Grillen auf dem Balkon: Was erlaubt und was verboten ist

München - Darf der Nachbar täglich grillen? Welche Gesetze regeln das Grillen? Was ist, wenn die Hausordnung das Grillen verbietet? Was gilt im Garten? Wir beantworten Leser-Fragen zum heimischen Brutzeln.
Dem einen läuft vom Geruch nach frisch Gegrilltem das Wasser im Mund zusammen, dem anderen treibt es die Zornesröte ins Gesicht. Was dürfen die Grillfreunde ihren Nachbarn zumuten? Und wie können sich Empfindliche gegen Grilldunst und Rauch vom Nachbarn wehren? Unser Ratgeber rund ums Recht beim Grillen gibt Antwort auf die Fragen unserer Leser:
Frage 1: Darf der Nachbar täglich grillen?
In unserem Block gibt es 36 Wohnungen, eine im ersten Stock bewohnen wir. Der Mann, der in der darunterliegenden Wohnung wohnt, ist deren Eigentümer, wir sind Mieter. Er grillt elektrisch, manchmal stundenlang und fast täglich auf seiner Terrasse. Darf er das? Der Geruch ist so heftig, dass wir die Balkontüre schließen müssen.
Manfred S., Straubing
„Grillen auf dem Balkon und der Terrasse ist grundsätzlich erlaubt“, sagt Beatrix Zurek, Präsidentin des Mietervereins München. Aber es gilt immer das gegenseitige (!) nachbarschaftliche Rücksichtnahmegebot. „Nach diesem muss man es tolerieren, dass der Nachbar grillt. Wenn er dies allerdings täglich tut, dann geht das über das normale Maß hinaus“, sagt Zurek. Ansprechpartner ist der Vermieter. „Man sollte ihn darum bitten, etwas gegen das Dauergrillen des Nachbarn zu unternehmen und sich zudem vorbehalten, die Miete zu mindern“, rät die Juristin.
Das Landgericht München hat 2003 entschieden, dass das Grillen im Sommer auf dem Balkon üblich ist und von den Nachbarn geduldet werden muss. Der Vermieter könne es aber verbieten, wenn es dabei zu wesentlichen Beeinträchtigungen durch Rauch, Ruß und Wärme kommt.
Zum Thema Grillen gibt es viele verschiedene Urteile: Das Amtsgericht Bonn hält das Grillen einmal im Monat für zulässig. Das Landgericht Stuttgart fand nur sechs Stunden pro Jahr für die Nachbarn zumutbar, das Amtsgericht Berlin-Schöneberg dagegen 20- bis 25-mal pro Jahr für bis zu zwei Stunden, aber nur bis maximal 21 Uhr (Aktenzeichen: 3 C 14/07). Grundsätzlich nur bis 22 Uhr, aber viermal jährlich bis 24 Uhr, entschied dagegen das Oberlandesgericht Oldenburg (Aktenzeichen: 13 U 53/02).
Frage 2: Welche Gesetze regeln das Grillen?
Gibt es zu Grillaktivitäten in München verbindliche und einheitliche Gesetze? Unsere Nachbarn grillen fast täglich zu unterschiedlichen Zeiten, und der Qualm stört.
Maria S., München
Es gibt keine gesetzliche Regelung, die besagt, wann und wie oft das Grillen erlaubt ist, erklärt Mieterpräsidentin Beatrix Zurek. Mieter müssen die Rechte des Nachbarn, die Hausordnung oder Regelungen im Mietvertrag beachten.
Wenn das Grillen zu einer Grillparty ausufert, müssen sich die Mieter an die örtlichen Lärmschutzverordnungen halten. Demnach dürfen sie tagsüber auf dem Balkon essen und trinken und sich in normaler Lautstärke unterhalten. Ab 22 Uhr gilt Nachtruhe, und die Party sollte nach drinnen verlegt werden.
Wichtig ist es auch, darauf zu achten, dass keine unangenehmen Gerüche und Rauch in die Wohnungen der Nachbarn dringen. Dies kann einen Verstoß gegen das örtliche Landesemmissionsschutzgesetz und somit eine Ordnungswidrigkeit mit Bußgeld darstellen. Deshalb empfiehlt zum Beispiel das Landgericht Stuttgart, einen Elektrogrill zu benutzen (Aktenzeichen: 10 T 359/96).
Frage 3: Was ist, wenn die Hausordnung das Grillen verbietet?
Ich habe in den vergangenen Jahren oft auf meinem Balkon gegrillt. Das ist zwar in der Hausordnung verboten, aber es hat sich nie jemand beschwert. Nun aber will sich eine alte Dame beim Vermieter beschweren.
Sabine H. (36) aus Passau
Vermieter können in Mietverträgen regeln, wie oft und wann gegrillt werden darf. Auch Hausordnungen beinhalten oft solche Klauseln. Ist ausdrücklich vereinbart, dass auf dem Balkon eines Mehrfamilienhauses nicht gegrillt werden darf, ist dieses Verbot wirksam, entschied das Landgericht Essen (Aktenzeichen: 10 S 438/01). Wer sich an bestehende Regelungen nicht hält, riskiert die Kündigung, wenn er nach einer Abmahnung den Verstoß ständig wiederholt.
Frage 4: Was gilt im Garten?
Wir haben eine Doppelhaushälfte gemietet. Unsere Vermieter wohnen nebenan und haben ihren Grill nahe bei unserem Schlafzimmerfenster, bei Wind zieht der Gestank hinein … Anna M., Weilheim
Auch wer einen Garten hat, muss beim Grillen Rücksicht nehmen. Zieht der Rauch in ein Schlafzimmerfenster, wird es schwierig. So entschied das Bayerische Oberste Landesgericht, dass ein Hauseigentümer nur am äußersten Ende des Gartens, 25 Meter vom Haus entfernt, seinen Grill aufstellen und höchstens fünfmal im Jahr auf dem Holzkohlefeuer grillen darf, weil der Rauch seinem Mieter in die Wohnung zog (Aktenzeichen: 2 ZBR 6/99). Das Amtsgericht Westerstede entschied 2009, dass auch in einem Garten nur zehnmal im Jahr gegrillt werden darf, wenn die Gefahr besteht, dass der Rauch ins Mehrfamilienhaus zieht (Aktenzeichen: 22 C 614/09).
Susanne Sasse