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Jäger im Visier: Podiumsdiskussion zu heimtückischen Luchsmorden

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Wer erschießt die Luchse und warum wurde in all den Jahren kein Täter gefunden? Es wurde eine Belohnung von 10.000 Euro ausgesetzt. © dpa

Wer tötet Luchse im bayerischen Wald und warum? Seit Jahren verschwinden immer wieder Exemplare des streng geschützten Lynx Lynx, nachweislich waren es in den letzten Jahren zwölf Tiere, drei davon mit Sendern.

Gefunden wurden nur die Kadaver von fünf Luchsen. Sie waren erschossen oder vergiftet worden (tz berichtete). Immer gibt es Ermittlungen, aber nie wurde ein Täter gefasst. Doch nun wurden die oder der Luchshasser übermütig – das Pärchen Leo und Leonie wurde ermordet, die Vorderläufe abgeschnitten und „so drapiert, dass sie gefunden werden mussten“, schildert es Prinzessin Auguste von Bayern in einleitenden Worten für eine Podiumsdiskussion zu den unheimlichen Luchsmorden. Die Veranstaltung im Museum Mensch und Natur brachte Einheimische, Jäger, Naturschützer und die Polizei an einen Tisch. Diese Einigkeit wurde erst durch den schrecklichen Tod von Leo und Leonie möglich. Um das Fazit vorwegzunehmen: Am ehesten werden die Täter in Jägerkreisen vermutet.

Es handelt sich um einen richtigen Artenschutzkrimi,der sich seit Jahren im Bayerischen Wald abspielt. Die tz beantwortet die wichtigsten Fragen:

Warum sind Luchse in Bayern nicht willkommen?

Das war eine politische Entscheidung auf Druck der Landwirtschaftslobby. Der Jäger und Naturschützer Ulrich Wotschikowsky berichtete, dass im Managementplan Luchs, der im Jahr 2008 in Kraft trat, nicht vorgesehen ist, dass Luchse in Bayern angesiedelt werden. Nur Luchse, die von selbst einwandern, werden geduldet. Luchse wandern aber im Gegensatz zu Wölfen oder Bären nicht weit, sie bleiben meist in der Nähe ihres Geburtsortes. Die Luchse im Bayerischen Wald stammen aus Tschechien, wo sie in Zusammenarbeit mit Naturschützern und Jägern angesiedelt wurden.Im Schutzgebiet auf bayerischer Seite haben die Tiere eine Lebenserwartung von circa 13 Jahren. Suchen sich die Jungtiere jedoch ein Revier außerhalb des Nationalparks, überleben sie gerade mal ein bis zwei Jahre. Das ist skandalös.

Wer hat ein Motiv, die Luchse zu töten?

Bei Gründung des Nationalparks wurden Tiere illegal ausgesetzt. Dieses Vorgehen, das heute niemand mehr gut heißt, haftet dem Luchs immer noch an. Jägern wird die Arbeit schwerer gemacht. Schleicht eine Raubkatze durch den Wald, wird das Wild noch scheuer und ist schwieriger zujagen. Der Bayerische Jagdverband warnt seine Mitglieder eindringlich davor,Tiere zuschießen und verurteilt die Luchs

morde. Von Diskussionsteilnehmern wurde jedoch gefordert, dass der Jagdverband seine Mitglieder dazu aufrufen möge, eventuell schwarze Schafe unter den Jägern zu melden: Wer von Luchstötungen weiß, macht sich genauso mitschuldig wieder, der schießt.

Was tut die Polizei? 

Viele Jahre stand der Vorwurf im Raum, die Polizei nehme die Luchsmorde nicht ernst genug. Manfred Jahn, der leitende Direktor des Polizeipräsidiums Oberpfalz, hat reagiert und einen runden Tisch organisiert mit allen beteiligten Dienststellen. Zukünftig sollen Beamte eine „schriftliche Handreichung“ erhalten, damit sie im Ernstfall wissen, wie sie vorgehen müssen, wenn ein Kadaver gefunden wird. Bisher wurden oft Spuren zerstört, weil die Beamten für solche Delikte nicht geschult waren. Jahn: „Wir werden nicht zögern, künftig Spezialisten zu Rate zuziehen.“ Also Wildbiologen gleich bei der Sicherung des Tatortes helfen lassen. Die schlechte Spurenlage ist bisher der Hauptgrund, so Jahn, warum nie ein Täter gefunden wurde. Ein weiterer Grund ist, dass die Wilderer von ihrer Umgebung gedeckt werden. Zwar haben die örtlichen Beamten ihr Ohr an der Bevölkerung, so Jahn. Aber wie ein Zuhörer anmerkte: „Ihnen sagt halt niemand was.“

Gibt es eine Lösung? 

Der brutale Mord an Leo und Leonie könnte zum Wendepunkt werden: Die Polizei ermittelt intensiver, der Jagdverband spricht sich deutlicher für den Luchs aus. Nun müssten noch Landwirtschaft und die Politik nicht weiter bremsen, sondern die aktive Wiederansiedlung von Luchsen erlauben, z.B. im Alpengebiet, im Spessart und in der Rhön. Wälder, die für den scheuen Räuber geeignet sind. Damit allen klar wird: Luchse gehören in den Wald.

Typisch Tier

Luchse sind sehr scheu, sehr gut getarnt und meist nachts unterwegs. Selbst die Luchsbeauftragte im

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Luchs © dpa

Bayerischen Wald, Sybille Wölfl, bekommt nur selten ein Tier zu Gesicht. Durch die Fotofallen haben Wildbiologen viel über die Wanderschaften der Tiere gelernt. Luchse jagen in einem Gebiet, in dem 40 menschliche Jagdreviere Platz haben. Ein Luchs frisst 40 Rehe pro Jahr. Die Kätzin zieht ihre Jungen, die im Frühsommer geboren werden, allein auf und betreut sie bis in den nächsten Winter hinein. Dann müssen sich die Jungen ein neues Revier suchen. Meist bleiben sie in der Nähe. Die Jungensterblichkeit ist hoch: Nur eines von vier wird erwachsen.

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