Passt Ihr Schlüssel auch in alle Schlösser?

München - "Das gibt’s ja nicht", dachte Sibylle Winkler (46), als sie merkte, dass ihr Briefkastenschlüssel auch bei den anderen Briefkästen in ihrem Wohnblock passt. Ein Zufall?
Draufgekommen war sie durch einen Zufall: „Ich habe die Wohnung einer Nachbarin gehütet, als die im Urlaub war.“ Einmal hatte sie deren Schlüssel in der Wohnung vergessen und probierte es einfach mit ihrem. Es funktionierte!
Da wurde Sibylle Winkler, die als Sachbearbeiterin im öffentlichen Dienst arbeitet, neugierig. Sie probierte es weiter und stellte fest, dass sie an die Post von nahezu allen Nachbarn kam. 21 Mietparteien, verteilt auf drei Häuser, leben in dem von der Baugesellschaft München Land (BML) vermieteten Wohnblock in Haar. Gemeinsam mit Danica Wagner, die im Nachbarhaus wohnt, wandte sie sich an den Vermieter. Doch nichts passierte. So schalteten sie die tz ein: „Hier wird weder der Datenschutz noch das Postgeheimnis gewahrt. Müssen wir uns dies gefallen lassen?“
Anja Franz, Rechtsexpertin des Mietervereins München, sagt: „Nein! Die mitvermieteten Briefkästen sind ganz klar mangelhaft“ Niemand müsse es sich gefallen lassen, dass quasi jeder andere Mieter im Haus Zugang zu seiner Post hat. „Den Mangel hat auch der Vermieter zu vertreten. Ich würde ihm schriftlich eine Frist setzen und gleich androhen, dass man selbst das Schloss auswechselt, wenn er die Frist tatenlos verstreichen lässt.“ Die Kosten hierfür können die Mieter dann dem Vermieter in Rechnung stellen beziehungsweise von der Miete abziehen.
Aber soweit wird im Fall von Sibylle Winkler gar nicht kommen, verspricht Ulrich Bittner, Geschäftsführer der BML, gegenüber der tz. „Ich wusste davon gar nichts, aber das ist ja ein untragbarer Zustand. Ich werde dafür sorgen, dass die Schlösser schnellstmöglichst ausgewechselt werden“, versprach er. Wie es dazu kam, könne er sich nicht erklären: „Das muss ein blöder Zufall sein.“
Das Recht rund um Schlüssel – die tz klärt die wichtigsten Fragen:
Der Mieter muss beim Einzug grundsätzlich so viele Schlüssel bekommen wie Personen in die Wohnung einziehen. Zusätzlich kann er sich aber so viele Schlüssel nachmachen lassen, wie er will. Er muss das dem Vermieter aber mitteilen. Gibt es eine Zentralschließanlage, darf der Mieter hierfür die Schlüssel nicht einfach nachmachen lassen. Er braucht dazu die Erlaubnis des Vermieters.
Der Vermieter darf keinen Schlüssel für den Notfall behalten, wenn der Mieter das nicht will. Tut er das doch, darf der Mieter das Schloss auswechseln lassen. Er muss aber das alte Schloss aufheben und beim Auszug wieder einbauen.
Will der Mieter dem Vermieter keinen Schlüssel überlassen, muss er dafür sorgen, dass der Vermieter die Wohnung in Notfällen betreten kann. Dies kann er tun, indem er den Schlüssel einem Nachbarn oder Bekannten gibt und den Vermieter hierüber informiert. Verletzt der Mieter diese Pflicht, muss er eventuell den Schlüsseldienst bezahlen.
Verliert der Mieter einen Schlüssel, muss er ihn ersetzen. Ist er am Verlust aber nicht schuld, weil etwa in einem schlecht geölten Schloss der Schlüssel abbricht, muss der Vermieter einen neuen Schlüssel bezahlen.
Selbst wenn der Vermieter einen Schlüssel mit Einverständnis des Mieters behält, ist es Hausfriedensbruch, wenn er in die Wohnung geht.
S. Sasse