1. tz
  2. München
  3. Kultur

Augsburger Puppenkiste: Jim Knopf und Co. seit 70 Jahren im TV

Erstellt:

Von: Katrin Basaran

Kommentare

Jim-Knopf-Augsburger-Puppenkiste-Fantasie-Jubiläum-Fernsehen-Flimmerkiste-Geburtstag
Eine fantastische Welt – das ist die Augsburger Puppenkiste © dpa/Stefan Puchner

Die Augsburger Puppenkiste kann 2023 gleich zweimal feiern: Ihren 75. Geburtstag und den ersten Auftritt der Marionetten vor 70 Jahren im Fernsehen.

„Eine Insel mit zwei Bergen. Und dem tiefen, weiten Meer. Mit vier Tunnels und Geleisen. Und dem Eisenbahnverkehr. Nun, wie mag die Insel heißen? Ringsherum ist schöner Strand. Jeder sollte einmal reisen. In das schöne Lummerland.“ Wahrscheinlich haben Sie jetzt für den Rest des Tages einen Ohrwurm – und zwar einen höchst vergnüglichen, nicht wahr? Jim Knopf und seine Abenteuer aus der Augsburger Puppenkiste sind ja für viele ein unvergessliches Stück Kindheit. Wenn die Marionetten-Stars aus Schwaben einst in der Flimmerkiste liefen, war das für Jung und Alt ein echter Straßenfeger.

Vor 70 Jahren, am 21. Januar 1953, staunten die Kleinsten erstmals über die scheinbar quicklebendigen Figuren, die da an den Fäden tanzten. „Peter und der Wolf“ von Sergej Prokofjew führten die Puppenspieler damals live beim Nordwestdeutschen Rundfunk in Hamburg auf – in Schwarz-Weiß und in einer Kulisse aus Papier.

Die liebenswerten Holzköpfe wurden für Kinder zu Helden

Nach der Premiere im erst wenige Wochen alten ersten Fernsehsender der damals noch jungen Bundesrepublik übernahm der Hessische Rundfunk (HR): Mehr als 150 Produktionen der Augsburger brachte der Sender über die Jahre ins TV. Jim Knopf, Lukas, der Lokomotivführer, der Löwe, das Urmel, Kater Mikesch, Schlupp vom grünen Stern – so viele liebenswerte Holzköpfe aus der Fuggerstadt wurden für Millionen Kinder zu Helden. Kaum erwarten konnten sie es, bis sich im Fernseher die Türen mit dem Schriftzug „Augsburger Puppenkiste – Oehmichens Marionetten Theater“ langsam öffneten und zur Reise etwa nach Lummerland einluden.

kasperl-augsburger-puppenkiste-marionette
Kasperl sitzt auf der berühmten Holzkiste © dpa

Erinnern Sie sich noch an das weite Meer aus Plastikfolie? So einfach, so genial: „Wir bieten ein unfertiges Bild an, das der Zuschauer mit seiner Fantasie vervollständigen muss“, erklärt Klaus Marschall, der die Augsburger Puppenkiste als Enkel von Gründer Walter Oehmichen in dritter Generation führt, den ungebrochenen Reiz dieser Inszenierungen. „Wir wackeln mit einem Stück Holz, der Rest passiert im Kopf.“ Durch diesen kreativen Prozess wird jede Aufführung zu einem individuellen Erlebnis – und schafft letztlich unvergessliche Erinnerungen.

Nicht mehr zeitgemäß! 2011 flogen Urmel, Kater Mikesch und die anderen aus dem Programm

2011 war jedoch plötzlich Schluss mit Fernsehen: Der jetzt für die Übertragung der „Augsburger Puppenkiste“ zuständige Kinderkanal KiKa warf die wunderbaren Puppen als „nicht mehr zeitgemäß“ aus dem Programm. Der damalige bayerische Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) legte sich für Jim Knopf und Co. öffentlichkeitswirksam ins Zeug. Tatsächlich kehrten die Holzköpfe kurz auf die Bildschirme zurück, bevor sie wieder und diesmal sang- und klanglos verschwanden.

„Wir müssen ehrlich zugeben, dass wir mit dem heutigen Fernsehprogramm nicht mehr mithalten können – es auch nicht wollen“, so Marschall, der nicht nur Theaterleiter und Puppenspieler ist, sondern seit 1990 dem legendären Kasperl die Stimme leiht. Heute müsse es immer schnell gehen, krachen, flimmern, Handlungen wie Figuren seien austauschbar. „Wir aber wollen in ruhigen Bildern erzählen, damit Kinder der Geschichte folgen, alle Einzelheiten wahrnehmen und Fantasie entwickeln können.“

Dafür sei heute das Theater oder alternativ das Kino am besten geeignet, wo Produktionen der Augsburger Puppenkiste wie 2018 „Die Geister der Weihnacht“ hin und wieder zu sehen sind. „Dort hat man dann wieder das Gemeinschaftsgefühl, man konzentriert sich gemeinsam auf das Geschehen vorn und kann sich freuen, lachen, mitfiebern“, erklärt Marschall ganz ohne Groll. Die Herausforderung sei nun aber, „die Eltern zu überzeugen, mit ihren Kindern wieder in die Puppenkiste zu gehen“.

Und das lohnt sich immer, doch heuer ganz besonders: Die Augsburger Puppenkiste feiert nämlich nicht nur 70-jähriges TV-Jubiläum. Am 26. Februar begeht das Marionetten-Theater seinen 75. Geburtstag mit der Premiere von „Rapunzel“. Ab 16. März ist zudem eine große Jubiläumsausstellung im Augsburger Puppentheatermuseum (direkt über dem Theater) geplant, in der man dann Jim Knopf und allen anderen Holzkopf-Helden wieder begegnen kann.

Auch interessant

Kommentare