Sind Zimmerpflanzen wirklich so gute Luftreiniger?
Pflanzen gelten als natürliche Luftreiniger in Innenräumen. Doch verbessern Sie die Luftqualität tatsächlich messbar? Oder ist kurzes Lüften am Ende effektiver?
Es erscheinen immer wieder Berichte über luftreinigende Pflanzen für Wohnungen und Büros. Und tatsächlich filtern Grünpflanzen viele giftige Stoffe aus der Umgebungsluft. Doch wie lange brauchen sie dafür? Und kommen sie überhaupt gegen eine Belüftungsanlage oder regelmäßiges Lüften an?
Luft in Innenräumen: Ein „Silent Killer“
Unstrittig ist: Wird nicht gegengesteuert, nimmt die Luftqualität in Innenräumen nach einer gewissen Zeit rapide ab. Gerade in modernen Bürogebäuden mit geschlossenen Umluftsystemen kann die Konzentration von Schadstoffen bis zu zehnmal höher sein als in der Außenluft. Typischerweise ist sie mit Kohlenmonoxid, Schimmelsporen und Hausstaubmilben belastet. Aber auch sogenannte flüchtige organische Verbindungen, im Englischen „volatile organic compounds“ (VOC), wie das giftige Formaldehyd, treten auf.
VOC gelangen aus unterschiedlichen Quellen in die Raumluft: Manchmal dünsten sie langsam aus Farben, Lacken, Beschichtungen oder Estrich aus. Doch auch Möbel, Tapeten, Schuhe und andere Kleidungsstücke können VOC freisetzen.
Der Einfluss von VOC auf die Gesundheit unterscheidet sich je nach Stoffgruppe. Darum reichen die Symptome von Kopfschmerzen und Erschöpfung über Schleimhaut- und Augenreizungen bis hin zu Hautausschlag. Sie können dazu führen, dass Sie müde und vergesslich werden und sich schlecht konzentrieren können. Manche VOC wie Formaldehyd sind krebserregend und verändern das Erbgut.

Retten Pflanzen belastete Raumluft?
Pflanzen haben unbestreitbar einen positiven Effekt auf ihre Umgebungsluft. Immer wieder tauchen im Internet Studien auf, in denen Grünpflanzen als besonders effektive Luftfilter erscheinen. Leider wird meist im Labor untersucht – also fernab vom realen Alltag. In manchen Fällen wurde die Forschung darüber hinaus von Pflanzenbaufirmen finanziert, die aktiv mit der Luftreinigungsfunktion ihrer Ware werben.
Im typischen Versuchsaufbau werden Gewächse dabei in abgeschlossenen Umgebungen mit nur sehr wenig Luft um sie herum platziert. Zum Beispiel eine kleine Glaskuppel um eine einzelne Pflanze, oder ein sehr kleiner Versuchsraum, bei dem eine gesamte Wand begrünt ist. Diese geringe Luftmenge wird dann mit Schadstoffen versetzt, die von der Flora meist recht erfolgreich absorbiert werden. Und diese durchaus wissenschaftlich korrekten Ergebnisse nutzen Firmen dann als Beweis für die Luftreinigungsfähigkeiten ihrer Produkte.
Das Problem hierbei: Die lebendigen Filter arbeiten umso langsamer, je geringer der Schadstoffgehalt in der Luft ist. In den Experimenten ist dieser meist unrealistisch hoch. Zusätzlich nimmt der Effekt drastisch ab, umso größer der Raum drumherum wird.
Die Autoren einer unabhängigen Studie rechnen vor, dass für eine ernstzunehmende Luftreinigung im Alltag etwa 5.000 Grünpflanzen für eine 50 Quadratmeter große Wohnung nötig wären. Gewächse reinigen die umgebende Raumluft also durchaus messbar – aber sie halten niemals mit klassischen Maßnahmen wie regelmäßigem Lüften mit.
So retten Pflanzen das Klima im Büro
Dennoch können Pflanzen die Luft am Arbeitsplatz maßgeblich verbessern. Denn ihr lebendiges Grün wirkt sich positiv auf das menschliche Wohlbefinden aus. Es ist wissenschaftlich belegt, dass pflanzliche Mitbewohner der Psyche guttun und optimistischer stimmen. Außerdem reduzieren sie Angst, Stress und Depressionen. Auch wenn sie nicht in relevantem Maße die Raumluft säubern, retten Grünpflanzen also immerhin das Klima unter gestressten Kollegen.