht darf der Arbeitgeber genehmigten Urlaub nur in zwei Fällen streichen:

  1. wenn sich beide Seiten einigen und der Angestellte zustimmt oder
  2. wenn es sich um einen unvorhergesehenen Notfall handelt, der für die Firma existenzbedrohend ist.

Urlaub von Mitarbeitern streichen: Welche Szenarien gelten als „Notfall“?

Als „Notfall“ gelten jedoch nur Ereignisse, durch die der Firma erhebliche Schäden entstehen würden. Dies wäre etwa bei einer Naturkatastrophe denkbar oder wenn unerwartet mehrere Mitarbeiter gleichzeitig ausfallen und dadurch die Produktion gefährdet wird.

Das heißt, nur wenn der Mitarbeiter auf seinen genehmigten Urlaub verzichtet, kann die Produktion oder der Betrieb aufrechterhalten werden. „In der derzeitigen Coronakrise könnte man sich das vorstellen für hochspezialisierte Lungenärzte in Krankenhäusern oder ähnlichen ‚systemrelevanten‘ Arbeitnehmern“, erklärt Arbeitsrecht-Experte Prof. Dr. Wolfgang Däubler in einem Gastbeitrag des Bund-Verlags.

Entstehen dagegen unvorhergesehene, aber dennoch beherrschbare Schwierigkeiten, ist dies kein Grund, den Urlaub des Mitarbeiters zu streichen. Erkrankt etwa die Vertretung für den beurlaubten Arbeitnehmer, stellt dies keinen Grund dar, dem Mitarbeiter den Urlaub zu verwehren.

Auch interessant: Arbeitnehmer aufgepasst: In diesen Fällen haben Sie ein Recht auf unbezahlten Urlaub.

Im Video: Urlaub im Risikogebiet – Muss ich mir für die Quarantäne frei nehmen?

Darf der Arbeitgeber den Mitarbeiter aus dem Urlaub „zurückholen“?

Darf der Arbeitgeber dann den Mitarbeiter aus dem Urlaub zurückholen, falls die Auftragslage unerwartet steigt? Auch dazu ist die Rechtslage eindeutig: „Hat der oder die Beschäftigte den Urlaub bereits angetreten, hat der Arbeitgeber grundsätzlich kein Recht dazu, jemanden aus dem Urlaub zurückzuholen – selbst dann nicht, wenn es aus seiner Sicht zwingende oder dringende betriebliche Gründe dafür gibt“, schreibt der DGB-Rechtschutz auf seiner Internetseite. Selbst Klauseln im Arbeitsvertrag, die eine Rückholung aus dem Urlaub vorsehen, sind nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unwirksam.

Folgt der Arbeitnehmer einem Rückruf und kehrt in Absprache mit dem Arbeitgeber freiwillig aus dem Urlaub zurück, so trägt das Unternehmen laut DGB alle anfallenden Kosten, etwa Stornogebühren oder Flugkosten.

Fazit: Einmal genehmigter Urlaub kann also auch zu Corona-Zeiten nur in Ausnahmefällen gestrichen werden. Auch eine Rückholung ist arbeitsrechtlich nicht erlaubt. Der Arbeitgeber muss sich also vorher überlegen, ob der Urlaub zum gewählten Zeitraum möglich ist oder nicht. Was passiert aber, wenn Mitarbeiter ihre Reise wegen der Corona-Pandemie nicht antreten kann? Dürfen Arbeitnehmer ihre genehmigten Urlaubstage dann wieder zurücknehmen? Das erfahren Sie hier. (as) *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

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Weitere Quellen: Arbeitsrecht.de

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