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Wildtiere und Böller: Nicht nur die Haustiere mögen Raketen gar nicht

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In der Silvesternacht werden traditionell jede Menge Feuerwerkskörper abgeschossen. Bei Wildtieren sorgt die gedankenlose Knallerei für Angst und Panik.

Böller gehören an Silvester einfach dazu – oder etwa nicht? Für viele Menschen gibt es kein schöneres Ritual, als zum Jahresübergang die leuchtenden Feuerwerkskörper am Himmel zu beobachten. Egal ob Raketen, Knallfrösche oder Chinakracher: Das neue Jahr soll mit einem möglichst großen Knall begrüßt werden. Leider wird dabei immer wieder gerne vergessen, dass das kurzweilige Spektakel verheerende Folgen für die Natur und ihre Bewohner hat. Selbst Haustiere neigen dazu, in der Silvesternacht Panik zu bekommen. Noch schlimmer ist der Krach allerdings für Wildtiere.

Katastrophale Konsequenzen der Silvester-Böller für Vögel und Co.

Dohlenschwarm (Corvus monedula) in der Dämmerung.
Vögel fliegen an Silvester oft stundenlang ängstlich in großen Höhen umher. © Willi Rolfes/Imago

Tiere sind den Handlungen der Menschen schutzlos ausgeliefert. Die meisten Haustierhalter reagieren mit Mitgefühl, wenn sich ihr Schützling vor lauten Geräuschen wie Gewittern oder Feuerwerk fürchtet. Ganz anders sieht es dagegen oft mit Tieren in der freien Wildbahn aus. Weil wir nicht direkt miterleben, was diesen Tieren widerfährt, blenden wir es praktischerweise einfach aus. Doch auch diese Lebewesen leiden unter den Silvesterböllern. Viele verfallen in pure Panik und verlassen ihren sicheren Schlafplatz. Gerade Vögel fliegen dann stundenlang in großen Höhen herum und verlieren nicht nur die Orientierung, sondern auch ihre Artgenossen. Laut dem Naturschutzbund Deutschland berichten Ornithologen an Neujahr immer wieder von verstörten Vogelschwärmen, die ihre Ruheplätze fluchtartig verlassen haben.

Deshalb sind Böller lebensbedrohlich für Wildtiere

Auch wenn es uns Menschen oft harmlos vorkommt: Das laute Knallen der Pyrotechnik kann bei Wildtieren zu schwerwiegenden Hörschäden führen. Insbesondere Vögel laufen Gefahr, an einem Explosions- oder Knalltrauma zu leiden und dadurch ihre Flugfähigkeit zu verlieren. Tatsächlich kommt es auch bei Menschen an Silvester immer wieder zu Unfällen und Hörschäden. Tiere haben ein deutlich feineres Gehör und reagieren dementsprechend empfindlicher. Doch auch das grelle Licht der Feuerwerkskörper löst bei den Tieren Panik aus. Vögel können Hindernissen nicht mehr ausweichen, weil sie geblendet werden, und prallen oft gegen Haus- oder Glasfassaden. Meistens fliegen sie bis zum Punkt der absoluten Erschöpfung umher.

Man sollte dabei nicht vergessen, dass viele Vögel nicht nur Zuflucht in Wäldern finden, sondern auch in Gartenanlagen oder Innenstädten. Umso verschreckter reagieren die Tierchen, wenn die Welt um sie herum plötzlich sprichwörtlich explodiert. Im Netz existieren zahlreiche Videos, in denen die gestressten Reaktionen von Vögeln und anderen Wildtieren zu beobachten sind. Wenn man diese herzzerreißenden Bilder einmal gesehen hat, hat man plötzlich eine ganz andere Wahrnehmung der Silvesternacht.

Silvester-Krach schreckt Tiere aus dem Winterschlaf

An Silvester befinden sich viele Wildtiere wie der Igel im Winterschlaf. Umso schwerwiegender sind die Folgen, wenn sie von lauten Böllern aus dem Tiefschlaf gerissen werden. Während dieser Zeit sollten die Tiere eigentlich auf ihre Energiereserven achten und unnötige Bewegungen unterlassen. Bereits das Aufwachen ist mit einem erheblichen Energieverlust verbunden, eine durch den Stress ausgelöste Flucht umso mehr. Im Winter kann dies lebensgefährlich werden und bedeuten, dass die Tiere nicht überleben.

Die Deutsche Wildtier Stiftung bezeichnet die Silvester-Knallerei deshalb als „Kraftakt ohne Vorwarnung“ für Wildtiere. „Sie geraten in Aufruhr, Herzschlag und Atmung erhöhen sich und die Tiere müssen ihren Stoffwechsel hochfahren. Das verbraucht lebensnotwendige Energie, die die Tiere für den kalten Winter benötigen.“

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Schadstoffe werden in der Umwelt freigesetzt

Auch unsere Luft wird durch die Pyrotechnik verschmutzt. Durch das Verbrennen der Feuerwerkskörper werden jährlich rund 2.050 Tonnen Feinstaub freigesetzt. Viele Böller enthalten hochgiftige Stoffe, die eigentlich nichts in der Umwelt zu suchen haben. Dazu zählen etwa Nitrate, Chlorate, Blei, Arsen, Aluminium, PVC, Barium und Schwefel. Diese Stoffe gelangen mit dem Feuerwerk in die Atmosphäre und kehren anschließend durch Regen oder Schnee zurück auf unsere Böden. Auch Gewässer werden dadurch erheblich verschmutzt. Die freigesetzten Chemikalien können sogar Asthmaanfälle auslösen.

Gibt es zum Jahresende 2022 ein Feuerwerkverbot?

Angesichts all dieser Punkte fordern viele Naturschutzorganisationen wie die Deutsche Umwelthilfe ein generelles Böllerverbot an Silvester. In den letzten beiden Jahren erteilte die Bundesregierung wegen der Corona-Pandemie ein Verkaufsverbot für Feuerwerkskörper. Damit sollten vor allem Krankenhäuser vor Überlastung geschützt werden. In diesem Jahr plant das Innenministerium allerdings kein Feuerwerkverbot an Silvester. Die Mehrheit der Deutschen hingegen befürwortet ein generelles Verbot: In einer repräsentativen Umfrage des Instituts Insa Consulere sprachen sich 53 Prozent der Befragten dafür aus. Lediglich 39 Prozent stimmten dagegen.

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